Eine Braut zu Weihnachten
wie würdest du dich fühlen?«
»Was für eine dumme Frage.« Veronica wischte die erstaunlich beunruhigende Frage beiseite. »Ich müsste darüber nachdenken …«
»Oh nein«, widersprach Julia streng. »Nachdenken ist nicht erlaubt bei diesem Spiel. Du musst mir die erste Antwort geben, die dir in den Sinn kommt.«
Veronica zog die Augenbrauen zusammen. »Das sind nicht die Spielregeln.«
»Jetzt schon«, erklärte Julia entschieden. »Außerdem sind wir in meinem Haus, und da es jetzt mein Spiel ist, musst du auch nach meinen Regeln spielen. Und da du die letzte Frage verworfen hast, beantworte mir bitte die nächste.«
»Na schön. Fahr fort.«
»Wie würdest du dich fühlen, wenn er dich beim Wort nähme?« Julia beugte sich gespannt vor. »Und sich eine andere Frau zum Heiraten suchte?«
»Na ja, dann würde ich …« Veronicas Magen krampfte sich zusammen. »Ich …«
»Ja?«
»Ich würde es hassen. Und ich würde ihn hassen. Nein, ich würde mich selbst hassen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich wäre am Boden zerstört. Und es wäre ganz und gar nur meine Schuld.« Sie hob den Kopf und schaute ihrer Freundin in die Augen. »Das kann ich nicht zulassen.«
»Nein, das kannst du nicht.«
»Ich muss etwas tun!«
»Unbedingt.«
Veronica sprang auf und begann wieder, hin und her zu gehen, aber ihre Füße vermochten kaum Schritt zu halten mit den Gedanken, die ihr durch den Kopf schossen. »Etwas … etwas … Entscheidendes.«
»Ja, ja!«
»Ich darf ihn nicht verlieren!« Aber wie hielt man einen Mann, der heiraten wollte, wenn man selbst dagegen war?
»Nein, nein, du darfst ihn nicht verlieren! Lass ihn nicht entkommen!« Erregung klang in Julias Stimme mit und brachte sie auf die Beine. »Heirate ihn, Veronica!«
»Sei nicht albern.« Veronica winkte ab. »Ich werde ihn nicht heiraten.«
»Oh.« Julia fiel auf das Sofa zurück wie ein geplatzter Luftballon.
»Aber du hast es selbst gesagt, gerade eben noch.« Die Idee, die Veronica kam, war voll ausgereift und absolut perfekt. »Du bist brillant, Julia! Geradezu genial!«
»Ich sagte, du sollst ihn heiraten«, erinnerte Julia sie vorsichtig.
»Julia, Liebling, du bist eine liebe, süße, wunderbare Frau. Ich schätze mich sehr glücklich, dass du meine Freundin bist, und bin dir ewig dankbar, dass du meinen Schwager geheiratet hast.« Veronica ließ sich auf das Sofa fallen, ergriff die Hände ihrer Freundin und schaute ihr lächelnd in die Augen. »Du hast auch von einem Kompromiss gesprochen.«
Julia nickte. »Das stimmt.«
»Was ist es also, was ich tun muss?«
Julia runzelte die Stirn. »Einen Kompromiss schließen?«
»Genau.« Veronica nickte. »Sebastian will eine Ehefrau, keine Geliebte. Und ich will nicht seine Frau, aber seine Geliebte werden. Was liegt irgendwo zwischen einer Ehefrau und einer Geliebten?«
»Ein Fiasko?«
»Ganz und gar nicht.« Veronica lachte. »Oh, die Idee ist fabelhaft. Vielleicht sogar die beste, die ich jemals hatte. Weißt du, was ich werde?« Sie machte eine dramatische Pause, wie es eine solch geniale Idee verdiente. »Sebastians Verlobte!«
Julia starrte sie an. »Berichtige mich, falls ich mich irre, aber bedeutet eine Verlobung nicht, dass man irgendwann auch heiratet?«
»Irgendwann in ferner Zukunft vielleicht.« Veronica tat die Frage mit einem Achselzucken ab. »Ich kann dir, ohne mich anzustrengen, mindestens drei Paare nennen, die jahrelang verlobt gewesen sind.«
»Glaubst du nicht, dass Sebastian irgendwann auf Heiraten bestehen wird?«
»Ach, ich bin mir sicher, dass ich ihn davon ablenken kann«, erklärte Veronica mit einem verschmitzten Grinsen. »Ich kann sehr ablenkend sein. Wenn Sebastian erst einmal glaubt, ich hätte seinen Wünschen nachgegeben, dürfte es viel leichter sein, ihn zu verführen. Er wird in der Öffentlichkeit eine Verlobte haben und eine Geliebte für das stille Kämmerlein. Natürlich würde ich die Dinge lieber auf meine Art regeln, aber das mit der Verlobung ist die perfekte Lösung und ein Kompromiss vom Feinsten.«
»Veronica.« Julia schüttelte den Kopf. »Man kann den Kuchen nicht essen und ihn gleichzeitig behalten.«
»Oh, und ob ich das kann! Das kann und werde ich, meine Liebe«, entgegnete Veronica grinsend. »Und ich vermute stark, dass es Apfelkuchen mit einer unwiderstehlichen Orangenglasur sein wird.«
Kapitel Elf
V eronica blieb an der Tür zu ihrem Salon stehen und holte tief Luft. Es war fünf Tage her, seit Sebastian aus ihrem Haus
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