Eine Billion Dollar
seinem himmelhohen Ausblick ein Traum. Man konnte förmlich hören, wie der Innenarchitektin mit jedem anerkennenden Nicken ein weiterer Stein vom Herzen fiel.
Nachdem er seine Unterschrift unter die Abnahme gesetzt und die Architektin verabschiedet hatte, tauchte Jeremy wie aus dem Nichts auf und bot an, ihm nunmehr, falls es seinen Plänen für den Tag entsprechen sollte, das Personal vorzustellen.
»Es entspricht«, nickte John.
Jeremy war ein original englischer Butler. Eigentlich war er Spanier – in seinem Pass stand als Vorname Javier –, aber da er die Ivor Spencer International School for Butler Administrators absolviert hatte, konnte er britischer auftreten als der Prinzgemahl selbst. Eduardo hatte ihn aufgestöbert, John hatte ihn beeindruckt eingestellt und ihm die Auswahl des restlichen Personals überlassen, das schließlich fortan unter seiner Leitung arbeiten würde.
So lernte er Gustave kennen, einen ehemaligen französischen Hotelkoch mit ansteckend guter Laune; Sofia, die Haushälterin, die aus Neapel stammte und bislang nur in adligen Häusern gearbeitet hatte, wie sie betonte; Francesca, das Zimmermädchen, eine blasse kleine Erscheinung, die ihm kaum in die Augen zu sehen wagte und höchstens eine Sekunde lang ein Lächeln riskierte; und schließlich, ungewöhnlich, die Gärtnerin. Sie hieß Maria, betreute mehrere Gärten in der Nachbarschaft und wohnte in ihrer eigenen Wohnung im Zentrum von Portecto, was ungemein praktisch war, da es, abgesehen vom Pförtnerhäuschen, das der Sicherheitsdienst benötigte, auf dem Gelände nur vier Dienstbotenwohnungen gab.
»Wunderbar«, sagte John, lächelte und wünschte sich, er hätte das Gefühl loswerden können, ein Schauspieler zu sein, der einen reichen Mann spielte.
Jemand hatte die Kartons mit seinen Sachen aus New York im Schlafzimmer abgestellt. Die hatte er schon fast vergessen gehabt. Er wuchtete den ersten Karton vom Stapel herunter, zog das Klebeband ab und förderte amüsiert Küchengeschirr zutage, das er jahrelang benutzt hatte und das ihm nun, nach wenigen Wochen Reichtum, wie reiner Müll vorkam. Das Muster auf den Tellern war aufdringlich und billig, das Besteck bestand aus besserem Blech, die Tassen hatten abgesprungene Ränder und abscheuliche Motive. Die Töpfe: Blechnäpfe, gut genug allenfalls für Hundefutter. Man hätte sich die Mühe sparen können, das Zeug über den Atlantik zu speditieren.
Er stellte den Karton beiseite. Weg damit. Vergangenheit. Doch dann hob er den Deckel doch noch einmal hoch, nahm noch einmal einen seiner alten Teller heraus und betrachtete ihn, als hätte er einen archäologischen Fund vor sich.
Wie konnte das sein, dass ihm dieser Teller jahrelang gut genug gewesen war und er es nun als Zumutung empfunden hätte, davon essen zu müssen? Was geschah hier mit ihm? Wenn er nicht mehr imstande war, dorthin zurückzugehen, woher er gekommen war, dann hieß das doch, dass er zum Gefangenen geworden war, zum Gefangenen des Reichtums, abhängig von Luxus und Geld. Würde er eines Tages seine Seele verkaufen, nur um nicht wieder Bohnensuppe im Blechtopf erwärmen zu müssen?
Er legte den Teller zurück, öffnete einen der anderen Kartons. Viele waren es nicht. Sein ganzes Hab und Gut, angesammelt in achtundzwanzig Jahren, hätte auf der Ladefläche eines Ford Pickup Platz gehabt. Da, die Malutensilien. Eingetrocknete Farbe in verklebten Dosen, Pinsel, die er nicht rechtzeitig ausgewaschen hatte und die inzwischen bretthart waren, leere Glasflaschen, aus denen das Terpentin verdunstet war. Eine Leinwand mit einer Skizze darauf, nur angefangen. Und, hey, eine Schachtel mit unbenutzten Öltuben! Wo war die denn gewesen?
Er konnte die Kartons in den Keller stellen lassen. Wer wusste schon, was kommen würde? Vielleicht war all die Herrlichkeit eines Tages doch wieder vorbei – dann konnte er einfach das, was er vorher besessen hatte, auf einen Wagen laden und davonfahren, ohne Verpflichtungen, ohne Schulden. Genau. So würde er es machen.
Irgendwo mussten doch seine Bücher sein, die konnte er ja jetzt auch brauchen. Und sein eigenes Adressbüchlein. Die Schachtel mit den Briefen. Die Fotos. Er kramte die Kartons durch, die sorgfältig, aber ziemlich unsystematisch gepackt waren. Ein eigenartiges Gefühl, die alten Jeans herauszuziehen oder die ausgelatschten Turnschuhe. Sein rot-schwarz kariertes Hemd, für drei Dollar auf dem Trödelmarkt ergattert. Manche der Knöpfe hatte er selber wieder
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