Eine Braut muss her!
überzeugt, sie werde sich weigern, ihm ihre Adresse zu nennen. “Bitte!”, fügte er eindringlich hinzu.
“Also gut”, willigte sie ein und nannte ihm Namen und Anschrift der Tante. Derweil er sich die Adresse aufschrieb, fragte sie sich, ob es zwischen ihr und ihm zu einem letzten großen Duell kommen, wer dann gewinnen und was für denjenigen dann der Sieg bedeuten würde.
5. KAPITEL
Nach der Ankunft in Liscombe Manor hatte Russell sich nach der Begrüßung des Bruders und der Schwägerin, von der langen Reise ermüdet, in sein Zimmer zurückgezogen. Beim Abendessen hatte er vermieden, sich über den Anlass seines Besuches zu äußern, und sich vorgenommen, erst dann, wenn er mit Richard allein war, darauf zu sprechen zu kommen.
“Also, weshalb bist du hier?” wollte Richard wissen. “Vaters Brief habe ich entnommen, dass du bei Sir Godfrey Markham weilst und gedenkst, um die Hand von dessen Tochter anzuhalten.”
“Meine Absicht war das nicht”, widersprach Russell. “Vater will, dass ich sie heirate. Ich mag sie jedoch nicht, und folglich wird er wieder einmal von mir enttäuscht sein. Mir graust davor, ihm meine Entscheidung mitzuteilen.”
“Und welche Frau wäre dir genehm?” erkundigte Richard sich trocken.
“Mrs Wardour”, antwortete Russell sofort, “die frühere Mary Beauregard. Erinnerst du dich an sie?”
“Ja, aber ich habe sie nie kennengelernt. Seit wann hast du wieder Umgang mit ihr?”
“Sie war ebenfalls Gast bei Sir Godfrey. Ich möchte jedoch weniger mit dir über sie sprechen, sondern von dir wissen, was ich tun soll, um Vater nicht noch mehr gegen mich einzunehmen. Mich ärgert, dass er mir keine Verantwortung überträgt und mich für ineffizient hält. Ich habe zufällig Abrechnungen aus Eddington auf Mr Graves’ Schreibtisch vorgefunden, sie mir angeschaut und festgestellt, dass sie nicht stimmen können. Nachdem ich Vater darauf angesprochen hatte, war er sehr ungehalten und meinte, die Sache ginge mich nichts an. Ich bin es weidlich leid, so von ihm behandelt zu werden, weiß jedoch nicht, wie ich meine Situation bessern könnte. Vielleicht kannst du mir raten, Ritchie.”
“Was soll ich sagen? Er hat nun einmal eine Abneigung gegen dich. Aber warum kommst du nicht zum eigentlichen Kern der Sache? Du möchtest finanziell unabhängig sein, nicht wahr?”
“Ja, doch du hast leicht reden. Du hast eigene Einnahmen, über die ich nicht verfüge.”
“Gewiss”, stimmte Richard zu.
“Die Geschichte mit den Abrechnung lässt mir keine Ruhe”, fuhr Russell stirnrunzelnd fort. “Ich bin sicher, dass in Eddington etwas nicht in Ordnung ist.”
“Wenn du so davon überzeugt bist, dann vertritt Vater gegenüber deinen Standpunkt mit mehr Nachdruck. Ich meine, dass es an der Zeit ist, dich zu behaupten. Die Initiative dazu musst allerdings du ergreifen. Oder willst du dich dein Leben lang bemitleiden?”
“Nein, natürlich nicht”, antwortete Russell und schüttelte den Kopf.
“Dein Fehler ist, dass du viel zu nachgiebig bist. An deiner Stelle würde ich nach Eddington reisen und herauszufinden versuchen, ob tatsächlich etwas nicht stimmt. Du hast das Recht dazu, Russell, denn schließlich bist du Vaters Erbe. Sag Mr Shaw, du seist in seinem Namen dort, und fordere von ihm Einsicht in die Bücher. Und falls er wagen sollte, sich dagegen zu sträuben, und eine schriftliche Anweisung von unserem Vater haben will, dann erklär ihm kühl, so etwas hättest du nicht nötig. Ich weiß, es widerstrebt dir zu lügen, aber manchmal, wenn es im eigenen Interesse ist, muss man sich über seine Prinzipien hinwegsetzen.”
“Du redest, als sollte ich mich für dich ausgeben”, murmelte Russell erstaunt.
“Tu das, wenn du es für richtig erachtest. Bemühe dich um ein festeres Auftreten und mehr innere Substanz und lass dich nicht ständig von Vater unterdrücken. Einen besseren Rat kann ich dir nicht geben.”
Russell verbrachte zwei Wochen in Liscombe Manor und reiste dann in Begleitung seines Kammerdieners und eines älteren Bediensteten in seiner Berline nach Eddington. Die Fahrt verlief ereignislos, bis man schließlich hinter York eine Umspannstelle erreicht hatte. Pickering begab sich ins Haus, um ein Zimmer für seinen Herrn zu besorgen, kehrte jedoch mit der Nachricht zurück, die besten freien Räume seien bereits von Mrs Wardour und ihren Begleitern belegt worden, die, wie er gehört habe, auf dem Weg nach Ancoates sei, das in der Nähe von Corbridge
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