Eine besondere Herzensangelegenheit
ich davon aus, dass es Nicole war, die ein bisschen mit mir quatschen wollte.
Doch ich hatte mich geirrt. Vor meiner Tür stand Sebastian und sah mich ernst an.
»Hi«, sagte ich verwirrt. »Waren wir verabredet? Ich dachte, du wolltest dich heute mit ein paar Freunden treffen.«
»Das wollte ich auch, aber ich muss dringend mit dir reden.« Als ich nicht reagierte und ihn weiter nur verwundert ansah, fügte er hinzu: »Darf ich reinkommen?«
»Ja, klar.« Ich grinste verlegen und öffnete die Tür ein Stück weiter, um ihn hereinzulassen. Dann wies ich auf mein kleines Sofa. »Setz dich doch. Möchtest du was trinken?«
Sebastian ließ sich auf die Couch fallen und schüttelte abwesend den Kopf, sagte aber nichts.
Ich runzelte die Stirn und schluckte schwer. So kannte ich ihn gar nicht. Irgendetwas musste passiert sein. Und zwar etwas, das ihn sehr mitnahm. Vorsichtig setzte ich mich neben ihn und wandte mich ihm zu.
»Worum geht es denn?«, fragte ich nervös.
Sebastian schien seine Worte sorgfältig abzuwägen, bevor er antwortete.
»Ich habe dir doch erzählt, dass es mein Traum ist, irgendwann ein eigenes kleines Weingut zu haben«, begann er schließlich.
Ich nickte stumm.
»Vor ein paar Monaten habe ich eines entdeckt, das genau meinen Vorstellungen entspricht. Es ist zwar ziemlich heruntergekommen, weil sich der letzte Besitzer um kaum etwas gekümmert hat, aber mit viel Zeit und noch mehr Arbeit könnte man sicher ein kleines Prachtstück daraus machen. Zurzeit gehört es den Erben des letzten Besitzers. Ich hatte ihnen ein Angebot für den Kauf gemacht, aber sie konnten sich nicht einigen. Bis jetzt.«
»Sie wollen jetzt doch verkaufen?«, fragte ich nicht besonders geistreich nach.
Sebastian nickte. »Genau. Ich habe schon gar nicht mehr damit gerechnet, dass sie überhaupt noch mal etwas von sich hören lassen. Aber das haben sie jetzt doch getan – ausgerechnet heute. Sie wollen mein Angebot annehmen. Ich habe aber nur ein paar Tage Zeit, mich endgültig zu entscheiden.« Er presste die Lippen aufeinander.
»Aber das ist doch toll!«, sagte ich freudig. Ich verstand nicht, warum er so niedergeschlagen war. »Das ist doch genau das, was du immer wolltest.«
»Ja, ganz toll.« Sebastian klang bedrückt. »Zumindest wäre es das bis vor ein paar Wochen noch gewesen.« Er senkte den Blick für einen Moment, sah dann aber wieder zu mir auf.
»Das Problem ist nur, dass sich das Weingut nicht hier in der Nähe befindet, sondern in Saint-Aubin-de-Lanquais. Das ist im Perigord.«
Meine Geographiekenntnisse ließen mich wie fast immer im Stich. »Frankreich?«, vermutete ich.
Wieder nickte Sebastian. »Genauer gesagt im Südwesten von Frankreich, von hier aus sind das rund tausend Kilometer.«
»Oh.« Ich starrte ihn entsetzt an.
»Weißt du, das Problem ist, dass ich mir inzwischen gar nicht mehr so sicher bin, ob ich das wirklich will«, erklärte Sebastian weiter. »Ich meine, natürlich will ich immer noch das Weingut, aber ich will auch in deiner Nähe bleiben.«
Ich bemerkte die altvertraute Panik, die wieder in mir aufstieg.
»Isabelle, ich möchte dich jetzt etwas ganz Wichtiges fragen.«
Ich hatte plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. »Sebastian, ich ...«
»Bitte, lass mich erst ausreden, ja?«, bat Sebastian.
Ich nickte betreten.
»Isabelle, seitdem ich dich kenne, hat sich für mich alles verändert. Für dich würde ich meinen Traum aufgeben.« Er musterte mich forschend. »Wenn du mir sagst, dass du es wirklich ernst mit mir meinst, werde ich hierbleiben.«
Mit einem Mal drehte sich alles um mich. Ich schaffte es kaum, einen klaren Gedanken zu fassen, während alles auf mich einstürzte. Plötzlich sah ich wieder Mona vor mir, die von der Brücke fiel.
Für einen Moment schloss ich die Augen. Ich hatte bereits ein Leben zerstört. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde darüber nachdenken, noch einen Traum zu vernichten?
Ich sah zu Sebastian, der mich immer noch erwartungsvoll anblickte. Dann schüttelte ich langsam den Kopf. »Das kann ich nicht.«
Sebastian sah aus, als hätte ich ihm direkt ins Gesicht geschlagen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich wieder gefasst hatte. Vorsichtig hob er mein Kinn an, sodass ich ihm in die Augen blickte.
»Okay, sieh mich an und sag mir, dass du keine gemeinsame Zukunft für uns siehst. Sag mir, dass ich gehen soll, dann verspreche ich dir, werde ich dich von jetzt an in Ruhe lassen.«
In mir wehrte sich alles
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