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Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Eine Braut zu viel: Roman (German Edition)

Titel: Eine Braut zu viel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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offensichtlich überzeugt, dass ich schließlich doch schlappgemacht habe.
    Ich suche nach etwas angemessen Gemeinem.
    »Was weiß denn ich, dann kratze ich ihm die Augen aus, mache ihn einen Kopf kürzer, äh …« Ich entdecke meine Katze, die meinen Füßen wieder gefährlich nahe kommt. »Füttere ihn mit Katzengulasch.«
    Angewidert blickt sie mich an und verschwindet in der Küche.
    »Ehrlich, es tut mir NICHT Leid, dass ich diesen Schwachkopf nicht geheiratet habe. Ich bedaure nur, dass meine kleine Schwester ihn sich aufgehalst hat. Ich habe andere Probleme, fürchte ich.«
    Ich denke an letzte Nacht zurück und spüre diesen Schmerz, der tief in meinem Magen sitzt. Was ist es? Sehnsucht? Schuld? Ich bin mir nicht sicher, aber es tut weh.
    »Kann ich dir irgendwie helfen?«
    Ich entspanne mich. Dad ist immer für mich da, wenn ich ihn brauche. Ich sollte es nicht an ihm auslassen, dass ich ein verpfuschtes Liebesleben und einen Kater habe.
    »Danke, aber ich glaube, da muss ich allein durch«, murmele ich.
    »Hör mal«, fährt Dad zögernd fort, »es ist wahrscheinlich kein guter Zeitpunkt, aber ich muss mit dir sprechen.«
    Er hört sich merkwürdig an. Ich war so mit meinen eigenen, verqueren Gedanken beschäftigt, dass es mir zuerst gar nicht aufgefallen ist. Scham und Sorge überkommen mich und verstärken die Übelkeit noch.
    »Was ist los, Dad?«
    »Ich möchte lieber nicht am Telefon darüber reden. Kann ich bei dir vorbeikommen?«
    Jetzt mache ich mir Sorgen.
    Ich gehe auf und ab, bis er endlich kommt. Bei Dads normalem Tempo braucht er eine Viertelstunde, heute aber dauert es eine halbe Stunde, an deren Ende ich keine Nägel mehr habe.
    Als ich die Tür öffne, fällt mein Blick auf mein Spiegelbild. Mein Gesicht ist blass und ausgezehrt wie das eines Geistes, und meine Augen blicken stumpf und leer.
    Dad kommt die Treppe herauf. Er sieht müde aus. Er war immer groß und schlaksig, doch jetzt wirkt er hager.
    Ich fühle mich schuldig, weil mir das nicht früher aufgefallen ist. Eine Aura des Schicksals umgibt ihn, als hätte er mir etwas wirklich Entsetzliches zu gestehen. Ich komme mir vor wie ein Priester im Beichtstuhl. Eigentlich wäre es der richtige Zeitpunkt für einen ordentlichen Drink, aber davon hatte ich kürzlich erst viel zu viele.
    »Kaffee?«
    Ich entscheide mich für das starke Zeug aus der Kaffeemaschine, statt des Instant-Kaffees. Ich versuche, Bohnen zu mahlen, doch das Knirschen der Kaffeemühle verursacht mir Übelkeit. Während die Kaffeemaschine vor sich hin faucht und spuckt wie ein kleiner Geysir, kehre ich zögernd zurück ins Wohnzimmer.
    Dad hat sich aufs Sofa geworfen wie ein irischer Wolfshund, der versucht, es sich im Korb eines Schoßhündchens bequem zu machen. Er zerrt ständig an seinem Hemdkragen herum und weicht meinem Blick aus.
    »Na, das war gestern vielleicht ein Tag, hm?«, sagt er schließlich, während er anfängt, an seinem Kinn statt an seinem Kragen herumzuzupfen.
    »Mhm, so kann man es auch nennen.«
    »Ich muss dir etwas sagen, Fliss.« Er hält inne und betrachtet sein Spiegelbild in seinen auf Hochglanz polierten schwarzen Schuhen.
    »Jetzt erzähl mir nicht, du bist durchgedreht und hast Mutter ermordet?« Ich lache halbherzig. Seinem Zustand nach zu urteilen, rechne ich fast damit, dass er aufsieht und ja sagt.
    Er versucht zu lächeln.
    »Wenn es nur so einfach wäre«, sagt er leise.
    Er sieht so traurig aus, dass ich mich ihm zu Füßen setze und mein Kinn auf seine Knie stütze, wie ich es als Kind immer getan habe.
    »Du machst mir Angst, Dad. Was ist los?«
    Keine Antwort.
    »Komm schon«, schmeichle ich, »so schlimm kann es doch gar nicht sein, oder?«
    »Ich liebe eine andere Frau, Fliss.«
    Er stößt die Worte so hastig hervor, sodass sie sich überschlagen und er sie wiederholen muss.
    »Was?«
    »Ich liebe eine andere … ich bin mit einer anderen Frau zusammen.«
    Es dauert etwas, bis die Worte zu mir durchdringen, wo sie schließlich auf den Teil meines Nervensystems treffen, der meine Kinnlade kontrolliert. Sie fällt herunter wie ein kaputter Fahrstuhl.
    »Du bist mit einer anderen Frau zusammen?«
    Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich dachte, ich kenne ihn wie meine Westentasche. Was für eine komische Redewendung das ist. Habe ich mir jemals eine Westentasche von innen angeschaut? Ich kenne ihn wie das Innere meines Kühlschranks wäre wohl angebrachter. Obwohl ich völlig schockiert bin, gelingt es mir,

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