Eine Billion Dollar
aufbieten, die es gibt.«
»Die besten Anwälte? Ich dachte, die haben wir?«
»Na ja, sagen wir, es wird ein Kampf zwischen ebenbürtigen Partnern. Interessant wird es auf jeden Fall. Einer der Fälle, die ganze Kanzleien auf Jahre hinaus ernähren.«
John musterte den Anwalt und den Entwurf der Klageschrift und dachte an Lorenzo, der der wahre Erbe gewesen war und der an Bienenstichen hatte sterben müssen, weil McCaine andere Pläne gehabt hatte. Das würde er nie beweisen können, obwohl er bis an den Grund seines Herzens davon überzeugt war, dass es sich so zugetragen haben musste. Und wenn schon nicht dafür, dann wollte er McCaine wenigstens für seinen Betrug ins Gefängnis bringen. »Verklagen Sie ihn«, sagte er und spürte Traurigkeit wie einen Splitter im Herzen. »Es ist mir egal, wie lange es dauert.«
»Wie Sie wünschen«, nickte der Anwalt, und wenn er nickte, sah man, wie schütter sein Haar schon war. »Immerhin, wenn es Sie beruhigt – für Mister McCaines zu erwartende Gegenklage gilt das Gleiche.«
»Was für eine Gegenklage?«
»Es würde mich wundern, wenn er nicht auf Gehaltsfortzahlung und Wiederanstellung wegen unrechtmäßiger Kündigung klagen sollte. In seinem Anstellungsvertrag stehen da ein paar äußerst mehrdeutige Klauseln, mit denen man beinahe alles machen kann.« Er lächelte überlegen. »Aber wie gesagt – das wird sich auch über Jahrzehnte hinziehen. Wir können so was genauso gut.«
Ungewöhnlich viele leitende Führungskräfte kündigten in den ersten Tagen des Januars 1998 ihre verantwortungsvollen, gut dotierten Stellungen in der weit verzweigten Hierarchie von Fontanelli Enterprises. Erst als einer der Chefanalysten sich bei John meldete und erzählte, er sei am zweiten Weihnachtsfeiertag von McCaine angerufen worden, der ihn hatte überreden wollen, den Konzern zugunsten einer neuen, besser bezahlten Stelle zu verlassen, begriff John, dass er noch gefährlichere Widersacher hatte als Zeitnot und Überanstrengung.
Aus denen, die gekündigt hatten, war über ihre Beweggründe nichts weiter herauszubekommen; lediglich einer sprach diffus von Führungsschwäche und Zukunftssicherung, ohne sich festlegen zu lassen, wen oder was er konkret damit meinte. Bei manchen dieser Gespräche hatte John den Eindruck, dass der Betreffende nicht ganz freiwillig gehandelt haben mochte, sondern so, als habe McCaine etwas gegen ihn in der Hand.
Manche Kündigungen rissen empfindliche Löcher und schufen zusätzlichen Druck. Doch nach und nach stellte sich heraus, dass es Schlimmeres gab als die McCaine-Getreuen, die den Konzern verließen: die, die dablieben nämlich, um weitgehend unerkannt Sand ins Getriebe zu streuen. Plötzlich liefen Lager leer, weil »vergessen« worden war, rechtzeitig Nachschub zu ordern, und in der Folge standen ganze Produktionsstraßen still. »Dumme Fehler« passierten in wichtigen Anzeigen, Ausschreibungen und Verträgen, Fehler, die Verlustgeschäfte nach sich zogen oder ärgerliche juristische Geplänkel. »Unerklärliche Computerabstürze« legten ganze Werke lahm, brachten die weltweite Logistik durcheinander und sorgten für Schaden in Bilanz und Ansehen. Die Abteilung Devisengeschäfte hatte nach zwei triumphalen Jahren auf einmal eine »Pechsträhne« und machte so schlechte Geschäfte, dass John nicht anders konnte, als sie komplett zu schließen.
Mitte Januar kam John dazu, in Hartford anzurufen. Schon die grabestiefe Stimme, mit der sich Professor Collins meldete, verhieß nichts Gutes, und John war irgendwie nicht wirklich überrascht, als der Zukunftsforscher auf seine Frage, was das Projekt mache, sagte: »Nichts mehr. Ein Computervirus hat alles vernichtet.«
Die Zeiten, in denen Professor Collins vorübergehend auf sein Aussehen und seine Kleidung Wert gelegt hatte, waren vorbei. Das wenige Haar, das ihm geblieben war, machte, was es wollte, und dass sein Hemd Flecken hatte und sein Jackett an den Ärmelumschlägen eingerissen war, schien er nicht einmal zu bemerken. Den Ringen unter seinen Augen nach konnte er in letzter Zeit nicht viel Schlaf gefunden haben.
»Es kann nur Sabotage gewesen sein«, erklärte er. »Nicht nur die UNIX-Rechner waren nach der Virusattacke völlig verwüstet, auch die PCs, auf denen wir den Programmcode noch gespeichert hatten, waren formatiert, die Programme unrettbar verloren.«
Die Sonne strahlte von einem hellblauen Frühlingshimmel und tauchte den Konferenzraum in unpassend fröhliches
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