Eine Braut fuer Lord Sandiford
Männer, die sich so sehr darum bemüht hatten, ihm aus seiner finanziellen Misere zu helfen, nun von seinen Heiratsabsichten wussten. Er goss noch einmal die drei Gläser voll und wollte gerade anstoßen, als Alexander Standish mit einem strahlenden Lächeln auf sie zutrat.
"Oberst, Sie haben bereits Champagner bestellt. Wissen Sie also schon davon?"
Sandiford schenkte noch ein weiteres Glas ein und reichte es Alexander. "Was soll ich wissen?"
"Lady Barbara hat meinem Antrag zugestimmt. Ich habe heute Vormittag mit ihrem Vater gesprochen, und nun ist alles offiziell geregelt. Gentlemen, Sie sehen den glücklichsten Mann der Welt vor sich!"
Erneut bestellten sie eine Flasche Champagner. Während die Freunde noch einmal miteinander anstießen, trat ein Diener zu Alexander.
"Leutnant Standish, da ist eine junge Person draußen, die eine dringende Nachricht für Sie hat."
Lord Standish sah überrascht auf. "Eine dringende Nachricht? Schick ihn sofort zu mir."
"Verzeihen Sie, Mylord, aber das kann ich nicht. Es verstößt gegen die Clubvorschriften. Es handelt sich nämlich um eine Frau."
Alexander wurde bleich. "Um eine Dame?"
"Nein, Sir, ich würde eher sagen, es ist ein Dienstmädchen."
Stirnrunzelnd stellte Alexander sein Glas ab. "Wenn die Herren mich entschuldigen würden. Ich glaube, ich sehe lieber nach, wer das ist."
Harold erhob sich. "Ich komme mit", sagte er. "Falls Sie Hilfe brauchen."
Wenn jemand anderer als Waterman seine Hilfe angeboten hätte, wäre der Leutnant bestimmt gekränkt gewesen. Doch Harold konnte man einfach nicht böse sein.
"Das klingt irgendwie dubios", stimmte Englemere zu. "Sollen wir alle mitgehen?"
Einige Augenblicke später traten die vier Herren durch den Hinterausgang, wo eine junge Frau in einer grauen Hausmädchenuniform bereits unruhig wartete. Sobald sie Alexander, der sein verletztes Bein leicht nachzog, erblickte, stürzte sie zu ihm und ergriff seinen Arm.
"Bitte, Leutnant, Sie müssen sofort mitkommen!" Ihre Augen waren gerötet, und nun flossen noch mehr Tränen. "Es geht um meine Herrin!"
"Was ist mit ihr, Maddie? Was ist geschehen?"
"Sir, ich habe sie angefleht, nicht zu gehen, aber sie hat nicht auf mich gehört. Kurz vor fünf Uhr ist sie mit dem Lakaien verschwunden, und niemand hat sie seither gesehen. Jetzt ist es doch bereits fast sieben! Bitte, Sie müssen zum Posthaus!"
Clarissa bemühte sich verzweifelt, ihre schweren Augenlider zu öffnen. Ein schwacher Schimmer Licht durchbrach die Dunkelheit, und ihr wurde sofort übel. Rasch schloss sie die Augen wieder. Sie atmete mehrmals tief ein und wartete darauf, bis sich ihr Magen beruhigt hatte. Wo war sie, und was war mit ihr geschehen?
Sie hatte eine Mietdroschke zum Posthaus genommen, und Maddie hatte ihr noch hinterhergeschaut, als sie abgefahren war. Obgleich das Posthaus voller Reisender war und sich viele gerade beim Essen oder vor einem Glas Bier befanden, entdeckte Clarissa sofort den Detektiv.
Er runzelte die Stirn, als sie ihm zunickte; anscheinend behagte es ihm gar nicht, dass sie plötzlich auftauchte. Aber Clarissa glaubte nicht, dass ihre Anwesenheit inmitten der Menge seine Arbeit stören konnte. Da entdeckte sie in einer Ecke die Frau, die Maddie als ihr weggelaufenes Lehrmädchen ausgegeben hatte.
Clarissa zog den Umhang enger um sich und verbarg sich unter ihrer Haube, während sie den Tee trank, den ihr die Bedienung gebracht hatte. Ihr Lakai stand unauffällig in ihrer Nähe und beobachtete wachsam die Umgebung. Die Frau hatte inzwischen ein junges Mädchen entdeckt, das gerade den Gastraum betreten hatte und einen großen Korb am Arm trug. Sie sprach es an und klopfte ihr beruhigend auf die Schulter.
Clarissa wartete angespannt, was wohl als Nächstes passieren würde. Der Detektiv musste gleich eingreifen. Doch plötzlich verschwamm alles vor ihren Augen, und ihr wurde schwindlig. Das Letzte, woran sie sich erinnern konnte, war der Schmerz, den sie spürte, als ihr Kopf auf dem Tisch aufschlug …
Sie öffnete die Augen und blinzelte ins Licht. Jemand musste ihrem Tee etwas beigemischt haben.
Clarissa schaute sich um. Sie lag auf einem schmalen Holzbett mit einer alten Strohmatratze. Zum Glück trug sie noch ihr eigenes Kleid, doch den Umhang und die Haube konnte sie nirgends entdecken. Nun sah sie, dass sie sich in einer kleinen Kammer befand, in der außer dem Bett nur noch ein Tisch mit einer Waschschüssel und einem angeschlagenen Krug stand.
Irgendwie hatte sie
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