Eine begehrenswerte Lady
herzlich. Nachdem die Sache damit für ihn erledigt war, wandte er seine Aufmerksamkeit seinen Nichten zu. Sophia sah so hübsch aus wie immer, und Gillian stand das Reitkostüm mit dem militärischen Anstrich bestens. Sie lachte gerade über etwas, was Stanley gesagt hatte, wobei ihre Augen unter den dunklen Wimpern in warmem Gold funkelten, und ihre Wangen schimmerten rosig von der Kälte. Er bemerkte, dass Lucs Blick wie gebannt an ihrem lebhaften Gesicht hing, und lächelte in sich hinein. Mit Kennerblick betrachtete Silas Gillian weiter und entschied, dass die Brosche aus Topasen und Diamanten das i-Tüpfelchen war.
»Du hast da ein sehr hübsches Schmuckstück, meine Liebe«, bemerkte er.
Ihr Lächeln verblasste, während sie antwortete:
»Danke. Charles hat mir die Brosche gegeben.« Sie hob den Rocksaum ihres Reitkostüms an und sagte leise: »Wenn ihr mich bitte entschuldigen wollt, ich gehe mich jetzt umziehen.«
»Eine ausgezeichnete Idee«, sagte Sophia und folgte ihr nach oben in ihre Räume.
Die beiden jüngeren Herren gingen ebenfalls, Stanley, um sich fürs Dinner umzuziehen, und Luc, um sich das Zimmer zeigen zu lassen, das ihm für die Nacht zugewiesen worden war. Luc hatte keine Kleidung zum Wechseln dabei, aber ihm wurde ein Morgenrock zur Verfügung gestellt, in den gehüllt er sich ans Kaminfeuer setzte, während seine feuchten Kleider in die Küche gebracht wurden, wo sie ausgebürstet und vor dem Feuer getrocknet wurden. Als er sie wieder zurückerhielt, zog Luc sie an und ging zu Silas und Stanley – wenige Minuten, bevor die Damen herunterkamen.
Silas bemerkte sogleich Stanleys verändertes Verhalten Luc gegenüber. Während des Abends nahm er zufrieden zur Kenntnis, wie freundlich die beiden Männer miteinander verkehrten und dass Stanley nicht länger auf jedes Wort von Luc gereizt reagierte. Luc war natürlich, wie Silas voller Zuneigung dachte, ein so unterhaltsamer und charmanter Gast wie immer.
Für Silas war es ein sehr erhellender Abend. Das veränderte Verhältnis zwischen Stanley und Luc war nicht das Einzige, was ihm auffiel. Gillians verstohlene Blicke zu Luc, wenn sie dachte, niemand achtete auf sie, weckte eine Hoffnung in seiner Brust – wie es auch der Fall war, wenn Lucs Blick immer wieder in ihre Richtung irrte. Er war ein alter Mann, aber er erinnerte sich noch gut an die ersten berauschenden Tage der Verliebtheit, die Unsicherheit, die plötzliche Erregung, wenn Blicke sich trafen, die Angst und die heftige Sehnsucht, die nie fehlten. Er lächelte. Wenn er sich nicht sehr irrte, hatten Luc und Gillian schon ein gutes Stück auf diesem rosigen Weg zurückgelegt.
Eine Verbindung zwischen seiner jüngeren Nichte und Luc war Silas geheimster und sehnlichster Wunsch. Die Idee war schon vor einer Weile in ihm aufgekeimt, aber noch nicht voll erblüht. Während er Luc kennengelernt und liebgewonnen hatte, war ihm häufiger der Gedanke gekommen, wie schade es sei, dass Gillian nicht jemanden wie seinen jungen Freund geheiratet hatte statt diesen Bastard Charles.
Der Gedanke, nachdem er erst einmal in Silas Wurzeln geschlagen hatte, war die perfekte Lösung für Luc und Gillian. Für Luc wegen seiner unehelichen Geburt und für Gillian wegen dieses verflixten Skandals. Dadurch befanden sie sich in einer ganz ähnlichen Lage. Die Gesellschaft duldete sie, aber Luc würde nie in den wichtigen Familien der guten Gesellschaft willkommen sein, und ebendiese Familien wären von der Vorstellung entsetzt, dass Gillian in die Familie einheiraten könnte.
Lucs Verwandtschaft mit Viscount Joslyn verschaffte ihm eine Stellung und Zugang zu Kreisen, die vielen in seiner Lage verwehrt blieben, aber das änderte nichts daran, dass er als Bastard geboren war und sich selbst mithilfe seines Verstandes seinen Platz in der Welt erarbeitet hatte. Silas nickte, Luc hatte seine Sache gut gemacht, aber obwohl er als Besitzer eines so schönen Landsitzes wie Ramstone eher akzeptabel war, blieb es nach wie vor unwahrscheinlich, dass die bedeutenden Gastgeberinnen und die von sich eingenommenen Aristokraten ihm gestatten würden, in ihre erlauchten Kreise einzuheiraten.
Nein, Luc und Gillian waren perfekt füreinander, soweit es Silas betraf, und es war offenkundig, wenigstens für ihn, dass sie sich stark zueinander hingezogen fühlten. Natürlich war da der betrübliche Skandal und all die Gerüchte um Gillian, aber er vermutete, wenn Luc sie heiraten wollte, würde er sich von so einer
Weitere Kostenlose Bücher