Eine bezaubernde Erbin
eine schmerzende Leere in seinem Herzen.
Von ihrer Reise nach Amerika Anfang des Jahres als zweite Anstandsdame für Helena abgesehen, waren sie seit Jahren nicht mehr getrennt gewesen. Während ihrer Abwesenheit hatte er ihr fast täglich geschrieben und hatte nur deshalb nicht jeden Tag zur Feder gegriffen, weil es zu beschämend gewesen wäre, seine Frau ständig mit Briefen zu überhäufen.
Und jetzt stand er in ihrem Zimmer, vermisste sie, vermisste den Teil seiner selbst, der mit ihr gegangen war.
Er hob seine Lieblingsaufnahme vom Kaminsims und betrachtete sie genauer. Sie stammte vom letzten Sommer. Der Fotograf hatte vermutlich nur Hastings fotografieren wollen, der an einem Ende einer Chaiselongue saß und recht ernst dreinblickte. Aber am anderen Ende des Sofas standen Fitz und Millie.
Er hätte gutes Geld darauf verwettet, dass sie nichts Ernsteres als die Unterhaltung ihrer Gäste besprachen, aber es wirkte sehr vertraulich. Sie hatten die Köpfe einander zugeneigt und ihre Mienen wirkten aufmerksam. Seine Hand ruhte auf der Rückenlehne des Sofas, doch im Winkel der Kamera sah es so aus, als hätte er seine Hand auf ihre Hüfte gelegt.
Sie liebte ihn. Sie hatte ihn die ganze Zeit geliebt.
Was für ein Narr er doch war, dass er es nicht eher bemerkt hatte.
Hätte er sein eigenes Herz besser verstanden, als Isabelle ihn fragte, ob es zu spät wäre, das zurückzufordern, was hätte sein können, hätte er anders geantwortet. Sie wäre enttäuscht gewesen, aber nicht am Boden zerstört. Jetzt, nachdem er ihre Hoffnung mit seinem Versprechen auf eine gemeinsame Zukunft geschürt hatte, würde sie wütend werden – und ihr Herz würde brechen.
Er konnte es nicht ertragen, ihr Herz erneut zu brechen.
Er konnte es nicht ertragen, Millie zu verlieren.
Millie hatte gesagt, dass er immer das Richtige tat. Er klammerte sich an dieses Lob, wie ein armer Fischer an ein zerrissenes Netz. Aber konnte er hier überhaupt das Richtige tun? Woher sollte er wissen, was das Richtige war?
Doyle’s Grange war auf den ersten Blick eine angenehme Überraschung. Eine mit dicken, lila Blütentrauben behangene Rhododendronhecke trennte das Grundstück von der kleinen Landstraße, die daran vorbei führte.
Das Tor war einfach bezaubernd, die Pfosten waren mit geschmiedeten Weinblättern verziert, eiserne Ranken wanden sich um die Stangen. Pinien säumten die kiesbestreute Einfahrt. In der Ferne plätscherte ein Bach.
Das Haus war aus Ziegeln erbaut, mit großen Erker- und Giebeldachfenstern. Efeu kletterte über den Portikus. Das Innere war mit all seinen Büchern und den cremefarbenen und gelben Möbeln hell und gemütlich.
Isabelle war offenkundig hingerissen, aber in jedem Zimmer warf sie ihm einen unsicheren Blick zu, als wollte sie seine Reaktion abschätzen. Nachdem sie die Innenräume gesehen hatten, gingen sie nach draußen in den Garten. Die Rosen waren bereits verblüht, aber die Nelken und der Rittersporn standen in voller Blüte. Die Bienen summten. In der Luft lag der feinste englische Sommer, ein Hauch Wärme, der Duft nach Heu und ein blühender Garten.
„Kannst du dir vorstellen, hier zu leben?“, fragte sie.
Plötzlich wusste er, was das Richtige war. Um Isabelle glücklich zu machen, müsste er lügen, und so konnte man kein gemeinsames Leben beginnen. Sie verdiente etwas Besseres. Sie verdiente einen Mann, der sich danach sehnte, ein Haus mit ihr zu teilen, einen Mann, in dessen Herz sie immer an erster Stelle stehen würde.
Er war nicht dieser Mann. Und er war es schon seit langer, langer Zeit nicht mehr.
„Es tut mir leid, Isabelle, aber ich möchte ganz woanders leben“, sagte er.
Ihre Mundwinkel zuckten. „Du möchtest dir ein anderes Haus ansehen?“
Es lag eine solche Angst in ihrem Blick, dass er beinahe nicht weitersprechen konnte. „Nein, mein Platz ist auf Henley Park.“
Ein Funken ihrer alten Leidenschaft brach hervor. „Diese Ruine? Ich habe es dir nie gesagt, aber ich bin hingefahren und habe es mir angesehen, bevor du geheiratet hast. Es war ein schrecklicher Ort.“
„Das war er. Aber er ist es nicht mehr.“
Ihr Gesicht nahm einen sturen Ausdruck an. „Ich glaube dir nicht.“
„Dann komm mit mir“, schlug er leise vor. „Und sieh es mit eigenen Augen.“
Wann hatte Fitz sich in sein Haus verliebt? Sehr wahrscheinlich schon vor langer Zeit. Erkannt hatte er es aber erst im vergangenen Jahr, als er aus der Saison in London zurückgekehrt war.
Sie hatten nie
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