Eine besondere Herzensangelegenheit
davon abgehalten, es zu kaufen. Mit Argumenten wie das passt gar nicht in deine Wohnung und das ist viel zu teuer hatte er mich so lange zugetextet, bis ich irgendwann genervt das Handtuch geworfen hatte.
Erst als wir wieder zurück in Heidelberg gewesen waren, hatte er es mir plötzlich als Geschenk überreicht. Am Abend, nachdem ich es entdeckt hatte, war er heimlich aus dem Hotelzimmer geschlichen, während ich ein Bad genommen hatte, und hatte es für mich gekauft.
Es war das romantischste Geschenk, das ich jemals bekommen hatte. Und genau das war auch das Problem. Das Bild war zwar wunderschön, aber jedes Mal, wenn ich es ansah, musste ich daran denken, wie wir verliebt durch Wien geschlendert waren.
Es wurde endlich Zeit, mein Leben ein wenig zu entrümpeln, dachte ich und begann zu tippen:
Also gut, die neue Aufgabe für diese Woche lautet: Verkaufe eine unangenehme Erinnerung. Wie du das umsetzt, bleibt ganz allein dir überlassen, aber es muss Geld fließen, mindestens ein Euro.
Und nein, ich werde Sebastian nicht anrufen. Der Ausgang des Abends gestern hat mir gezeigt, dass es vielleicht einfach nicht sein soll. Vielleicht führt uns das Schicksal ja irgendwann wieder zusammen, dann ist das auch in Ordnung. Aber jetzt konzentriere ich mich erst mal auf mich selber.
Als ich mir die Zeilen noch einmal durchlas, runzelte ich die Stirn. Wenn das Schicksal uns zusammenführt? Wie war ich denn drauf? Die nüchterne Buchhalterin faselte plötzlich etwas über das Schicksal?
Verwundert über mich selbst schüttelte ich den Kopf. Mein Kater schien immer noch nachzuwirken. Hoffentlich behielt ich keine bleibenden Schäden zurück, sonst würde ich noch zur hoffnungslosen Romantikerin werden.
Ach, was soll’s, sagte ich mir und klickte auf Senden . Lily würde schon wissen, was ich meinte.
Nachdem ich den PC heruntergefahren hatte, holte ich einen leeren Umzugskarton aus meinem Kleiderschrank, faltete ihn auf und sah mich ratlos um. Ich konnte ja schlecht einen Flohmarktstand aufbauen, auf dem nur ein einziges Bild zum Verkauf stand. Außerdem würde das kaum genug Geld für mein Vorhaben einbringen. Daher brauchte ich dringend noch ein paar Sachen, die ich anbieten konnte.
Ich öffnete zuerst meinen Küchenschrank. Als ich sah, wie viel Zeug sich in der gar nicht so langen Zeit, während der ich jetzt in dieser Wohnung wohnte, angesammelt hatte, stöhnte ich leise auf. Mir stand ein arbeitsreicher Abend bevor.
Kapitel 14
Es war noch dunkel, als ich am nächsten Morgen den randvoll gepackten Karton, das Aquarell und einen Klapptisch in mein Auto packte. Von Paul, der ein leidenschaftlicher Flohmarktfan war, hatte ich gelernt, dass man einen Stand so früh wie möglich aufbauen musste. Nur dann bekam man einen guten Platz mit viel Publikumsverkehr, und um diese Zeit waren auch schon die ersten ernsthaften Interessenten unterwegs, um sich die beste Ware zu sichern.
An dem großen Platz angekommen, auf dem der Flohmarkt stattfinden sollte, begann ich sofort mit dem Aufbau des Standes. Zwischen den ganzen Profihändlern, die mit Lieferwagen, Kleiderständern, Pavillons und Sonnenschirmen anrückten, wirkte mein Mini-Klapptisch zwar ziemlich mickrig, aber ich drapierte selbstbewusst die mitgebrachten Sachen darauf. Nur mein altes Sparschwein, das dem Betrachter mit lüsternem Blick seinen nackten Hintern über der halb heruntergezogenen Hose präsentierte, ließ ich doch lieber im Karton unter dem Tisch verschwinden. Es war mir peinlich, dass es mir gehörte, obwohl ich eigentlich gar nichts dafür konnte. Schließlich war es ein Geschenk von ein paar Freunden zu meinem sechzehnten Geburtstag gewesen. Warum ich es seitdem aufbewahrt hatte, war mir allerdings selbst ein Rätsel.
Im Mittelpunkt meiner Auslage stand natürlich das Bild, um das es eigentlich ging. Aber auch das Kleid mit dem großen Rückenausschnitt wollte ich verkaufen, natürlich gewaschen und ordentlich gebügelt. Wenn ich an den aufdringlichen Kerl aus dem Blue Moon dachte, konnte sogar das Kleid als schlechte Erinnerung herhalten. Andererseits war der Abend so schlecht ja nun auch nicht gewesen. Immerhin hatte ich Sebastian wiedergetroffen, und das war eine durchaus angenehme Erinnerung.
Am Abend zuvor, kurz vor dem Einschlafen, hatte ich mich sogar bei dem Gedanken ertappt, dass ich ihn doch ganz gern angerufen hätte, aber dazu war es jetzt zu spät. Ich hatte nämlich blöderweise seine Telefonnummer zusammen mit dem
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