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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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als leide er an Rheuma, und sein Gesicht war auch nicht schöner geworden.
    Höchstens bekannter. Immerhin kannte sie inzwischen seinen Namen.
    »Hallo, Randy!«, sagte Susan Winter abschätzig. »Tut mir leid, dass Sie sich herbemüht haben. Wo Sie doch alle Welt sucht. Aber heute bin ich mit Ihrem Auftraggeber verabredet.«
    »Ich weiß«, erklärte Randolph Bleeker mit einem hässlichen Lächeln. »Er hat mir nämlich einen Auftrag erteilt, Sie betreffend.«
    Susan kam mit der Plötzlichkeit eines Blitzeinschlags zu Bewusstsein, dass sie allein war und ungeschützt. Mit Analysen in eigener Sache hatte sie noch nie Glück gehabt. Sie sah Bleeker an und spürte ihre Augen größer werden vor Entsetzen.
    Diesmal war es kein Umschlag mit Geld, den er aus der Tasche zog.

9
    Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als sie sich am nächsten Tag trafen. Giovanna hatte einen kleinen Frühstückstisch in der Bibliothek aufgestellt, einem der wenigen Räume, die von der Party nicht in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Im gesamten Untergeschoss wuselten die Leute vom Partyservice umher, um wieder sauber zu machen. Durch die geöffneten Fenster hörte man die Geräusche und Stimmen, die den Abbau der Karussells und Buden auf dem Festplatz begleiteten.
    »Eine schöne Sache, reich zu sein«, sagte John.
    »Zweifellos.« Alberto Vacchi nippte müde an seinem Espresso. Sein Bruder Gregorio hatte rotgeränderte Augen und blickte ebenso mürrisch wie unausgeschlafen drein. Eduardos Gesicht wirkte verquollen, als habe er überhaupt nicht geschlafen. Wach wirkte er allerdings auch nicht, er saß nur schweigend da und kippte einen Kaffee nach dem anderen.
    Nur der Padrone sah aus wie das blühende Leben. Er war, wie üblich, früh zu Bett gegangen und hatte bereits einen langen Spaziergang hinter sich.
    »Aber meine Aufgabe«, fuhr John fort und betrachtete die nachtschwarze Flüssigkeit in seiner Tasse, »ist jetzt ja wohl, das ganze Geld unter die Armen zu verteilen, nicht wahr?«
    Schlagartig war Stille. Als habe er etwas unsagbar Peinliches von sich gegeben.
    John sah hoch und in aufgerissene Augen. »Das habe ich so verstanden. Oder? Das Geld ist nicht für mich bestimmt, sondern ich soll etwas damit bewirken. Die Not lindern. Die Armut. So etwas in der Art.«
    Der Padrone schloss die Augen, atmete langsam und tief ein und öffnete sie wieder. »Es ist Ihr Geld, John«, sagte er. »Es gehört Ihnen. Ohne jede Bedingung.«
    »Sie können damit machen, was Sie wollen«, setzte Alberto hinzu.
    »Aber da ist doch diese Klausel in dem Testament? Dass ich mit dem Geld der Menschheit die Zukunft wiedergeben muss, oder so ähnlich.«
    »Das ist keine Klausel«, korrigierte ihn Cristoforo Vacchi. »Das ist eine Prophezeiung. Sie müssen nicht – Sie werden . Das ist ein himmelweiter Unterschied.«
    »Soll das heißen, ich kann tatsächlich auch alles behalten, wenn ich will?«
    »Sie sind völlig frei. Sie können es behalten, oder Sie können es unter die Armen verteilen – ganz wie Sie wollen.«
    »Wobei man«, warf Gregorio mit säuerlicher Oberlehrermiene ein, »vielleicht einmal fragen müsste, wer das eigentlich sein soll – ›die Armen‹?«
    John kam zu Bewusstsein, dass er die ganze Zeit unausgesprochen davon ausgegangen war, dass das alles nicht wirklich ihn betraf, nichts mit ihm als Person zu tun hatte, sondern dass er nur als eine Art Stellvertreter diente, als Vorwand, dass er ein Strohmann sein würde für eine von Anfang an anders geplante Verwendung für das Vermögen. »Also«, meinte er lahm, »alle Menschen, die Hunger leiden – die kann man doch wohl als arm bezeichnen, oder?«
    »Einverstanden.« Gregorio stand auf, trat an einen der Bücherschränke und zog einen dicken Wälzer heraus, dem Titel nach ein statistisches Jahrbuch oder dergleichen. Zielsicher blätterte er darin. »Das sind etwa… 1,3 Milliarden Menschen. Wie viel bekäme dann jeder?«
    »Ungefähr…« Das konnte er nicht im Kopf ausrechnen. Im Kopfrechnen war er noch nie gut gewesen, und der Restalkohol machte es vollends unmöglich. John zog einen Taschenrechner heran, der auf einem der Lesepulte lag, und begann zu tippen. »Eine Billion geteilt durch…«
    Er hielt inne. Der Taschenrechner hatte, wie die meisten Geräte dieser Art, ein achtstelliges Display. Eine Billion aber hat dreizehn Stellen. Mit anderen Worten, der Rechner war nicht imstande, diese Zahl zu fassen.
    Und 1,3 Milliarden fasste er auch nicht.
    John starrte das Gerät

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