Eine Braut fuer Lord Sandiford
sich nach dem Treffen mit Mr. Motrum und seiner Tochter noch immer so angespannt, dass er trotz Harolds beruhigender Ausstrahlung nicht die Geduld gehabt hätte, sich hinzusetzen. "Nicht jetzt. Vielen Dank. Ich … ich habe Alexander versprochen, mit ihm auszureiten."
Das stimmte sogar halbwegs, auch wenn sie es nicht für diesen Nachmittag vereinbart hatten. Voller Sehnsucht dachte er an einen langen Galopp über die spanische Ebene oder die herrliche Erde eines Landstrichs in Hampshire. Nun gut, der Hyde Park würde es auch tun.
Er lehnte Englemeres Angebot, in seiner Kutsche mitzufahren, ab und verabschiedete sich rasch von den beiden Männern. Erleichtert, endlich mit seinen verwirrenden Gedanken allein zu sein, schritt er rasch aus.
Miss Motrum schien eine ausgesprochen viel versprechende Kandidatin zu sein. Sie war anziehend, ihr Benehmen angenehm, und es war stets besser, zurückhaltend als aufdringlich zu sein. Sobald sie sich näher kennen gelernt hatten, würde das flaue Gefühl in seinem Magen und die Verkrampfung in seinen Gliedern bestimmt vergehen. Es war ein guter Anfang gewesen, redete er sich entschlossen ein.
Erst nachdem er eine Mietdroschke herangerufen und dem Kutscher Alexanders Adresse genannt hatte, fiel ihm ein merkwürdiger Umstand auf, den er bis jetzt nicht bedacht hatte. Als er Miss Motrums Hand mit seinen Lippen berührte, hatte er überhaupt nichts gespürt.
Nun gut, man musste sich nicht gleich wie ein Tier auf seine potenzielle Braut stürzen. Wenn er an das schlechte Gefühl dachte, das er bei der ganzen Angelegenheit ohnehin gehabt hatte, sollte er sich eigentlich nicht darüber wundern, zu diesem frühen Zeitpunkt keine wärmeren Empfindungen verspürt zu haben. Die Dame war hübsch genug, und wenn er seine künftige Braut einmal besser kannte, würde die Vorstellung, den Pflichten eines Gatten nachzukommen, ihm bestimmt mehr zusagen. Es war jedenfalls so oder so notwendig, wenn er einen Erben wollte.
Plötzlich erstand das Bild von Sarahs Sohn vor seinem inneren Auge und gab ihm einen Stich. Er dachte an einen eigenen Sohn, mit dem man fischen und jagen gehen konnte; an eine Tochter, die man verwöhnen und liebkosen konnte. Ja, Kinder würden ihn bestimmt mit seinem Los, eine passende Verbindung eingehen zu müssen, die nicht auf Liebe beruhte, versöhnen.
Sollten Miss Motrum und er tatsächlich den Entschluss fassen, zu heiraten, würde früher oder später Zuneigung zwischen ihnen entstehen. Gegenseitiger Respekt und Wärme füreinander wären genug. Sie mussten genug sein.
Verdammt noch mal, er versank schon wieder in einer trüben Stimmung. Ein Cognac und ein schneller Galopp sollten ihm helfen, den Kopf zu klären, und Alexander war genau der richtige Mann, mit dem er das tun konnte.
Als er in den Zimmern seines Freundes eintraf, wurde ihm zu seiner Verblüffung mitgeteilt, dass Leutnant Standish ausgefahren war. Ungläubig fragte Sandiford nach, da er nicht glaubte, dass Alexanders schwaches Bein eine Fahrt in der Kutsche bereits mitmachen würde. Aber der Diener versicherte noch einmal, dass sein Herr mit einem Zweispänner im Park sei.
Sandifords Verunsicherung wandelte sich in Besorgnis. Was hatte Alexander dazu veranlasst, etwas so Törichtes zu tun? Wenn ihn bereits der Sturz von seinem Pferd auf der Bond Street nicht nur beschämt, sondern auch verletzt hatte – wie viel demütigender müsste es dann sein, vor der gesamten Gesellschaft, die sich zu dieser Stunde zu einem Spaziergang im Park einfand, aus einer Kutsche zu stürzen?
Diese verdammte Lady Barbara, fluchte er innerlich, wobei er im selben Augenblick an eine gewisse rothaarige Dame denken musste; das verstärkte seinen Zorn noch.
Während er auf eine Droschke wartete, wurde ihm bewusst, dass die Idee, Alexander könnte Lady Barbara ausfahren, überhaupt keinen Sinn machte. Zum einen bezweifelte Sandiford, dass die Countess ihre geliebte Tochter dem Leutnant überlassen würde. Zum anderen hatte Alexander, soweit er wusste, in London überhaupt keine Kutsche, und mit einem gemieteten Gefährt würde er die modische Gesellschaft bestimmt nicht beeindrucken.
Seine Verwirrung und seine Besorgnis verstärkten sich noch während der Fahrt zum Park. Sobald es ging, sprang er aus der Droschke, warf dem Kutscher eine Münze zu und sah sich im belebten Hyde Park um; fieberhaft suchten seine Augen nach dem typisch blauen Rock des Zehnten Husarenregiments. Seine Laune wurde mit jedem Schritt schlechter,
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