Eine begehrenswerte Lady
zusammen verbracht hatten, waren ihm der Schwung ihrer Lippen, ihre fein gezeichneten Brauen und Form und Farbe ihrer Augen so vertraut, als wären es seine eigenen.
Er kannte ihre Stimmungen, wenn sie etwas freute, ärgerte oder erregte. Sein Körper rührte sich. Oh ja, er wusste, wie sie aussah, wenn sie erregt war. Sie faszinierte ihn, von dem Funkeln in ihren goldbraunen Augen bis zu der Art und Weise, wie sie ihren Kopf neigte, wenn sie verwirrt war oder unsicher. Unglücklich räumte er ein, dass er sie mehr liebte als das Leben, aber dennoch, außer, dass er ihr im Bett Lust bereitete, wusste er nicht, wie es um ihr Herz bestellt war – und das machte ihn verrückt.
Sie schien von dem Haus entzückt zu sein und hatte Listen mit Möbeln zusammengestellt; sie konnte gut mit den Dienstboten umgehen, sodass er schon jetzt überall im Haus Zeichen von Veränderungen zum Guten sehen konnte. Auch die Mahlzeiten, die aufgetragen wurden, waren besser. Und in seinen Armen verwandelte sie sich von einer fleißigen Hausfrau in eine leidenschaftliche Geliebte, deren leichteste Berührung ihn die Kontrolle verlieren ließ. Sie war alles, was er sich von seiner Ehefrau, von einer Frau überhaupt wünschte. Warum also, fragte er sich, bin ich nicht wahnsinnig glücklich? Warum liege ich hier wach und verspüre eine nagende Furcht?
Sein Blick glitt über sie. Er konnte vor seinem geistigen Auge die dunklen Fächer ihrer Wimpern auf ihren Wangen sehen und ihren im Schlaf entspannten Mund, und das Verlangen, sie in seine Arme zu reißen, war beinahe überwältigend. Und hier in der Schwärze der Nacht gestand er sich seine Furcht ein. Er fürchtete, dass sie ihn nicht liebte. Sie empfand Zuneigung für ihn, das glaubte er wenigstens. Vielleicht sogar tiefe Zuneigung, aber Liebe? Die Erkenntnis ließ ihn erbeben, dass, wenn sie ihn nicht liebte, wenn es ihm nicht mit der Zeit gelänge, ihr Herz zu gewinnen, ihr gemeinsames Leben in Elend enden würde. Er wäre zu ewigem Unglück verdammt.
Seufzend ließ sich Luc zurücksinken, und er legte seinen Kopf auf das Kissen neben Gillians. Er hasste dieses Gefühl von Hilflosigkeit, dass er nicht länger Herr seines Lebens war, zu wissen, dass eine andere Person sein Schicksal in ihren zarten Händen hielt. Für einen so stolzen Mann, der immer seinen eigenen Weg gegangen war, war es schwierig, sich in dieser Position wiederzufinden. Wenn ich nicht vorsichtig bin , dachte er empört, werde ich wie ein vernarrter Mann vor ihr auf die Knie fallen und sie anflehen, mich zu lieben. Verdammt!
Es war unvermeidbar, dass seine Gedanken sich mit ihrer ersten Ehe beschäftigten. Er fragte sich, ob sie Charles Dashwood wohl geliebt hatte. Fragte sich, ob der Geist von Charles Dashwood zwischen ihnen stand. Bislang hatten sie über ihren ersten Ehemann nicht gesprochen … und auch nicht über die Umstände seines Todes. Es war schließlich auch nicht etwas, räumte Luc ein, was man ohne Vorbehalte in den ersten Tagen einer neuen Ehe ansprechen würde. Er verzog den Mund. Die Ehe mit ihm, mahnte er sich, hatte sie nicht gewünscht. Sie war durch die Umstände dazu gezwungen worden, ihn zu heiraten, und wie eine Klinge, die in der Wunde umgedreht wurde, kam ihm der argwöhnische Gedanke, dass sie ihren ersten Mann immer noch liebte.
Luc schnaubte. Das war Unsinn, nicht wenn sie fast wegen seiner Ermordung angeklagt worden war. Aber wieder, wie es so oft geschah, wenn die Frage nach ihrer Schuld am Mord an ihrem Ehemann aufkam, wies er die Vorstellung von sich. Er mochte ein von der Liebe verblendeter Narr sein, aber er konnte einfach nicht glauben, dass sie irgendjemanden ermordet hatte. Es musste eine logische Erklärung geben, warum sie in jener Nacht auf einer von Welbournes berüchtigten Gesellschaften gewesen war. Und was die Ermordung ihres Ehemannes anging … In der Dunkelheit glitt sein Blick zu ihr. Gillian war keine Mörderin. Aber jemand hatte Charles Dashwood umgebracht …
Luc kniff die Augen zusammen. Jemand hatte Charles Dashwood ermordet. Warum?
Der Gentleman, der die Antwort auf diese Frage wusste, saß allein in seinem Zimmer und starrte auf die Schuldscheine, die er aus Canfields Zimmer im Ram’s Head gestohlen hatte. Seine Finger glitten darüber, schoben erst einen, dann einen anderen zur Seite; in Gedanken weilte er in der Nacht, in der Charles Dashwood gestorben war. Es war Dashwoods eigene verdammte Schuld, überlegte er erbittert. Er hätte mir nur das geben
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