Eine Billion Dollar
ins Freie bahnte. »Weißt du, nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich einmal dasitzen und mich elend fühlen würde, weil ich zu reich bin. Das ist doch echt der Gipfel der Undankbarkeit, oder?«
»Kann man wohl sagen«, grinste Eduardo.
In den folgenden Tagen widmete sich John seinem Unterricht mit einer Hingabe, die ihn selbst überraschte. Eines Nachmittags ließ er sich von Eduardo in die Geheimnisse der Computeranlage einweihen, die in einem Kellerraum des Anwesens untergebracht war und etwas von einer Kontrollzentrale aus einem James-Bond-Film hatte. Man musste etliche eindrucksvoll aussehende Schlösser öffnen, um hineinzugelangen, und saß dann unter Neonlicht an einem weißen Tisch, auf dem ein kleiner, moderner Computer stand, über dessen Bildschirm bunte Zahlen mit vielen, vielen Stellen liefen: Kontostände aus aller Welt, wie Eduardo erklärt hatte, die ähnlich wie bei der Anlage in der Kanzlei per Datenleitung abgefragt wurden, nur dass hier ein schlichtes graues Kabel und eine unscheinbare Plastikdose an der Wand genügten.
Die Art und Weise, wie Eduardo mit der Tastatur und der Maus hantierte, ließ vermuten, dass er sich damit bestens auskannte. »Datensicherung«, erklärte er, während er eine Bandkassette in den Schlitz eines Gerätes schob, dessen Anzeigelampe gleich darauf von Grün auf Rot wechselte. »Wenn wir die ganzen Passwörter und so weiter verlieren würden, müsstest du durch die ganze Welt reisen, dich für jedes einzelne Konto ausweisen und einen Berg Formulare ausfüllen – kannst du dir vorstellen, wie lange du mit zweihundertfünfzigtausend Konten beschäftigt wärst?«
John war beeindruckt. »Du scheinst ziemlich fit zu sein mit Computern, was?«
»Mein Vater bestand darauf, dass ich alles lerne, was damit zu tun hat«, sagte Eduardo. »Betriebssysteme, Programmierung kaufmännischer Anwendungen, Technik der Datenfernübertragung – verlang irgendwas, ich kann es. Das war noch wichtiger als mein Jurastudium. Jemand aus der Familie muss den Computer vollkommen beherrschen, hieß es.«
John betrachtete den Bildschirm ehrfürchtig. »Heißt das, du hast das hier auch alles programmiert?«
Das Bandlaufwerk surrte und knurrte vor sich hin, die Lampe daran blinkte hektisch. Eduardo gab dem Gerät einen Klaps, worauf das Blinken aufhörte. »Nein, das ist zum größten Teil noch das ursprüngliche Programm. Ein ziemlich raffiniertes Programm übrigens. ich habe es nur von dem alten IBM-Hobel auf den PC übertragen, die Bildschirmausgabe ein bisschen angepasst, ein paar grafische Darstellungen eingebaut. Nichts, was einen echten Profi vom Hocker hauen würde.«
»Und wer hat das ursprüngliche Programm gemacht?«
»Jemand von IBM. Ich weiß es nicht genau – das war noch vor meiner Geburt –, aber es muss damals ziemlichen Ärger gegeben haben mit dem Typ. Er fing an, Fragen zu stellen, und so weiter – jedenfalls hieß es von da an, das muss jemand aus der Familie können.«
»Und jetzt kannst du es?«
»Ja. Kurse für hunderttausend Dollar, einen Sommer lang Strippen ziehen als Praktikant einer Netzwerkfirma, einen Winter lang Unterhilfsprogrammierer in einer verqualmten Hackerhöhle – und schon kann ich es.« Eduardo grinste. »Aber so schwer ist das nicht. Wenn die Tresorfritzen mit deinem Keller so weit sind und die Telefonleitungen liegen, bauen wir hier alles ab und bei dir wieder auf. Und ich erkläre dir, wie man damit umgeht.«
John schluckte. Er teilte die Zuversicht des jungen Anwalts nicht. Dann fiel ihm etwas ein. »Was geschieht eigentlich mit der Anlage in Eurer Kanzlei in Florenz?«
»Die wird verschrottet.«
»Und wenn – was weiß ich – mein Haus einstürzt? Bin ich dann mittellos?«
»Unfug«, erklärte Eduardo. Das Bandgerät piepste, er nahm die Kassette heraus und verschloss sie in dem Tresor an der Wand. »Die Konten laufen alle auf dich. Wenn du Geld brauchst, gehst du zur Bank und weist dich aus. Alles weitere findet sich.«
»Und woher weiß ich, zu welcher Bank ich gehen muss?«
»Das ist fast egal, weil du bei praktisch jeder Bank auf diesem Planeten ein millionenschweres Konto hast. Aber in den Unterlagen, die du bekommen hast, gibt es eine entsprechende Liste.« Eduardo musterte ihn spöttisch. »Vielleicht solltest du dir die Papiere bei Gelegenheit doch einmal ansehen.«
John blinzelte irritiert. »Aber wozu brauch ich dann den Computer überhaupt?«
»Um künftig jeden Morgen nachsehen zu können, um wie viele
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