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Eine besondere Herzensangelegenheit

Eine besondere Herzensangelegenheit

Titel: Eine besondere Herzensangelegenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Mayfeldt
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erfüllen oder lieber in den sauren Apfel beißen und Lily zum Essen einladen sollte. Wobei – so ganz sicher konnte ich gar nicht sagen, welcher von den beiden Äpfeln der saurere sein würde.
    Am Donnerstagmorgen entschied ich mich dann endlich, die Wette zu beenden. Bisher hatten mir die Aufgaben ganz gut gefallen, und ich musste zugeben, dass ich mich trotz aller Widrigkeiten köstlich dabei amüsiert hatte – nicht nur über meine eigenen Eskapaden, sondern auch über Lilys Berichte ihrer Untaten. Aber jetzt wurde es irgendwie zu persönlich. Ich konnte es selbst nicht richtig erklären, aber so weit wollte ich mich nicht bringen lassen.
    Ich war einfach nicht der Typ, der in sexy Klamotten in irgendeiner Bar herumhing. Punkt. Keine Diskussion.
    Gleich am Abend würde ich Lily eine Mail schreiben, in der ich ihr meinen Standpunkt erklären wollte. Dann konnten wir uns auch für das Verliereressen verabreden. Insgeheim freute ich mich sogar ein bisschen darauf, nicht mehr nur schriftlich mit ihr zu kommunizieren, sondern sie endlich persönlich kennenzulernen. Ich war gespannt, was für ein Typ sie war.
    Zu diesem Zeitpunkt konnte ich ja noch nicht damit rechnen, dass ich meine Meinung doch noch gründlich revidieren würde. Und es war ausgerechnet Karin, unsere tratschsüchtige Büroaushilfe, die mich zum Umdenken brachte.
    Ich war gerade in unserem Kopier- und Lagerraum und versuchte, nach einem Blatt Papier zu angeln, das mir ungeschickterweise hinter den Kopierer gerutscht war. Natürlich war es ein wichtiges Formular, und genauso natürlich war es losgesegelt, bevor ich es kopiert hatte.
    Da ich in der Nische zwischen der Wand und dem klobigen Gerät hockte, sah Karin mich nicht, als sie den Kopierraum betrat. Ich jedoch erkannte sie sofort an ihrer schrillen Stimme. Sie war offenbar nicht allein, denn sie redete unablässig auf jemanden ein, den ich allerdings nicht sehen konnte. Und da sie ihm auch keine Gelegenheit zum Antworten gab, konnte ich ihn nicht einmal an der Stimme erkennen.
    Gerade wollte ich mich aus der Nische wieder herauswühlen, als ich plötzlich meinen Namen hörte.
    »Du meinst die Weiland aus der Buchhaltung?« Karin lachte wie ein hohler Blecheimer. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Kerl auf die steht. Die wär doch sogar unter lauter grauen Mäusen noch unsichtbar, so wie die herumläuft. Dabei könnte die echt was aus sich machen. Schlecht sieht sie ja nicht aus. Aber mit der öden Frisur, ganz ohne Make-up und dazu noch mit diesen biederen Oma-Klamotten schlägt sie garantiert jeden Typen in die Flucht. Ich wette, die würde keiner von der Bettkante stoßen, und zwar einfach, weil er sie nicht einmal bemerken würde.«
    Wieder erklang ihr gackerndes Lachen.
    Ich schlug mit meinem Aussehen also die Männer in die Flucht, dachte ich düster. Na, auf dem Gebiet war sie doch die absolute Expertin. Ich kannte zumindest niemanden, der auf zentimeterdicke Make-up-Schichten in grellen Farben, meterhoch auftoupierte Haare und Zwölf-Zentimeter-Stiletto-Absätze stand, die durch einhundertsechzig Kilo Lebendgewicht bedenklich zum Erzittern gebracht wurden.
    Trotzdem hatte mich die Wut gepackt. Ich musste mich beherrschen, nicht sofort hinter dem Kopierer vorzuspringen, mich auf Karin zu stürzen und sie gefesselt und geknebelt in dem Materialschrank einzusperren, in dem sie gerade geräuschvoll herumhantierte. Verdient hätte sie es auf jeden Fall.
    Aber Karin war die Letzte, wegen der sich Ärger im Büro gelohnt hätte. Also biss ich wutschnaubend die Zähne zusammen, verzichtete auf meine Fesselaktion und wartete still ab, bis sie wieder gegangen war.
    Erst als Karins Stimme nicht mehr zu hören war – die ihrer Begleitung hatte ich kein einziges Mal vernommen – kroch ich langsam aus meiner Nische vor. Mein Zorn begann, sich langsam in Trotz zu verwandeln, doch als ich mir den Staub von den Klamotten klopfte und dabei an mir herunterblickte, stutzte ich plötzlich.
    Na ja, wenn ich es so richtig bedachte, hatte Karin vielleicht gar nicht sooo unrecht. Ich trug eine graue Hose und eine weiße Bluse, sozusagen meine Standard-Büro-Uniform. Meine mittellangen, hausmausbraunen Haare hatte ich wie jeden Tag einfach zu einem Zopf zusammengebunden. Und Make-up hatte ich zwar zuhause liegen, benutzte es aber so gut wie nie.
    Ich mochte es nicht besonders, durch mein Aussehen aufzufallen oder sogar im Mittelpunkt zu stehen, aber hieß das gleich, dass ich mich für andere

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