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Eine Braut von stuermischer Natur

Eine Braut von stuermischer Natur

Titel: Eine Braut von stuermischer Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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Emilie ein rotes Tuch war. Was das betraf, redete sie ihr dauernd ins Gewissen, stieß bei Murie jedoch auf taube Ohren. Für Murie war die Welt ein großer, Furcht einflößender Ort, denn die junge Adlige hatte schon sehr früh erfahren müssen, dass das Schicksal bisweilen ein grausamer Lehrmeister sein konnte. Folglich war ihr jedes noch so kleine Fitzelchen Weisheit willkommen, und jeder Wink des Himmels, der Anlass zu Optimismus bot, stimmte Murie positiv. Mitunter konnte sie der bloße Anblick von zwei Amseln, die auf einem Zweig herumhüpften, oder der erste weiße Schmetterling im Sommer, mit neuer Hoffnung beflügeln, dass es in Zukunft irgendwann besser werden würde.
    »Ja, ich komme.« Murie raffte ihre Röcke und lief eilig weiter.
    »He, du Narr, was hast du zu ihr gesagt?«, fragte Osgoode grob, kaum dass die anderen außer Hörweite waren.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, murmelte Balan, der sich selbst nicht recht im Klaren war, wieso ihm die Sache entglitten war. Er hatte lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass er es schwierig fand, Frauen zu verstehen, weil sie ihm gefühlsgeprägter schienen und komplizierter als die Männer, mit denen er für gewöhnlich zu tun hatte. So wie es schien, hatte er den falschen Ton getroffen, denn Murie hatte es wohl so aufgefasst, dass er Frauen für schlichte, beschränkte Gemüter hielt. Indes würde er sich eher einen Finger abbeißen, als sich vor Osgoode zu blamieren.
    »Heilige Mutter Gottes!«, entrüstete sich sein Cousin. »Du hast gewiss etwas Unbesonnenes zu ihr gesagt, sonst wäre sie nicht beleidigt abgerauscht.«
    »Vielleicht fand sie es tatsächlich ungemütlich draußen im Park«, gab Balan zu bedenken. Er musste sie möglichst bald wiedersehen, dachte er. Um das Missverständnis aus der Welt zu räumen. Er hatte sie beileibe nicht beleidigen oder brüskieren wollen. Gott bewahre! Balan schätzte und liebte das schöne Geschlecht.
    »Mich dünkt, als höflicher Unterhalter bist du ein aussichtsloser Fall«, knurrte Osgoode verzweifelt. »Bleibt nur zu hoffen, dass sich ihre Verstimmung legt. Ansonsten ist dir kaum zu helfen.«
    Balan blieb stumm. Im Grunde seines Herzens hoffte er das auch.
    »Heute Abend nach der Messe wird im Saal zum Tanz aufgespielt.«
    Balan nickte abwesend. Wahrhaftig, die Feierlichkeiten zu Ehren der heiligen Agnes, das hatte er beinahe verdrängt. Nach der Aufregung um die St.-Agnes-Legende hatte er nicht mehr an das eigentliche Fest gedacht.
    »Ich schlage vor, wir üben heute Nachmittag die Grundschritte des Tanzens«, kam es von Osgoode.
    »Tanzen?«, fragte Balan erschrocken.
    »Ganz recht. Lady Strathcliffe hat sich zwar redlich bemüht, es dir beizubringen, aber du schienst mir allenfalls Mittelmaß. Ich gehe jede Wette ein, dass du nach unserer Knappenzeit nie wieder das Tanzbein geschwungen hast.«
    Weil ihm das Tanzen nie gelegen hatte. Allenfalls Mittelmaß war eine liebenswürdige Umschreibung für den lächerlichen Narren, den er auf den Tanzdielen abgab.
    »Dann sind wir uns einig, wir üben die Schritte.«
    »Nein, ich habe anderes vor«, versetzte Balan ungnädig. »Wichtigeres.«
    »Es gibt nichts Wichtigeres, als Lady Muries Herz zu erobern«, erwiderte Osgoode, und seine Stimme duldete keinen Widerspruch. »Oder bist du eher geneigt, Lady Brigida zu ehelichen? Bahnt sich da womöglich ein Techtelmechtel an?«
    Balan ließ seufzend den Atem entweichen. »Cousin Osgoode, ich gebe mich geschlagen. Schwingen wir das Tanzbein.«

5
    »Balan, du Narr, gebiete deinen Füßen Einhalt und trample mir nicht dauernd auf den Hühneraugen herum«, knirschte Osgoode.
    »Wer hatte denn den glorreichen Einfall, du oder ich?«, knurrte Balan und stieß angewidert Osgoodes Hand weg. Für ihn war das Tanzen schon immer reine Zeitvergeudung gewesen. Warum Frauen derlei Albernheiten schätzten, war ihm ein Buch mit sieben Siegeln. Er war der festen Überzeugung, dass die Gentlemen sich dieser unsinnigen Betätigung lediglich hingaben, um den Damen einen Gefallen zu tun. Es fiel ihm schwer, sich auf die komplizierten Schritte konzentrieren zu müssen, zumal er nicht wirklich bei der Sache war. Seine Gedanken kreisten um interessantere Dinge, und dann vergaß er die Schrittfolge oder, was noch schlimmer war, er trat auf Osgoodes Füßen herum.
    »Es sollte dir doch gelingen, mit Lady Murie zu tanzen, ohne ihr dabei gleich den Knöchel zu brechen. Ich meine, wenn du sie wahrhaft beeindrucken und für dich gewinnen

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