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Eine Braut von stuermischer Natur

Eine Braut von stuermischer Natur

Titel: Eine Braut von stuermischer Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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Bett, eine Truhe, der Boden der Kammer mit schmutzstarrenden Binsen ausgelegt. Kein einziger Gobelin bedeckte die Fenster, um den Wind abzuhalten, der durch die klapprigen Läden kroch. Murie konnte lediglich erahnen, wie kalt es hier im Winter sein musste.
    »Wie kommt es … Warum dieses kärgliche, ungemütliche Gemach?«, fragte Murie an Gatty gewandt.
    Die Hausangestellte presste die Lippen aufeinander, die einzige äußere Regung ihrer Verstimmung, als sie erklärte: »Lady Gaynor starb bei Julianas Geburt. Lord Gaynor liebte seine Frau innig und gab dem Kind die Schuld an ihrem Tod. Er hat ihr das nie verziehen. Nach dem Tode ihrer Mutter brachte er Juliana sogleich zu mir und überließ sie meiner Obhut – danach hat er meines Wissens keinen Gedanken mehr an das Mädchen verschwendet. Ich hab mein Mögliches für das Kind getan, aber mit einem Vater, der sie derart kalt und herzlos behandelte und sich keinen Deut um ihr Wohlergehen und ihr Glück kümmerte …« Ihr versagte die Stimme und sie zuckte milde betreten mit den Achseln.
    »Und was ist mit Lord Balan?«, erkundigte sich Murie.
    Gattys Miene wurde weich. »Er liebt das Kind abgöttisch, aber er ist die meiste Zeit fort gewesen, um Schlachten für den König zu schlagen. Nach ihrer Geburt versuchte er zwar, seinem Vater ins Gewissen zu reden, aber der alte Lord Gaynor war in seiner tiefen Trauer nicht zur Vernunft zu bringen. Nach seiner Rückkehr hat seine Lordschaft zwar alles darangesetzt, ihr das Leben leichter zu machen, aber Juliana war so lange ohne …«
    »Demnach denkt sie gewiss, sie verdient nichts Gutes, und sträubt sich dagegen«, schloss Murie seufzend. Sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie es mit einer weiteren jungen Waise zu tun bekam, denn das Mädchen hatte die Ängste und Härten des Lebens seit frühester Kindheit erlebt. In Wahrheit war Juliana schon bei ihrer Geburt zur Waise geworden, da sie mit dem Tod der Mutter letztlich beide Elternteile verloren hatte. Auch wenn ihr der Vater geblieben war, so hatte er das Mädchen mit Liebesentzug gestraft.
    »Ganz recht.« Gatty zögerte unentschlossen, bevor sie fortfuhr: »Ich hoffe, Ihr seid nicht zu hart zu dem Mädchen, weil sie vorhin im Schlosshof derart ungezogen war. Sie ist …«
    »Du musst dir keine Sorgen machen«, unterbrach Murie sie. »Ich bin mit zehn Jahren zur Waise geworden und dann am Hof des Königs aufgewachsen. Das ist gewiss nicht der beste Ort für ein Kind, um sich geliebt und angenommen zu fühlen. Ich glaube, Juliana und ich haben einiges gemein.«
    Gattys Miene entspannte sich. »Habt Dank.«
    »Du brauchst mir nicht zu danken«, meinte Murie. Nach kurzem Zögern fuhr sie fort: »Ich für meinen Teil würde es zu schätzen wissen, wenn du nichts auf das Gerede gibst, ganz gleich ob von Lord und Lady Aldous oder von anderen, und mich nach meinem persönlichen Verdienst einschätzen würdest.«
    »Ich beurteile die Leute nie nach dem, was über sie geredet wird, Mylady. Außerdem«, setzte sie grinsend hinzu, »waren wir bereits alle zu dem Schluss gekommen, dass Ihr mitnichten ein Teufelsbraten sein könnt, auch wenn man Euch das nachsagt, sonst hätte seine Lordschaft Euch gewiss nicht geehelicht.«
    Muries Augenbrauen hoben sich ein wenig. »Auch nicht, um Euch vor dem anstehenden harten Winter zu bewahren?«
    »Nein, auch dann nicht«, bekräftigte Gatty. »Er hätte weiter sein Glück bei der Jagd versucht und alles in seiner Macht Stehende getan, uns alle über Wasser und am Leben zu halten. Bis er eines Tages die Frau gefunden hätte, die ihm das Gefühl vermittelte, er würde gut mit ihr auskommen. Balan ist klug genug zu wissen, dass die Vermählung eines Lords das Schloss und dessen Bewohner genauso berührt wie die Ehegatten selbst. Ein streitendes Paar kann seine Untergebenen in zwei Lager spalten, die dann Partei für den einen oder den anderen ergreifen.«
    In Gattys Worten steckt viel Weisheit, dachte Murie und fragte laut: »Dann gibt es zuweilen andere Gerichte als Fisch?«
    »Ja, aber das kommt nicht allzu oft vor. Hier ist ringsum zu viel zu tun, als dass sich häufiger Zeit für die Jagd erübrigen ließe. Und seit Lord Gaynor und sein Cousin nach Windsor aufbrachen, hat es nichts anderes als Fisch gegeben. Es waren noch weniger Männer da als sonst, die die viele Arbeit verrichten konnten, folglich hatte keiner Zeit zum Jagen.«
    »Verständlich.« Murie sah sich ein letztes Mal in Julianas Schlafgemach um, dann

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