Eine dunkle Geschichte (German Edition)
dieses großen Staatsmannes erkannt hatte, gab er ihm das Polizeiministerium zurück. Später erschrak er über die Talente, die Fouché in seiner Abwesenheit in der Affäre Walcheren entfaltete, und gab dies Ministerium dem Herzog von Rovigo, während er Fouché, den Herzog von Otranto, als Gouverneur in die illyrischen Provinzen schickte – ein richtiges Exil.
Dieser eigenartige Geist, der Napoleon eine Art Schrecken einjagte, zeigte sich bei Fouché nicht mit einemmal. Das unbekannte Konventsmitglied, einer der außerordentlichsten und am falschesten beurteilten Männer jener Zeit, entwickelte sich in den Stürmen der Revolution. Unter dem Direktorium erhob er sich zu der Höhe, von der tiefe Menschen die Zukunft aus der Vergangenheit erschließen. Dann gab er plötzlich, wie manche mittelmäßigen Schauspieler, die durch eine plötzliche Erleuchtung hervorragend werden, Proben von Geschicklichkeit während der raschen Revolution des achtzehnten Brumaire. Dieser blasse Mensch, der in klösterlicher Verstellung aufgewachsen war, der die Geheimnisse der Bergpartei, der er angehörte, und die der Royalisten kannte, denen er sich zuletzt anschloß, hatte langsam und schweigsam die Dinge und Menschen und die Interessen der politischen Bühne studiert. Er durchschaute Bonapartes Geheimnisse, gab ihm nützliche Ratschläge und wertvolle Auskünfte. Zufrieden, seine Geschicklichkeit und Nützlichkeit gezeigt zu haben, hatte Fouché sich wohl gehütet, sich ganz zu offenbaren. Er wollte in leitender Stellung bleiben, aber Napoleons Unsicherheit ihm gegenüber gab ihm seine politische Freiheit zurück. Die Undankbarkeit oder besser das Mißtrauen des Kaisers nach der Affäre von Walcheren erklärt diesen Mann, der zu seinem Unglück kein vornehmer Herr war und dessen Benehmen doch ein Abklatsch des Fürsten von Talleyrand war. In jenem Augenblick ahnten weder seine alten noch seine neuen Kollegen den Umfang seines Geistes, eines reinen ministeriellen und Regierungsgenies, das alles richtig voraussah und von unglaublichem Scharfblick war. Gewiß ist heute für jeden unparteiischen Geschichtsschreiber Napoleons übermäßige Eigenliebe eine der tausend Ursachen seines Sturzes, der übrigens all sein Unrecht grausam gesühnt hat. Dieser mißtrauische Herrscher besaß eine große Eifersucht auf seine junge Macht, die seine Handlungen ebenso beeinflußte wie sein geheimer Haß auf alle geschickten Leute, die das kostbare Erbteil der Revolution waren und aus denen er sich ein Kabinett hätte zusammenstellen können, das der Träger seiner Ideen war. Talleyrand und Fouché waren nicht die einzigen, die seinen Argwohn erregten. Nun gehört es zum Unglück der Usurpatoren, daß sie sowohl die zu Feinden haben, die ihnen die Krone gegeben haben, wie die, denen sie sie genommen haben. Nie überzeugte Napoleon seine früheren Vorgesetzten und Gleichgestellten, noch die, welche am Rechte festhielten, von seiner Souveränität. Somit hielt sich niemand durch seinen Eid an ihn gebunden. Ein mittelmäßiger Mensch, wie Malin, der unfähig war, Fouchés düsteres Genie zu erfassen oder seinem raschen Blick zu mißtrauen, verbrannte sich wie ein Schmetterling am Licht, als er ihn vertraulich bat, ihm Agenten nach Gondreville zu schicken, wo er, wie er sagte, Aufschlüsse über die Verschwörung zu finden hoffte. Ohne seinen Freund durch eine Frage stutzig zu machen, fragte er sich, warum Malin nach Gondreville wollte, warum er die Auskünfte, die er haben mochte, nicht gleich in Paris gab. Der ehemalige Oratorianer, der die Schule der Durchtriebenheit durchgemacht hatte und über das Doppelspiel vieler Konventsmitglieder Bescheid wußte, sagte sich:
»Durch wen kann Malin etwas wissen, wenn wir noch nicht viel wissen?«
Fouché schloß also auf eine geheime oder abwartende Mitwisserschaft und hütete sich wohl, dem Ersten Konsul etwas zu sagen. Er wollte sich Malin lieber zum Werkzeug machen als ihn verlieren. Derart behielt Fouche einen großen Teil der von ihm entdeckten Geheimnisse für sich und schuf sich eine Macht über die Menschen, die größer war als die Bonapartes. Diese Doppelzüngigkeit war eine der Vorwürfe Napoleons gegen seinen Minister. Fouché kannte die Gaunereien, denen Malin sein Landgut Gondreville verdankte und die ihn zur Überwachung der Herren von Simeuse zwangen. Die dienten im Heere Condés; Fräulein von Cinq-Cygne war ihre Base; sie konnten sich also in der Gegend befinden und an dem Unternehmen beteiligt
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