Eine Braut muss her!
Patt, in seinen Augen die beste Art, die Partie zu beenden.
“Das hätte nicht geschehen dürfen”, murmelte Mary enttäuscht. “Offensichtlich habe ich irgendwann nicht genau aufgepasst.”
“Ärgern Sie sich nicht”, sagte Russell beschwichtigend. “Auf diese Weise hat keiner von uns das Gesicht verloren.”
“Ich frage mich, was mein Vater wohl zu diesem Ergebnis angemerkt hätte”, äußerte Mary seufzend.
“Wahrscheinlich hätte er gesagt, dass wir beide gut aufeinander eingespielt sind. Aber das waren wir immer, nicht wahr?”
Mary war keineswegs seiner Meinung und entgegnete, damit das Thema nicht fortgesetzt wurde: “Es ist besser, wir hören jetzt auf. Ich nehme an, dass die anderen Gäste bald zurück sein werden.”
“Spielen wir morgen weiter?”, fragte Russell eifrig. “Und würden Sie mir dann erlauben, Ihnen bei Ihren Berechnungen zu helfen?”
Es drängte ihn, erneut mit ihr allein zu sein. Das lag nicht nur daran, dass er sich in einer Weise von ihr angezogen fühlte, wie das sonst bei keiner anderen Frau der Fall gewesen war, sondern auch am geistigen Einklang, den er in dieser Form nur mit Richard erlebte.
Mary entsann sich seines einstigen unschönen Verhaltens, verdrängte es jedoch und dachte daran, wie unterhaltsam und spannend die soeben mit ihm verbrachte Zeit gewesen war.
“Wenn Sie mir versprechen, sich zurückzuhalten und mich nicht dauernd an die Vergangenheit zu erinnern, dann bin ich einverstanden.”
“Wunderbar!”, erwiderte Russell erleichtert. “Ich schlage vor, dass wir uns morgen Nachmittag um zwei Uhr hier treffen. Ich werde das andere Schachspiel, das dort auf dem Konsoltisch steht, mitnehmen und mir in meinem Zimmer mehr Übung verschaffen. Seien Sie versichert, dass ich dann morgen etwas versierter bin.”
“Das wird sich zeigen”, sagte Mary trocken und erhob sich. “Wir sehen uns später beim Essen”, fügte sie hinzu, während der Viscount ebenfalls aufstand, drehte sich dann um und verließ die Bibliothek.
Er holte sich das andere Schachspiel und fragte sich unwillkürlich, warum Mary so unvorsichtig war, ihn näher an sich heranzulassen.
Nach der Hinrichtung war Peregrine in der angeregtesten Stimmung nach Haus zurückgekehrt und hatte, bevor das Essen serviert wurde, seine Freunde auf ein Glas Cognac oder Portwein in seinen Salon gebeten. “Eine Hinrichtung macht durstig, nicht wahr?”, fragte er grinsend. “Ich fand es erstaunlich, wie viele Leute schon betrunken waren, ehe der Delinquent überhaupt zum Galgen geführt wurde. Insofern wunderte es mich auch, dass sie noch bei einigermaßen klarem Verstand waren, um die Hinrichtung, als sie schließlich stattfand, in vollen Zügen zu genießen.”
In dem Moment, da dem Verbrecher das Genick gebrochen worden war, hatte Thomas sich speiübel gefühlt, jedoch angesichts des verwunderten Blicks seines Freundes aus dem Bedürfnis, sich keinen Spott einzuhandeln, hastig versichert, er habe wohl bereits zu viel Bier getrunken. Daher verzichtete er darauf, jetzt noch mehr zu trinken.
“Nun, unter den Gaffern waren zumindest einige, die nüchtern gewesen sein müssen”, entgegnete er mürrisch. “Mir sind meine Couverttasche und mein Schnupftuch gestohlen worden.”
“Ach, reg dich nicht auf”, erwiderte Peregrine unbeeindruckt. “Und mach endlich ein fröhlicheres Gesicht! Ich habe eine Neuigkeit für euch alle, die mir vorhin mein Kammerdiener erzählt hat. Lord Hadleigh, der zu zimperlich war, um mit uns zu der Hinrichtung zu fahren, hat den Nachmittag mit Mrs Wardour in der Bibliothek verbracht – Schach spielend!”
“Ich dachte, sie sei deinetwegen und nicht seinetwegen eingeladen worden”, warf John stirnrunzelnd ein. “Und sollte er sich nicht für deine Schwester interessieren? Willst du zulassen, dass er dir zuvorkommt?”
“Nein”, antwortete Peregrine mit schwerer Zunge. “Das Spiel ist jedoch noch nicht zu Ende, und ich beziehe mich nicht aufs Schachspielen. Angelica mag ihn indes nicht und hat ein Faible für dich entwickelt, Thomas. Als Schwager wärst du mir viel lieber als der hochnäsige Viscount, der mir bei jeder Gelegenheit zu verstehen gibt, dass er mich für unter seiner Würde hält. Leider wird meine Schwester dir jedoch versagt bleiben, denn mein Vater will, dass sie eine bessere Partie macht, als du es bist.”
Man hörte den Klang des Gongs und wusste, dass man sich nun vor dem Essen im Gesellschaftszimmer versammeln musste. Einer nach dem anderen
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