Eine Braut zu Weihnachten
war gereift, wenn man so wollte. Sein dreiunddreißigster Geburtstag, der zwei Tage nach Weihnachten war, nahte, und dann würde er in den Besitz der Erbschaft kommen, die sein Vater ihm hinterlassen hatte. Allerdings nur, wenn seine älteren Brüder ihn als dessen würdig erachteten. Es war jedoch nicht nur das Erbe, das er wollte, es war die Akzeptanz seiner Familie, das es repräsentierte. Sein erster Schritt, um zumindest einen Anschein von Verantwortungsbewusstsein zu erlangen, war, ein Haus zu kaufen und sich einen ständigen, respektablen Wohnsitz zuzulegen. Er hatte unter anderem auch schon beschlossen, für längere Zeitspannen in England zu bleiben und seine Reisen abzukürzen.
Ehrlich gesagt, hatte er genug davon, nie länger als eine Saison oder zwei an einem Ort zu bleiben. Genug davon, ständig seine Reisekoffer hin und her schicken zu müssen. Genug von zugegebenermaßen reizenden Frauen, die gekommen und gegangen waren in seinem Leben und sich mit der gleichen Leichtigkeit von ihm getrennt hatten wie er sich von ihnen. Während er früher einmal seine Rastlosigkeit mit Reisen, Abenteuern und Frauen geheilt hatte, fragte er sich seit einigen Jahren immer öfter, ob diese Rastlosigkeit in ihm nicht vielleicht nur mit Beständigkeit, einer Familie und einem Zuhause kuriert werden könnte. Vielleicht war es an der Zeit, eine neue Art von Abenteuer zu beginnen.
»Verstehe«, sagte der Fragesteller. »Das erklärt natürlich …«
»Sir Sebastian.« Mit der unaufhaltsamen Rasanz eines Schiffes unter vollen Segeln und dicht gefolgt von Sir Hugo hielt Miss Bramhall auf ihn zu.
Sebastian zuckte innerlich zusammen, setzte aber schnell ein zuvorkommendes Lächeln auf. »Miss Bramhall. Ich nehme an, Sie möchten unsere Diskussion fortsetzen?«
»Das möchte ich allerdings«, gab sie mit einem unfreundlichen Blick zurück. Vielleicht sollte ihr mal jemand von dem alten Sprichwort, dass man mehr Fliegen mit Honig fängt, erzählen.
»Aber vielleicht darf ich kurz erwähnen, bevor Sie fortfahren, dass ich annehme, dass sie ein exzellentes Argument haben.«
»Ach ja?«, fragte sie mit unüberhörbarem Argwohn in der Stimme. »Natürlich habe ich das.«
Das könnte leichter werden als gedacht. »Frauen machen heute in der Tat sehr große Fortschritte.«
Sie nickte heftig. »Oh ja, das tun wir.«
»Das Thema Mitgliedschaft ist auf jeden Fall eine Diskussion wert.«
Die Lady sah ihn prüfend an. »Dann darf ich also mit Ihrer Unterstützung rechnen?«
»Ganz sicher nicht!«, dröhnte Sir Hugos Stimme hinter ihr.
Miss Bramhall schnaubte ärgerlich und drehte sich zu dem Vorsitzenden um. »Ich glaube nicht, dass dieses Gespräch Sie etwas angeht.«
»Mich geht alles etwas an, was mit dem Funktionieren dieser Gesellschaft zu tun hat.«
Sebastian bemerkte, dass sich die Leute um ihn zerstreut hatten. Offensichtlich wollte niemand etwas mit dieser Auseinandersetzung zu tun haben. Und er auch nicht. Er trat klugerweise einen Schritt zurück.
»Sir Sebastian hat mit dieser Diskussion nichts zu tun«, bellte Sir Hugo. »Großer Gott, er ist ja nicht einmal ein Vorstandsmitglied!«
»Und er will auch gar keins sein«, murmelte Sebastian.
Miss Bramhall straffte sich wie ein Krieger vor dem Kampf. »Ist er ein angesehenes Mitglied dieser Gesellschaft, oder nicht?«
Sir Hugo schnaubte. »Sie wissen sehr gut, dass er es ist.«
»Und ist er nicht eines Ihrer am meisten geachteten und bekanntesten Mitglieder?«
»Wir haben andere Mitglieder, die weit mehr geleistet haben.«
»Das hört man doch immer gern«, murmelte Sebastian und trat einen weiteren diskreten Schritt zurück. Mit etwas Glück würde er gleich unbemerkt verschwinden können.
»Ungeachtet dessen sollte sowohl seine Meinung als auch die aller anderen Mitglieder respektiert werden.« Miss Bramhalls kniff die Augen zusammen. »Sind sie nicht auch dieser Meinung?«
»Bei uns ist die Meinung eines jeden Mitglieds hoch geschätzt«, sagte Sir Hugo von oben herab. »Jedes Mitglied, ungeachtet seiner Leistungen, hat ein Mitspracherecht bei allen Belangen dieser Gesellschaft. Und würde ich über dieses Thema abstimmen lassen …« Sein Blick ließ Miss Bramhall nicht los. »Würden Sie verlieren.«
»Aha!«, rief sie und zeigte anklagend mit dem Finger auf ihn. »Weil es ein Verein ist, der ausschließlich aus Feiglingen besteht! Aus engstirnigen, ichbezogenen Männern, die in dem Sumpf und der Sicherheit der Traditionen von vor fünfzig Jahren
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