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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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noch?«
    »Als Ruine, ja. Es wurde Ende des neunzehnten Jahrhunderts aufgegeben, im Zweiten Weltkrieg als Waffenlager benutzt und durch einen Fliegerangriff zerstört.«
    John wanderte weiter durch die Sakristei, verfolgte, wie schimmernde Lichtreflexe über die Oberfläche der Skulpturen wanderten und sie beinahe lebendig aussehen ließen. »Die Medici waren reich, aber sie sind als Familie ausgestorben. Was ist heute von ihrem Vermögen übrig außer diesen Kunstschätzen?«
    »Nichts«, sagte Cristoforo Vacchi.
    »Und wieso gibt es noch Fontanellis und noch Vacchis? Und wieso existiert das Vermögen von Giacomo Fontanelli noch?«
    Cristoforo zuckte die Schultern. »Keiner aus diesen Familien hat je regiert, geherrscht, sich irgendwie hervorgetan. Denken Sie daran, dass viele Medici umgebracht wurden, die meisten von ihren Verwandten. Das Vermögen Fontanellis wurde nie in Geschäfte, Kriegszüge oder Bestechung investiert. Es war nur da und wuchs unbeachtet. Ich glaube, dass die Unauffälligkeit triumphiert hat.«
     
    Die Kanzlei lag nur ein paar Straßenzüge entfernt, in einer unauffälligen Seitengasse, wenn es im Zentrum von Florenz überhaupt so etwas wie eine unauffällige Seitengasse gab; auch diese war eine düstere gepflasterte Schlucht zwischen zwei uralten Fassaden. Eine ehemals dunkelgrün gestrichene Tür, massiv, verwittert, von der die Farbe abblätterte, daneben ein rostiger Briefkastenschlitz, auf dem der Name Vacchi immerhin eingraviert war – das war alles.
    »Finden Ihre Klienten Sie hier denn?«, fragte John, während Cristoforo seinen Schlüsselbund hervorzog.
    »Wir haben keine Klienten mehr, die uns finden müssen«, erwiderte der Anwalt und schloss auf.
    Die heruntergekommene Fassade war nur Tarnung, begriff John, als er sich im Inneren des schmalen Hauses umsah. Auf der Rückseite der Haustür waren automatische Verriegelungsbolzen aus chromglänzendem Stahl zu sehen. Eine kleine Videokamera richtete sich selbsttätig auf sie aus, während Cristoforo zu einem Kästchen an der Wand trat und auf dem darauf angebrachten Ziffernblock eine lange, mindestens zehnstellige Nummer eintippte, worauf ein rot glimmendes Lämpchen grün wurde. Überall im Treppenhaus waren leise Klickgeräusche zu hören, die von sich entriegelnden Türen stammen mochten.
    »Wir lagern hier sehr viele alte Originaldokumente«, erklärte Christofero, während sie die Treppe hinaufstiegen, die windschief war, winklig, sicher Jahrhunderte alt. »Bisher musste man nicht fürchten, dass jemand auf die Idee kommen würde, in der Kanzlei einzubrechen. Das könnte sich allerdings ändern. – Der erste Stock: Das war bis ins letzte Jahrhundert eine Wohnung für eine der Vacchi-Familien. Heute gibt es nur noch eine richtige Wohnung hier, für den Fall, dass einer von uns lange hier zu arbeiten hat und abends nicht mehr zurückfahren will, oben im vierten Stock.«
    Er öffnete die Tür.
    Gläserne Vitrinenschränke, so weit das Auge reichte, und dahinter nicht enden wollende Reihen dunkler, alter Folianten. Das Licht der Neonröhren an der niedrigen Decke spiegelte sich in den Scheiben, als John nähertrat und versuchte, die verblassenden Aufschriften auf den Einbandrücken zu entziffern. Jahreszahlen – 1714, 1715, und so weiter. Es roch wie in einem Museum, nach Staub und Reinigungsmitteln und Linoleumboden.
    »Was sind das für Bücher?«, wollte John wissen.
    »Kontenbücher«, erwiderte der Padrone lächelnd. »Hier können Sie genau nachlesen, wie sich Ihr Vermögen entwickelt hat. Meine Vorfahren waren in dieser Hinsicht von akribischer Sorgfalt. In aller Bescheidenheit muss man sagen, dass die Kontenbücher der Vacchis weitaus genauer und vollständiger sind als die, die Giacomo Fontanelli selber geführt hat.«
    »Gibt es die etwa auch noch?«
    »Selbstverständlich. Kommen Sie.«
    John folgte dem alten Mann durch eine niedrige Tür, bei der er vorsichtshalber den Kopf einzog, in den nächsten Raum, der genauso eingerichtet war. Nicht ganz – bei genauerem Hinsehen entdeckte John, dass die Bände in den Vitrinen dünner waren, älter und zerfledderter aussahen, und dass die Vitrinen selber stabiler waren, geradezu gepanzert und offenbar mit eingebauter Klimaanlage versehen.
    »Die Luftverschmutzung«, sagte Cristoforo Vacchi und wiegte bekümmert das Haupt. »In all den Jahrhunderten haben die Dokumente nicht so gelitten wie in den letzten drei Jahrzehnten. Wir mussten dazu übergehen, sie gesondert zu belüften,

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