Eine Braut von stuermischer Natur
Verknappung des starken Geschlechts auszulösen. Einige Damen amüsierten sich darüber, andere wiederum nahmen es ihr übel, weil sie ebenfalls im heiratsfähigen Alter waren und Murie ihnen die Ehekandidaten vergraulte. Lord Malculinus Aldous war einer der wenigen, die durch Anwesenheit glänzten, und Murie ahnte Schlimmes: Vermutlich würde er ihr den ganzen Abend an den Fersen kleben und sie nicht in Ruhe lassen.
»Zumindest scheint Malculinus keine Angst vor mir zu haben«, sagte sie mit einem gezwungenen Lächeln. Es war zwar nervenaufreibend, wenn er dauernd um sie herumscharwenzelte, aber immerhin hätte sie wenigstens einen Tanzpartner. Im Ballsaal herumzustehen und das Mauerblümchen abzugeben, hätte sie zutiefst gedemütigt. Immerhin war ihm sein unerschütterlich Einsatz hoch anzurechnen. Allerdings verströmte der Gentleman eine Aura, die Murie eine Gänsehaut über den Rücken trieb.
»Offen gestanden, ich traue Lord Malculinus nicht über den Weg. Jedes Mal, wenn er in deine Nähe kommt, kostet es mich Überwindung, nicht fluchtartig mit dir das Weite zu suchen«, bekannte Emilie und zog eine Grimasse. »Ist vermutlich töricht von mir. Grundgütiger, er hat uns schließlich nichts getan!«
Murie versagte sich eine Erwiderung, obwohl sie es aufschlussreich fand, dass es ihre Freundin ähnlich sah wie sie.
»Ich frage mich, wo Balan und Osgoode bleiben«, sagte Emilie zum wiederholten Male. »Sie wollten doch auch kommen, oder? Wieso hätten sie sonst Tanzschritte geübt?«
»Hmmm«, grummelte Murie. Das hatte sie sich heimlich auch schon gefragt. Sie ertappte sich dabei, wie sie fortwährend nach ihm Ausschau hielt, jedoch vergeblich. Es wurde immer später, und er tauchte nicht auf. Denk nicht so viel an ihn, redete sie sich zu. Soll er doch schwarz werden in seiner Kammer! Wenn Laudas Beteuerungen stimmten, dann bedeutete ihr Traum ja ohnehin, dass er als Ehegemahl ausschied. Und nachdem sie um seine Ansichten in Bezug auf das schöne Geschlecht wusste, vermochte sie das voll und ganz nachzuvollziehen. Andererseits hatten sie sich in ihrem Traum leidenschaftlich geküsst, das war doch ein gutes Omen für eine gemeinsame Zukunft?
Sie blendete den Gedanken aus und blickte auf. Reginald trat zu ihnen.
Er nickte Murie freundlich zu. Dann drückte er seiner Frau einen zärtlichen Kuss auf die Stirn und meinte besorgt: »Du siehst blass und erschöpft aus, geliebte Gemahlin.«
»Ich fühle mich fabelhaft«, wiegelte sie ab. »Du bist entschieden zu besorgt um mich, Reginald. Mach dir meinetwegen nicht so viele Sorgen.«
»Du trägst unser Kind unter dem Herzen, Emilie«, erinnerte er sie. »Unser erstes Kind, und da darf ich mir gefälligst Sorgen machen.«
»Er hat recht, Emilie«, bekräftigte Murie. »Du siehst blass aus. Vielleicht sollten wir besser aufbrechen, was meinst du?«
Emilie schnaubte abfällig. »Du suchst bloß nach einem Vorwand, damit du den Ball verlassen kannst.«
Murie zuckte mit den Schultern, stritt es aber nicht ab. »Wozu soll ich denn noch länger hierbleiben? Mit Ausnahme von Lord Malculinus wird mich niemand zum Tanzen auffordern wollen.«
Bei ihren Worten zog Reginald die Stirn in Falten. »Wo ist denn Lord Balan?«, meinte er an seine Gemahlin gerichtet.
Murie strafte Emilie mit einem vorwurfsvollen Blick. Augenscheinlich hatte die Reginald vom Traum ihrer Freundin berichtet. Verständlich, denn die beiden liebten sich und hatten keine Geheimnisse voreinander. Emilies Vermählung war eine echte Liebesheirat gewesen. Dennoch nahm Murie es ihr ein wenig übel, dass sie geplaudert hatte.
»Diese Frage haben wir uns auch bereits gestellt«, gestand Emilie. Sie sandte ihrer Freundin ein zerknirschtes Lächeln.
»Merkwürdig, ich weiß genau, dass er kommen wollte. Ich habe vorhin noch mit ihm gesprochen«, sinnierte Reginald laut. »Er hat sich von mir ein Wams geliehen.«
Muries Augen weiteten sich erstaunt angesichts seiner Enthüllungen. Emilie neigte sich zu ihr und raunte ihr ins Ohr: »Siehst du, er wollte kommen und hoffte, dich zu beeindrucken, ansonsten hätte er sich bestimmt kein Wams von meinem Ehemann ausgeborgt.«
»Es hätte mich mehr beeindruckt, wenn er tatsächlich aufgetaucht wäre«, versetzte die junge Frau ungnädig. Sie drehte sich zu Reginald, ihre Augen wurden schmal. »Vielleicht hat er aus gut informierter Quelle erfahren, dass ich ihn zu einer Partie Schach herausfordern möchte, und hat es mit der Angst zu tun bekommen.«
»Schaut
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