Eine bezaubernde Braut
»Niemand mag uns, Mylady. Wir sind stolz auf diese Tatsache. Die meisten Clans lassen uns in Ruhe, genau wie die Geistlichkeit, einschließlich Vater Laggan.«
»Warum mögen sie euch denn nicht?«
»Sie fürchten sich vor uns«, erklärte der Kommandant der Buchanans fröhlich. »Vater Laggan glaubt, wir seien Wilde.«
»Wie kommt Ihr denn auf diesen Gedanken?«
»Vater Laggan nennt uns immer so.«
»Ich bin sicher, er glaubt so etwas nicht wirklich. Ihr seid keine Wilden. Ihr seid nur ein wenig … ungestüm. Das ist alles. Der Priester scheint sich im Übrigen gegen Brodick wehren zu können. Seht Ihr, wie er den Kopf schüttelt?«
»Brodick wird trotzdem gewinnen«, weissagte Dylan. »Das tut er immer.«
Als wisse er, dass sie über ihn sprachen, wandte sich Brodick plötzlich im Sattel um und sah sie an, während der Priester nach wie vor auf ihn einredete. Vater Laggan war offensichtlich verärgert, er wedelte aufgeregt mit beiden Händen.
Dann zwinkerte Brodick ihr zu. Sie wusste nicht, wie sie sein Verhalten einstufen sollte. Es war so gar nicht Brodicks Art, vor allen anderen mit ihr zu flirten. Aber die vertraute kleine Geste wärmte ihr Herz.
»Wisst Ihr, worüber die beiden reden?«, fragte sie Dylan.
»Das weiß ich«, antwortete er.
Vater Laggan drehte sich im Sattel um, um sie anzusehen. Er hatte erstaunlich weißes Haar und eine tief gebräunte, lederartige Haut. Seine Lippen waren zusammengepresst und zeigten deutlich seinen Unmut. Aus diesem Grund lächelte sie ihn nicht an und winkte ihm auch nicht zu. Sie senkte lediglich den Kopf in einem schweigenden Gruß.
Sobald sich der Priester wieder Brodick zuwandte, verlangte Gillian: »Sagt mir, worüber die beiden streiten.«
»Über Euch.«
»Wie bitte?«
»Ich glaube, dass Ihr das Thema ihrer Diskussion seid, Mylady.«
»Ganz sicher nicht«, widersprach sie. »Der Priester kennt mich nicht einmal.«
»Iain hat ihn zu Brodick geschickt, und ich glaube, dass Laggan jetzt als Euer Beschützer handelt. Er will sichergehen, dass man Euch nicht zu irgendetwas gezwungen hat, das Ihr nicht wollt.«
»Aber ich möchte zu Ramseys Besitz reisen«, stellte sie klar. »Iain muss doch sicher dem Vater meine Situation erklärt haben.«
Dylan hoffte inständig, dass sie ihn nicht bitten würde, ihr die Motive des Priesters zu erklären. Je weniger sie wusste, desto besser wäre es.
Brodick winkte ihr, zu ihm zu kommen, während der Priester noch immer mit gerunzelter Stirn sein Pferd zur Seite lenkte, um Platz für sie zu machen. Ramsey stand an der einen Seite neben Gillian und Brodick auf der anderen. Gillian lächelte den Priester an, als Ramsey sie einander vorstellte, doch das Lächeln verschwand sofort, als ihr klar wurde, wo sie war. Sie hatte geglaubt, dass Brodick am Rande eines sanften Abhanges angehalten hatte. Doch jetzt stand sie nur wenige Meter entfernt davon – und sah in einen gähnenden Abgrund. Sie zog so fest an den Zügeln, dass ihr Pferd hoch ging, doch Brodicks schnelles Handeln rettete sie davor, vom Pferd geworfen zu werden.
Er musste ihr mit Gewalt die Zügel aus den Händen nehmen. »Gillian, was ist los?«
Sie zwang sich, ihn anzusehen. »Ich mag es nicht, in eine so tiefe Schlucht zu sehen«, flüsterte sie. »Mir wird dabei ganz schwindelig.«
Als er die Panik in ihrem Blick sah, dirigierte Brodick schnell die beiden Pferde einige Schritte zurück. Auch Ramsey lenkte sein Pferd vom Abgrund weg.
»Ist es besser so?«
Gillian atmete tief aus und entspannte sich. »Ja, viel besser, danke«, flüsterte sie, ehe sie sich zu Vater Laggan wandte.
»Ramsey, ich brauche jetzt deine Hilfe«, sagte Brodick leise.
»Ich werde tun, was ich kann«, versprach sein Freund genauso leise.
Neugierig sah Gillian zu Brodick. »Möchtest du auch meine Hilfe?«
Er grinste. »Deine Hilfe ist unerlässlich.«
»Dann sage mir bitte, wobei ich dir helfen soll, und ich werde froh sein, dir auf jede nur mögliche Art behilflich zu sein.«
Er blickte zu Ramsey, der sich an Gillian wandte. »Der Priester wartet darauf, mit Euch zu sprechen. Wollt Ihr, dass er glaubt, Ihr hättet ein schlechtes Benehmen?«
Die Möglichkeit, dass sie unwissentlich einen Mann Gottes beleidigt hatte, trieb ihr eine tiefe Röte ins Gesicht. »Nein, natürlich nicht«, versicherte sie schnell. »Guten Tag, Vater. Ich freue mich, Euch kennen zu lernen.«
»Guten Tag«, antwortete er mit einem Anflug von Höflichkeit, der allerdings sofort wieder verschwand,
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