Eine betoerende Schoenheit
fürchte, ich habe schlechte Neuigkeiten.“
Venetia konnte sich nicht erinnern, wann sie sich das letzte Mal übergeben hatte. Doch gerade eben hatte der Geruch eines Toasts mit Butter, etwas, das sie sich, seit sie ihre Milchzähne hatte, täglich auf ihren Teller aufgetan hatte, ihr Inneres in solchen Aufruhr versetzt, dass sie zum nächsten Klosett gehetzt war, um dort sterbenselend einige Minuten damit zu verbringen, ihren Mageninhalt in die Schüssel zu leeren.
Sie wischte sich den Mund ab und wusch sich das Gesicht. Als sie aus der Toilette kam, stieß sie beinahe mit Millie zusammen. Millie, die sanfteste Person, die sie kannte, griff nach ihrem Arm und zog sie mit sich.
„Was ist denn?“
„Wir reden in deinem Zimmer“, sagte Millie, während sie Venetias Tür öffnete.
Sie empfing der Anblick von Helena, die wie wildgeworden Venetias Kleiderschrank durchwühlte.
„Ich habe deine Jacke meinem Dienstmädchen gegeben“, sagte Venetia. „Sie reinigt sie vermutlich.“
„Ich sehe besser nach.“ Helena stürzte in Richtung der Tür. „Sie weiß möglicherweise nicht, wie man es richtig macht.“
„Vergiss deine Jacke, Helena“, sagte Millie, während sie die Tür schloss. „Venetia, es wäre wahrscheinlich besser, wenn du dich setzt.“
Venetia folgte der Aufforderung. Etwas in Millies Stimme beunruhigte sie zutiefst. „Was ist?“
„Lady Avery war beim Vortrag des Dukes of Lexington.“
Venetia spürte, wie ihr vor Angst schwindelig wurde. Sie umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls.
Helena stützte sich mit einer Hand auf Venetias Bettpfosten, als könne sie ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen. „In Harvard?“
Welchem sonst ?
„Sie war zur selben Zeit wie wir in Boston, um die Hochzeit des amerikanischen Schwagers ihres Sohnes zu besuchen“, sagte Millie. „Sie kam vorgestern zurück. Gestern war sie zum Abendessen bei ihrer Nichte und erzählte jedem am Tisch, was der Herzog von sich gegeben hat.“
Die Damen bei Tisch waren danach sicherlich zu ihren nächtlichen Tanzveranstaltungen und Bällen gegangen, die Herren in ihre Clubs, und die Nachricht hatte sich mit der Geschwindigkeit der Beulenpest verbreitet.
Die Übelkeit kehrte zurück. Diesmal war Venetias Magen jedoch bereits leer. Sie biss die Zähne zusammen, bis das Gefühl vorüber war. „Glauben alle, dass er von mir gesprochen hat?“
„Viele.“
„Glauben sie ihm?“
„Nicht alle“, antwortete Millie vorsichtig.
Das bedeutete, dass es einige waren.
„Er ist der begehrteste Junggeselle des Landes“, fuhr Millie fort. „Du bist die schönste Frau. Dass er dich diffamiert haben könnte … Allein die Möglichkeit ist mehr als sensationell.“
Venetia fühlte sich, als steckte sie bis zum Hals in Treibsand.
Helena sah unglücklicher aus, als Venetia sie je zuvor gesehen hatte. „Das ist alles …“
Sie schreckte davor zurück zu sagen, dass das alles ihr Fehler war. Es hätte bedeutet, zuzugeben, dass ihre Geschwister sie zu Recht aus dem Land geschafft hatten.
Venetia erhob sich. „Er hat sich in Boston extrem taktlos verhalten. Vielleicht dachte er, dass er sich das so weit entfernt von der Heimat leisten könnte. Ich bin aber sicher, dass er mittlerweile erkannt hat, dass er einen Fehler gemacht hat. Ein Mann wie er ist für gewöhnlich nicht daran interessiert, einen Sturm im Wasserglas heraufzubeschwören.“
„Du hast ein ziemlich schmeichelhaftes Bild von ihm“, sagte Fitz, der ins Zimmer gekommen war und sich neben Millie gestellt hatte.
„Meine Ansicht über ihn sollte meine Einschätzung der Situation in keiner Weise beeinflussen. Ich bin sicher, dass er fast ebenso wenig erfreut über die Gerüchte ist wie wir und nichts tun wird, um noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.“
„Sein Schweigen wird genauso prekär sein“, erklärte Helena. „Er muss die Gerüchte öffentlich dementieren.“
„Dann müsste er lügen. Das wird er nicht tun.“
„Was sollen wir denn sonst machen?“
„Das wird wohl ein Test werden, welche meiner Freunde zu mir stehen. Wenn sie wirklich meine Freunde sind, werden sie nicht zulassen, dass jemand mein Verhalten oder meinen Charakter in Frage stellt.“
„Ich werde dafür sorgen, dass meine Freunde sich genauso verhalten“, erklärte Fitz ruhig.
„Es ist zwar ziemlich kurzfristig, aber wir sollten es schaffen, morgen Abend vierzig Gäste zum Essen zu empfangen – um unsere Truppen in Stellung zu bringen“, fügte Millie hinzu.
„Gut“, sagte
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