Eine Braut zu Weihnachten
gestürmt war. Fünf! Was war los mit ihm? War sie nicht die Frau, die er heiraten wollte?
Zugegeben, sie hatte geplant, ihm eine volle Woche Zeit zu geben, bevor sie die Sache selbst in die Hand nahm und ihn aufsuchte. Diskret natürlich. Er brauchte nicht zu wissen, dass sie sich danach sehnte, ihn zu sehen. Dass sie ihn vermisst und kaum geschlafen hatte, weil sie ihn einfach nicht aus ihrem Kopf verbannen konnte. Sie hatte sich geweigert, auch nur in Betracht zu ziehen, dass er vielleicht nicht wiederkommen würde, und trotzdem beschlich sie der Gedanke immer wieder. Eine scheinbar zufällige Begegnung, die jedoch genauestens geplant war, erschien ihr wie das Beste. Aber auch einfach vor seiner Tür zu erscheinen und Einlass zu verlangen, das besaß einen gewissen Reiz.
Sie war entschlossen gewesen, die ganze Woche abzuwarten, obwohl jeder Tag sich als noch schwieriger als der vorherige erwies. Veronica gab offen zu, dass mangelnde Geduld einer ihrer größten Fehler war. Sie hatte sich die Zeit mit Lesen vertrieben und alle drei Bücher von Sebastian ein zweites Mal gelesen. Da sie den Autor nun persönlich kannte, gefielen sie ihr jetzt sogar noch besser. Sie konnte seine Stimme in seinen Worten hören. Es war, als wäre er bei ihr im Zimmer und erzählte ihr seine Geschichten von Reisen und Abenteuern. Man sollte meinen, dass sie dann auch von seinen Abenteuern träumen würde, aber in den kurzen Momenten, in denen sie Schlaf fand, träumte sie von dem, was noch nicht zwischen ihnen geschehen war. Von seinen Lippen an ihrem Nacken, seinen Händen, die streichelnd über ihren Körper glitten, von der Hitze seiner Haut an ihrer und ihre ineinandergeschlungenen Beine. Sie erschauerte und verdrängte diese hartnäckigen Bilder.
Sie hatte auch geprobt, was sie ihm sagen würde, obwohl nichts davon ihr wirklich richtig schien. Sollte sie sich erfreut über die Begegnung zeigen oder nur höflich sein? Sollte sie so tun, als wäre nichts zwischen ihnen gewesen, oder den Disput fortsetzen, den sie an jenem Abend begonnen hatten? Sollte sie abwarten, ob er das Thema Heirat erneut zur Sprache brachte, oder sollte sie damit beginnen? Dass er ihr unterstellt hatte, Liebhaber gehabt zu haben, wurmte sie noch immer, obwohl sie es ihm angesichts des Angebots, das sie ihm gemacht hatte, eigentlich nicht verübeln konnte. Aber eine Entschuldigung war dennoch angebracht, fand sie, und sobald er sich dazu durchgerungen hatte, würde sie es auch tun, obwohl sie sich außer dem Verlust ihrer Beherrschung im Grunde gar nichts vorzuwerfen hatte.
Und nun, da er sich in ihrem Salon befand und auf sie wartete, hatte sie trotz der vielen Stunden des Überlegens, was sie sagen sollte und was nicht, keine Ahnung, wie sie beginnen sollte. Oder was sie zu erwarten hatte. Wie schlug man eine Verlobung vor, ohne einer Heirat zuzustimmen? Sie hasste es, unnötig zu lügen – doch solange er sich auf der einen Seite der Tür befand und sie auf der anderen, würden sie nichts erreichen. Ihr würde schon noch etwas einfallen. Verärgert über ihre Unsicherheit straffte sie die Schultern.
Entschlossen öffnete sie die Tür, setzte ein freundliches, aber unverbindliches Lächeln auf und betrat den Salon. Im ersten Moment sah sie Sebastian nur von hinten, da er im Zimmer auf und ab ging, und sofort wurde ihr ein wenig leichter ums Herz, da dies nicht das Verhalten eines Mannes war, der sich seiner Sache völlig sicher war. Veronica wurde von dem fast unwiderstehlichen Impuls erfasst, zu ihm zu gehen, die Hände auf seine breiten Schultern zu legen und seinen Nacken zu küssen.
Aber sie nahm sich zusammen und schlug ihren aufgeräumtesten Ton an. »Guten Tag, Sebastian.«
Er drehte sich zu ihr um und nickte ihr mit einem Lächeln zu, das genauso freundlich wie das ihre war. »Guten Tag, Veronica.«
»Guter Gott«, sagte sie, als ihr Blick über ihn glitt. »Sie sehen ja furchtbar aus.«
Er zuckte zusammen. »So schlimm?«
»Nun …« Er sah müde, abgekämpft und leicht zerknittert um die blauen Augen aus. »Ja. So schlimm.« Plötzlich stockte ihr der Atem. »Gott, Gütiger, Sie sind doch hoffentlich nicht krank? Sie haben doch wohl nicht Malaria oder irgendeine andere Tropenkrankheit? Wie eine dieser parasitären Erkrankungen, bei denen Würmer die Haut durchbohren?«
Sebastian runzelte die Stirn. »Würmer?«
»Sie wissen schon, was ich meine. Am Amazonas gibt es Insekten, die einem Eier unter die Haut legen, und dann …« Sie
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