Eine Braut zu Weihnachten
Wochen Ehe hatten äußerst interessante Auswirkungen auf Julia gehabt.
»Also, Veronica«, sagte sie in beiläufigem Ton, »was willst du dann?«
»Eine Orange«, erwiderte Veronica spontan.
»Das dachte ich mir.« Mit einem triumphierenden Lächeln ließ Julia sich in die Polster zurücksinken.
»Es ist eine Metapher, Julia, das weiß ich«, sagte Veronica verstimmt. »Und ich mag tatsächlich lieber Äpfel.«
»Dann solltest du dir einen Apfel suchen.«
»Das habe ich getan! Ich dachte wirklich, ich hätte den perfekten, köstlichsten Apfel gefunden. Er sah sogar aus wie ein Apfel mit seinem wunderbaren Lächeln, dem nicht einmal die Grübchen fehlten«, sagte Veronica schmunzelnd. »Er war wie der Apfel aus dem Paradies. In jeder Hinsicht.« Veronica verschränkte die Arme vor der Brust. »Wer hätte gedacht, dass er sich als Orange entpuppen würde?«
»Julia, ich dachte gerade …« Harrison kam hereingeschlendert und verhielt abrupt den Schritt, als er die Frau seines verstorbenen Bruders sah. »Veronica!« Sein Mund verzog sich zu einem aufrichtigen Lächeln. »Ich wusste nicht, dass du hier bist. Wie schön, dass du uns besuchst.«
»Guten Tag, Harrison.« Veronica schenkte ihm ein schwaches Lächeln. In den vergangenen Monaten hatten sie und Harrison eine neue Beziehung zueinander aufgebaut, zum Teil aufgrund der Tatsache, dass er Veronica um Hilfe gebeten hatte, als er Julia umwarb. Während er einst nur Charles’ überkorrekter und langweiliger Halbbruder gewesen war und sie die lästige Witwe seines Bruders, betrachteten sie einander heute als den Bruder und die Schwester, die beide nie gehabt hatten. Doch obschon sich Harrisons Einstellung zu den Regeln des Anstands ein wenig gelockert hatte, wollte Veronica ihn nicht auf die Probe stellen, indem sie ihn in ausgerechnet diese Unterhaltung einbezog.
Sein Blick glitt von Veronica zu seiner Frau, und seine Augen wurden schmal. »Was ist?«
»Ach, wir haben nur eine kleine Meinungsverschiedenheit«, erwiderte Veronica leichthin.
»Wir sprachen über Obst, Liebling.« Julia lächelte ihren Mann an, und ein äußerst seltsames Gefühl des Neids zog Veronica den Magen zusammen.
»Obst?« Er zog fragend eine Braue hoch.
»Hauptsächlich über Orangen.« Julia verkniff sich ein Grinsen. »Deine Schwägerin liebt nichts mehr als eine schöne, saftige Orange.«
»Tue ich nicht!«, fauchte Veronica. »Ich mag viel lieber Äpfel. Ich mochte schon immer lieber Äpfel. Und Äpfel sind es, was ich will.«
»Es sei denn, die Orange ist sehr, sehr saftig und sehr süß.« Julia warf Veronica einen Blick zu. »Und leicht zu schälen.«
Veronica kniff die Augen zusammen. »Äpfel.«
»Ich persönlich mochte ja immer Birnen, aber ich fürchte, ich will gar nicht wissen, worüber ihr tatsächlich sprecht.« Harrison suchte den Blick seiner Frau. »Oder?«
Julia schüttelte den Kopf. »Nein, Liebling. Es würde dich nur verärgern.«
»Das dachte ich mir doch.« Er trat neben seine Frau, beugte sich über sie und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Und Julia errötete zart. Wieder empfand Veronica so etwas wie Neid. Harrison straffte sich, warf einen Blick auf seine Frau, der sich nur als hungrig beschreiben ließ, und wandte sich an seine Schwägerin. »Dann werde ich mich verabschieden und euch beide klären lassen, was immer es auch ist, was ihr zu klären habt.«
»Ja, das ist wohl auch das Beste.« Mit einem verstohlenen Lächeln um die Mundwinkel sah Julia ihrem Mann nach, als er den Raum verließ.
»Mein Gott, Julia.« Veronica verdrehte die Augen. »Es ist zurzeit nicht leicht, mit dir und Harrison zusammen zu sein.«
»Wirklich?« Jetzt grinste Julia sie ganz offen an. »Wie erfreulich.«
» Erfreulich ist nicht das Wort, das ich benutzen würde«, gab Veronica scharf zurück und seufzte dann. »Entschuldige. Ich bin sehr froh, dass ihr so glücklich seid.«
»Ich hätte nie gedacht, dass ich es sein würde«, gestand Julia ihr lächelnd. »Ich wusste nicht einmal, dass so etwas möglich war.« Mit einem eindringlichen Blick auf ihre Freundin fügte sie hinzu: »Du könntest genauso glücklich sein.«
»Das wäre ich auch gern. Und ich hatte wirklich gedacht, ich würde es bald sein.« Veronicas Augen wurden schmal. »Aber er spielt nicht mit, dieser verdammte Kerl.«
»Ja, genau.« Julia nickte. »Was für ein abscheulicher Mensch. Er ist doch tatsächlich so unverschämt, dich heiraten zu wollen!«
»Du kannst dir deinen Sarkasmus
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