Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
Auseinandersetzungen in Bosnien-Herzegowina. Er ließ sich Visitenkarten zustecken, versprach Invesititionsangebote zu prüfen und wechselte irgendwann von Champagner zu Selters, weil ihm allmählich schlecht wurde.
    »Wie fühlt man sich eigentlich als Billionär?«, fragte eine Frau mit mühsam gebändigten roten Lockenhaaren. Ihr ebenfalls rotes Kleid aus Pailettenstoff erwies sich aus der Nähe als unerhört transparent.
    »Man fühlt sich«, erklärte John mit schwerer Zunge, »als lägen einem alle Frauen der Welt zu Füßen.«
    »Ach, tatsächlich?«, meinte sie mit pikiertem Blick.
    Für diesen Abend war damit die am besten funktionierende Antwort gefunden. Diesmal war sie es, die unter einem Vorwand das Weite suchte.
     
    Es dämmerte schon in zarten grauen und blauen Farben, als John die Tür seines Zimmers hinter sich schloss und einen Moment dagegengelehnt stehen blieb, um die plötzliche Ruhe zu genießen. Außerdem stand er nicht mehr allzu sicher auf den Beinen.
    Reichster Mann der Welt? Er fühlte sich gerade wie der müdeste Mann der Welt. Von dem frisch gemachten und einladend aufgeschlagenen Bett ging eine unsagbare Verlockung aus.
    Er öffnete die Tür des Kleiderschranks, die den Spiegel enthielt, und betrachtete sich noch einmal mit trunkener Intensität. Irgendwie gar kein so übles Kleidungsstück, so ein Frack. Stand ihm. Er würde sich daran gewöhnen. Auch daran, ein Billionär zu sein.
    Ob er sich an Champagner gewöhnen würde, stand auf einem anderen Blatt. Er erinnerte sich dunkel, mit etlichen Leuten Bruderschaft getrunken zu haben, aber nicht mehr genau, mit wem. Mit Eduardo, das wusste er noch. Der hatte danach der Frau im roten Pailettenkleid den Hof gemacht, und später hatte er ihn nicht mehr gesehen. Die Frau im roten Pailettenkleid auch nicht.
    Das Weiß der Frackschleife hatte etwas gelitten. Er nahm die Manschettenknöpfe ab, zog den Frack aus, nestelte die Schleife unter dem Hemdkragen mehr schlecht als recht auseinander. Als er gerade dabei war, die Frackweste aufzuknöpfen, hörte er eine Gartentür quietschen.
    Um diese Zeit? Er trat ans Fenster. Auf dieser Seite hatte das Landhaus der Vacchis einen kleinen, niedrigen Anbau, der aussah wie eine kleine Werkstatt oder ein ehemaliger Schuppen. Auf der Straßenseite gab es einen ummauerten Vorhof, und die rostige Tür zu diesem Vorhof war es, die gequietscht hatte.
    John streifte die Weste ab und runzelte die Stirn. Auf der Straße parkte ein Kastenwagen, aus dem ein Mann, den er schon öfter für die Vacchis Besorgungen hatte machen sehen, Kartons auslud. Hinter den Fenstern des Anbaus brannte Licht, und hinter einem davon sah John eine Frau an einem Tisch sitzen. Als der Mann den ersten Karton bis zur Tür getragen und vermutlich geklopft hatte, stand sie auf, tauchte gleich darauf im Vorhof auf und half ihm, die restlichen Kartons auszuladen.
    John knöpfte sein Hemd auf. Die gefältelte Brust wies ebenfalls diverse Weinflecken auf, er warf es in den Wäschekorb.
    Merkwürdig. Dass es jemanden gab, der um diese Zeit arbeiten musste! Vielleicht war es nicht gut, mit so viel Alkohol im Blut über solche Dinge nachzudenken. John steuerte auf das Bett zu und ergab sich seiner unsagbaren Verlockung.
     
    Container in allen Farben, die aus der Ferne wie bunte Bauklötze wirkten und aus der Nähe wie zerschrammter, verbeulter Schrott. Ein Containerkran, der tagsüber jammernd seinen Dienst tat und die Nacht über weiter rostete. Schienen, zerfurchte Kieswege, eine uralte Pier, die in den Hudson hinausragte und vergeblich auf ein Frachtschiff wartete.
    Susan Winter war eine Viertelstunde zu früh am Treffpunkt, schlenderte hinaus auf die Pier, betrachtete das Spiel von Licht und Schatten zwischen den Wolkenkratzern Manhattans und überlegte, was sie mit achthunderttausend Dollar Jahresgehalt anfangen würde. Als es sieben Uhr war, sah sie sich um und fragte sich flüchtig, wo hier in der Nähe ein Lokal sein mochte, aber sie war zu fasziniert von der Vorstellung, wie ihre Kontoauszüge in Zukunft aussehen würden, um den Gedanken weiter zu verfolgen.
    Als sie zurück zu den Containern schlenderte, trat der Mann dazwischen hervor, und es war wieder genauso wie damals, als sie das erste Mal eingewilligt hatte, Geld durch unrechtmäßige Taten zu verdienen. Er trug denselben dunklen Mantel, den er damals und auch später immer angehabt hatte, zuletzt bei ihrem Treffen vor dem Rockefeller Center. Er bewegte sich immer noch so ungelenk,

Weitere Kostenlose Bücher