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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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wollte ich Ihnen nicht vorenthalten. Hier, sehen Sie.«
    Er deutete mit unübersehbarem Stolz auf einen wuchtigen, altmodischen Computermonitor, auf dem nichts zu sehen war als eine lange, radargrün schimmernde Zahl. Als John näher trat, sah er, dass die letzten Stellen der dreizehnstelligen Zahl in rasendem Tempo hochzählten, die letzten Ziffern so schnell, dass sie kaum zu lesen waren. Eine Billion und etliche Millionen. Der aktuelle Kontostand. Viertausend Dollar je Atemzug, hatte Eduardo gesagt. John sah den flimmernden Zahlen zu, atmete und versuchte etwas zu erkennen. Viertausend Dollar kam hin. Aber bei längerem Hinsehen merkte man, dass das auf dem Schirm kein gleichmäßiges Hochzählen war, sondern dass der Strom der Zahlen zu atmen schien, zu pulsieren wie der Blutstrom in den Adern, mal schneller, mal langsamer werdend, Nuancen nur, aber unverkennbar.
    Eine Billion. Als einzelne Zahl auf einem großen, dunkelgrauen Computerbildschirm sah es nach nichts aus. »Eine Billion Dollar ist ziemlich viel Geld, oder?«, vergewisserte sich John.
    Cristoforo Vacchi stand vor dem Bildschirmterminal wie vor einem Altar. »Unfassbar viel«, sagte er ernst. »Das amerikanische Magazin Forbes veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der hundert reichsten Menschen der Welt. Auf dem ersten Platz stand lange Zeit der Kaufhauskönig Sam Walton, der die Walmart-Kette gegründet und es zu ungefähr vierzig Milliarden Dollar gebracht hat. Vor ein paar Jahren ist er an Knochenkrebs gestorben, wobei ihn inzwischen Bill Gates, der Chef der Firma Microsoft, überflügelt hätte mit um die fünfzig Milliarden Dollar. Gar nicht auf der Liste stehen zum Beispiel die englische Königin oder der Sultan von Brunei, obwohl sie auch darauf gehören würden, der Sultan sogar nach wie vor auf den ersten Platz. Man schätzt sein Vermögen auf siebzig Milliarden Dollar. Aber selbst wenn die Leute auf dieser Liste, die hundert reichsten Menschen der Welt, alles zusammenlegen würden, was sie haben, kämen sie nicht einmal auf eine halbe Billion Dollar.«
    John sah ihn fassungslos an. »Aber das ist doch Wahnsinn«, meinte er schließlich, mit trockenem Mund. »Was soll ich denn anfangen mit so viel Geld?«
    Der Padrone wiegte das weißhaarige Haupt. »Ich denke, dass der Schlüssel in dieser Ausnahmestellung liegt. Sie, John, werden nicht einfach ein reicher Mann sein, der gerade ein bisschen reicher ist als die anderen, sondern Sie werden eine einzigartige Stellung haben. Niemand kann sich auch nur annähernd Hoffnungen machen, Ihre Größenordnung zu erreichen. Sie werden reicher sein als die meisten Staaten dieser Erde. Sie werden nicht einfach reich sein, sondern eine finanzielle Weltmacht darstellen. Das ist es, womit Sie etwas anfangen müssen.«
    John schwindelte. Die letzten Worte hatte er wahrgenommen wie Regentropfen, die von außen gegen eine dicke Zeltplane trommelten. Das war ihm alles zu viel. Er war nicht dafür geschaffen, derartige Dimensionen zu begreifen. »Ich weiß nicht… Woher wollen Sie denn wissen, dass ich nicht einfach alles für Ferraris ausgebe?«
    »Ich weiß es«, antwortete der greise Anwalt einfach. »Und abgesehen davon«, fügte er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu, »gibt es so viele Ferraris überhaupt nicht.«
     
    An diesem Abend, lange nach dem Abendessen, als es kühl vom Meer heraufzog und zitternde Kerzenflammen in kleinen Windgläsern die einzige Beleuchtung an dem langen Tisch waren, besprachen sie die Einzelheiten der Vermögensübertragung. John hörte vor allem zu, fragte selten nach und antwortete nur »Ja«, wenn er nach seinem Einverständnis gefragt wurde. Sein Blick ging hinaus in die Nacht, verlor sich in dem silbrigen Dunst über dem dunklen Meer. Eine Hand voll Sterne glomm am Firmament. Der Wein sah schwarz aus in den Gläsern. Die Anwälte unterhielten sich leise, ihre Stimmen klangen einander immer ähnlicher, und irgendwie wirkten sie beschwingt, unüberhörbar erleichtert. Als wäre das Vermögen eine Bürde, die sie nun endlich einem anderen aufladen konnten.
    »In aller Stille«, bekräftigte der Padrone, was sie beschlossen hatten, dass nämlich die Übertragung des Vermögens ohne jedes Aufsehen in einem Notariat in Florenz vor sich gehen solle, an einem der kommenden Tage, sobald ein geeigneter Termin vereinbart war. Man wollte es John überlassen, ob und gegebenenfalls wann er mit der Tatsache und Geschichte seines Reichtums an die Öffentlichkeit gehen würde.
    Er würde

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