Eine Braut fuer den italienischen Grafen
das passt nicht! Aber lass uns ein Glas trinken, wenn du ihn schon mitgebracht hast!“
„Obwohl du ihn nicht magst?“
„Oh, habe ich das nicht erwähnt? Mittlerweile habe ich mich an den Geschmack gewöhnt.“
Vittorio zögerte, und Ana hatte den Verdacht, er versuchte ihre Stimmung einzuschätzen, um zu entscheiden, was er tun sollte. Das gefiel ihr überhaupt nicht. Sie war inzwischen in einer gefährlichen Stimmung, übermütig und aufsässig, genau wie bei der letzten Gelegenheit, bei der sie Whisky getrunken hatte. „Gibt es hier Gläser?“
„Bestimmt.“ Er ging an ihr vorbei ins angrenzende Badezimmer und kehrte mit zwei Wassergläsern zurück. „Eis fehlt leider.“
„Das macht nichts. Pur schmeckt er mir am besten.“
„Mir auch.“ Vittorio trat neben Ana, und sein Atem streifte ihr Ohr. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie öffnete die Flasche und schenkte die Gläser reichlich voll.
Er hob sein Glas. „ Cento anni di salute e felicità “, einhundert Jahre Gesundheit und Glück, prostete er ihr mit dem traditionellen italienischen Hochzeitstoast zu, dann tranken sie gleichzeitig.
Der Alkohol trieb ihr die Tränen in die Augen, beinahe hätte sie gehustet.
„Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt und stellte sein Glas zur Seite.
„Mir ging es nie besser. Übrigens, vielen Dank für das Nachthemd. Es ist wunderschön.“
„Nachthemd?“
Sie wies auf die Schachtel. „Sollte ich es heute Nacht tragen? Leider ist es mir zu groß. Ich bin doch etwas schlanker, als du angenommen hast.“
Schweigend zog er das Kleidungsstück aus der Verpackung, schüttelte es aus und betrachtete es kritisch. „Wirklich exquisit, aber es ist nicht von mir. Ich habe meine Lektion gelernt, als wir in Venedig waren!“
Erstaunt sah sie ihn an. „Nicht von dir?“
„Nein. Allerdings kann ich mir denken, von wem es stammt.“
„Und?“
„Von meiner Mutter. Ein Kleidungsstück zu verschenken, das ein paar Nummern zu groß ist, ist ganz ihr Stil. Sie wollte dich damit verletzen, und es tut weh, nicht wahr?“ Sein Blick wurde eiskalt. „Glaub mir, ich kenne das.“
Mit einem Mal wurde das Nachthemd zur Nebensache. „Vittorio, was ist zwischen dir und deiner Mutter vorgefallen? Und deinem Bruder? Warum seid ihr so unfreundlich, ja geradezu grausam zueinander?“
Einen Moment lang schwieg er, dann schüttelte er den Kopf. „Das ist Vergangenheit, vorüber und vergessen. Es gibt nichts, was du wissen müsstest.“
„Vergessen ist es nicht, das merke ich dir an. Sogar jetzt …“
„Es ist schon spät“, schnitt er ihr das Wort ab. „Du brauchst deinen Schlaf. Wir sehen uns morgen früh.“
Die Enttäuschung stand Ana förmlich ins Gesicht geschrieben. Bitte bleib, dachte sie, doch anflehen wollte sie ihn nicht. Bedrückt fragte sie sich, ob er ihr sein Zartgefühl beweisen wollte, indem er ging, oder sie aus Gleichgültigkeit allein ließ.
„Gut“, flüsterte sie nur.
Als er die Hand nach ihr ausstreckte und ihr über die Wange streichelte, schloss sie die Augen. „Alles wird gut, rondinella “, murmelte er. „Unsere Situation ist ein wenig heikel, doch auf Dauer wird sich alles zum Guten wenden.“
Ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt, und sie nickte, die Augen immer noch geschlossen. Als sie sie nach einer Weile wieder öffnete, war Vittorio bereits gegangen.
Draußen auf dem Flur fluchte Vittorio leise vor sich hin. Ihm hätte klar sein müssen, dass seine Mutter versuchen würde, seine Ehe mit Ana zu hintertreiben. Noch war ihre Beziehung zueinander sehr schwach und verletzlich. Solange Constantia auf Castello Cazlevara blieb, würde sie versuchen, Ana negativ zu beeinflussen und ihr Selbstbewusstsein zu untergraben.
Doch er würde sie nicht zur Abreise auffordern. Das hatte er noch nie getan, stattdessen war er selbst gegangen. In der Vergangenheit war er sich als Eindringling im eigenen Heim vorgekommen, unerwünscht, ungeliebt. Es war einfacher für ihn gewesen davonzulaufen.
Dann dachte er daran, wie enttäuscht Ana ihn angesehen hatte. Sie hatte gehofft, dass er bliebe, vielleicht sogar, dass er mit ihr schlief. Ihm war es nicht anders ergangen. Er sehnte sich nach ihr, hätte sie gern in die Arme genommen und ihr den unförmigen Bademantel abgestreift wie das Papier von einem Geschenk. Dennoch bin ich davor zurückgeschreckt wie ein unerfahrener Jüngling, dachte er und hätte beinahe laut aufgelacht.
Doch Ana war kein Geschenkpaket, kein Gegenstand. Sie
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