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Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Titel: Eine dunkle Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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zum Beispiel mich, und beauftragte ihn, Malin gegen Anerkennung des Verkaufs von Gondreville eine Million abzufordern... Oh! er würde einwilligen und die Sache geheimhalten. Sie hätten dann beim jetzigen Zinsfuß der Staatspapiere hunderttausend Franken Jahresrente und könnten sich in irgendeinem andern Winkel Frankreichs ein schönes Landgut kaufen. Sie ließen Cinq-Cygne durch Herrn von Hauteserre verwalten und losten darum, wer von Ihnen beiden der Gatte dieser schönen Erbin sein soll. Aber die Rede eines Greises klingt den jungen Leuten ebenso ins Ohr wie die Rede junger Leute den Greisen: es ist ein Geräusch, dessen Sinn einem entgeht.«
    Der alte Marquis gab seinen drei Verwandten einen Wink, daß er keine Antwort wünschte, und kehrte in den Salon zurück, in dem während seiner Abwesenheit der Abbé Goujet mit seiner Schwester erschienen war. Der Vorschlag, über die Hand ihrer Base zu losen, hatte die beiden Simeuses empört, und Laurence fühlte sich von der bitteren Arznei angeekelt, die ihr Verwandter ihr anriet. Und so waren denn alle drei weniger freundlich gegen den Greis, ohne es an Höflichkeit fehlen zu lassen. Die Herzlichkeit war gestört. Herr von Chargeboeuf merkte diese Kälte und warf mehrmals mitleidige Blicke auf diese drei reizenden Menschen. Obgleich die Unterhaltung allgemein wurde, kam er auf die Notwendigkeit zurück, sich den Ereignissen zu fügen, und lobte Herrn von Hauteserre für seinen beharrlichen Wunsch, daß seine Söhne Dienste nahmen.
    »Bonaparte«, sagte er, »ernennt Herzöge. Er hat kaiserliche Lehen geschaffen; er wird Grafen ernennen. Malin möchte Graf von Gondreville werden. Das ist ein Gedanke,« setzte er mit einem Blick auf die Herren von Simeuse hinzu, »der Ihnen Nutzen bringen kann.«
    »Oder Unheil«, bemerkte Laurence.
    Sobald seine Pferde angespannt waren, brach der Marquis auf, und alle gaben ihm das Geleit. Als er im Wagen saß, winkte er Laurence zu sich heran, und leicht wie ein Vogel sprang sie auf das Trittbrett.
    »Sie sind keine Durchschnittsfrau, und Sie sollten mich verstehen«, sagte er ihr ins Ohr. »Malin hat zuviel Gewissensbisse, um Sie in Frieden zu lassen; er wird Ihnen irgendeine Falle stellen. Wenigstens achten Sie auf alle Ihre Handlungen, auch auf die geringsten! Kurz, vergleichen Sie sich, das ist mein letztes Wort.«
    Die beiden Brüder blieben neben ihrer Base mitten auf der Wiese stehen und blickten starr dem Wagen nach, der um das Gitter herumbog und auf dem Wege nach Troyes davonfuhr; denn Laurence hatte ihnen das letzte Wort des Biedermanns wiederholt. Die Erfahrung wird stets unrecht haben, wenn sie sich in einer Halbberline, in gemusterten Strümpfen und mit einem Haarbeutel im Nacken zeigt. Keins dieser jungen Herzen konnte die Wandlung begreifen, die sich in Frankreich vollzog. Entrüstung zitterte in ihren Nerven, und in aller Adern kochte ihr adliges Blut und ihr Ehrgefühl.
    »Das Haupt der Chargeboeufs!« sagte der Marquis von Simeuse, »ein Mann, der die Devise hat: Adsit fortior! Es komme ein Stärkerer! einen der schönsten Kriegsrufe...«
    »Er ist zum Boeuf (Ochsen) geworden«, sagte Laurence bitter.
    »Wir sind nicht mehr in der Zeit Ludwigs des Heiligen!« versetzte der jüngere Simeuse.
    »Singend sterben!« rief die Gräfin. »Dieser Ruf der fünf Jungfrauen, die unser Haus begründeten, soll auch der meine sein.«
    »Ist der unsre nicht: Hier stirb! Also Pardon wird nicht gegeben!« fuhr der ältere Simeuse fort. Denn recht bedacht, müssen wir finden, daß unser Verwandter Le Boeuf das, was er uns eben sagte, gründlich wiedergekäut hat. Gondreville als Name eines Malin!«
    »Als Wohnsitz!« rief der Jüngere aus.
    »Der große Mansard hat den Bau für den Adel entworfen, und das Volk sollte darin nisten!« sagte der Ältere.
    »Wenn das geschähe, so sähe ich Gondreville lieber in Flammen aufgehen!« rief Fräulein von Cinq-Cygne aus.
    Ein Mann aus dem Dorfe, der ein Kalb besichtigen kam, das der biedere Hauteserre ihm verkaufen wollte, hörte diesen Satz beim Verlassen des Stalles.
    »Wir wollen hineingehen«, sagte Laurence lächelnd. »Fast hätten wir eine Unvorsichtigkeit begangen und dem Boeuf (Ochsen) aus Anlaß eines Kalbes recht gegeben.«
    »Mein armer Michu,« sagte sie, als sie den Salon betraten, »ich hatte deinen Streich schon vergessen. Aber wir stehen in der Gegend nicht im Geruch der Heiligkeit; also stelle uns nicht bloß. Hast du dir sonst noch irgendeine kleine Sünde

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