Eine dunkle Geschichte (German Edition)
in zwei grauen Tönen bemalt. Die Füllungen über den vier Türen zeigten Grisaillemalereien, wie sie unter Ludwig XV. Mode waren.
In Troyes hatte der Biedermann vergoldete Konsolen, Möbel aus grüner Seide, einen Krystallleuchter, einen eingelegten Spieltisch und alles gefunden, was zur Widereinrichtung von Cinq-Cygne dienen konnte. 1792 war die ganze Einrichtung des Schlosses geraubt worden, denn die Plünderung der Stadthäuser fand ihr Gegenspiel auf dem Lande. Von jeder Reise nach Troyes brachte der alte Herr ein paar Überreste des alten Glanzes zurück, bald einen schönen Teppich wie den, der den Fußboden des Salons bedeckte, bald einen Satz Geschirr oder altes Meißner und Sèvres-Porzellan. Seit einem halben Jahre hatte er gewagt, das Silber von Cinq-Cygne auszugraben, das der Koch in einem ihm gehörenden Häuschen am Ende einer der langen Vorstädte von Troyes vergraben hatte.
Dieser treue Diener namens Durieu und seine Frau waren ihrer jungen Herrin in all ihren Schicksalen gefolgt. Durieu war das Faktotum des Schlosses und seine Frau die Wirtschafterin. Zur Hilfe in der Küche hatte Durieu Katharinas Schwester, der er seine Kunst beibrachte, so daß sie eine ausgezeichnete Köchin wurde. Ein alter Gärtner, dessen Frau, sein Sohn, der als Tagelöhner arbeitete, und seine Tochter, die als Kuhmagd diente, vervollständigten das Gesinde des Schlosses. Seit einem halben Jahre hatte die Durieu für den Gärtnerssohn und für Gotthard, heimlich Livreen in den Farben der Cinq-Cygnes machen lassen. Der Edelmann schalt sie ob dieser Unvorsichtigkeit zwar sehr aus, aber sie hatte doch das Vergnügen, am Sankt-Lorenztage, dem Namenstag der jungen Gräfin, das Festmahl fast wie früher servieren zu sehen. Diese mühsame und langsame Wiederherstellung aller Dinge bildete die Freude der Hauteserre und der Darieus. Laurence lächelte über diese Kindereien, wie sie es nannte. Aber der biedere Hauteserre dachte auch an die Hauptsache: er besserte die Gebäude aus, richtete die Mauern wieder auf, pflanzte überall an, wo Aussicht bestand, daß ein Baum gedieh, und ließ keinen Zoll des Bodens unbenutzt. Und so sah man ihn denn im Tal von Cinq-Cygne als landwirtschaftliches Orakel an. Er hatte es verstanden, hundert Morgen strittigen und unverkauften Bodens zurückzuerlangen, die die Gemeinde sich angeeignet hatte. Er hatte sie in künstliche Wiesen verwandelt, die das Vieh des Schlosses ernährten, und sie mit Pappeln eingefaßt, die seit sechs Jahren prächtig gediehen. Er ging damit um, noch ein paar Äcker zurückzukaufen und alle Gebäude des Schlosses auszunutzen, indem er einen zweiten Pachthof anlegte, den er selbst bewirtschaften wollte.
Das Leben auf dem Schlosse war also seit zwei Jahren beinahe glücklich geworden. Herr von Hauteserre brach bei Sonnenaufgang auf und überwachte seine Arbeiter, denn er beschäftigte stets Leute. Zum Frühstück kehrte er heim, bestieg dann einen Pächtersgaul und machte seine Runde wie ein Aufseher; dann kehrte er zur Hauptmahlzeit zurück und beschloß seinen Tag mit der Bostonpartie. Alle Schloßbewohner hatten ihre Beschäftigung; das Leben war geregelt wie in einem Kloster. Nur Laurence brachte Unruhe hinein durch ihre plötzlichen Reisen, ihre Abwesenheiten, durch das, was Frau von Hauteserre ihre Streiche nannte. Dennoch gab es in Cinq-Cygne zwei politische Parteien und Anlässe zu Zwist. Zunächst waren Durieu und dessen Frau eifersüchtig auf Gotthard und Katharina, die mit ihrer jungen Herrin, dem Idol des Schlosses, auf vertrauterem Fuße standen als sie selbst. Dann wünschten die beiden Hauteserres, von dem Pfarrer und Fräulein Goujet unterstützt, daß ihre Söhne und die Zwillinge Simeuse heimkehrten und an dem Glück dieses friedlichen Lebens teilnähmen, statt sich im Ausland kümmerlich durchzuschlagen. Laurence bekämpfte diesen schmählichen Kompromiß; sie vertrat den reinen, kriegerischen und unversöhnlichen Royalismus. Die vier alten Leutchen, die dies glückliche Leben nicht mehr gefährdet sehen und diesen Erdenwinkel nicht preisgeben wollten, den sie den wütenden Fluten der Revolution abgerungen hatten, suchten Laurence zu ihren wahrhaft verständigen Lehren zu bekehren, denn sie erkannten wohl, daß Laurence an dem Widerstand ihrer Söhne und der beiden Simeuses gegen eine Rückkehr nach Frankreich stark beteiligt war. Die stolze Geringschätzung ihres Mündels erschreckte die armen Leutchen, die sich in ihrer Befürchtung vor einem tollen
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