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Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Eine dunkle Geschichte (German Edition)

Titel: Eine dunkle Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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auszubessern?«
    »Herr von Hauteserre hatte mich gescholten!«
    »Aber,« sagte der öffentliche Ankläger, »wenn Sie den Kalk zu dem Zaune verwendet haben, so haben Sie doch einen Kübel und eine Kelle gebraucht. Wenn Sie nun so bald zu Herrn von Hauteserre gegangen sind, um ihm zu melden, Sie hätten seinen Befehl ausgeführt, so können Sie unmöglich erklären, warum Gotthard Ihnen noch Kalk brachte. Sie müssen doch an Ihrem Pachthof vorbeigegangen sein; dann hätten Sie da Ihre Werkzeuge abgelegt und Gotthard Bescheid gesagt.«
    Bei diesen niederschmetternden Argumenten entstand furchtbare Stille im Zuschauerraum.
    »Nun, gestehen Sie,« fuhr der Ankläger fort, »es war nicht ein Pfosten, den Sie eingemauert haben...«
    »Glauben Sie denn den Senator?« fragte Michu mit tief ironischer Miene.
    Herr von Granville bat den öffentlichen Ankläger in aller Form, sich hierüber zu erklären. Michu sei der Entführung, der Freiheitsberaubung angeklagt, aber nicht des Mordes. Nichts war bedeutungsvoller als diese Zwischenfrage. Nach dem Gesetzbuch vom Brumaire des Jahres IV war es dem öffentlichen Ankläger verboten, während der Verhandlungen irgendeinen neuen Klagepunkt einzuführen. Er mußte sich bei Strafe der Nichtigkeit an den Wortlaut der Anklageschrift halten. Der öffentliche Ankläger gab zur Antwort, daß Michu als Haupturheber des Attentats, der im Interesse seiner Herren die ganze Verantwortung auf sich genommen habe, es wohl hätte nötig haben können, den Eingang des noch unbekannten Ortes, wo der Senator schmachtete, zu vermauern. Mit Fragen bedrängt, vor Gotthard gequält und in Selbstwidersprüche verwickelt, schlug Michu mit der Faust wütend auf das Geländer der Angeklagtentribüne und sagte:
    »Ich habe mit der Entführung des Senators nichts zu tun. Ich glaube gern, daß seine Feinde ihn einfach eingesperrt haben. Aber wenn er wieder auftaucht, werden Sie sehen, daß der Kalk zu nichts hat dienen können.«
    »Gut!« sagte der Advokat und wandte sich an den öffentlichen Ankläger; »Sie haben für die Verteidigung meines Klienten mehr getan, als ich hätte sagen können.«
    Mit dieser dreisten Behauptung, die die Geschworenen überraschte und der Verteidigung einen Vorteil gab, wurde die erste Sitzung aufgehoben. Und so beglückwünschten die Advokaten der Stadt und Bordin den jungen Verteidiger begeistert. Der öffentliche Ankläger, ob dieser Behauptung beunruhigt, fürchtete in eine Falle gegangen zu sein, und in der Tat war er in eine von den Verteidigern sehr geschickt gestellte Schlinge gefallen, wobei Gotthard seine Rolle wunderbar gespielt hatte. Die Witzbolde der Stadt sagten, man hätte die Sache wieder ausgebessert, der öffentliche Ankläger hätte den Kalk schlecht gerührt und die Simeuses würden schlohweiß wie Kalk werden. In Frankreich gehört alles ins Bereich des Scherzes: er ist der König. Man scherzt auf dem Schafott, an der Beresina, auf den Barrikaden, und irgendein Franzose wird gewiß vor dem großen Gerichtshof des Jüngsten Gerichts noch Witze machen.
    Am nächsten Tage wurden die Belastungszeugen vernommen: Frau Marion, Frau Grévin, ihr Gatte, der Kammerdiener des Senators und Violette, dessen Aussagen nach den Ereignissen leicht vorzustellen sind. Alle erkannten die fünf Angeklagten wieder, die vier Edelleute mehr oder weniger zögernd, aber Michu mit Bestimmtheit. Beauvisage gab die Worte an, die Herrn von Hauteserre entschlüpft waren. Der Bauer, der das Kalb hatte kaufen wollen, wiederholte die Worte des Fräuleins von Cinq-Cygne. Die Sachverständigen bestätigten bei ihrer Vernehmung ihren Bericht über den Vergleich der Hufspuren mit den Eisen der Pferde der vier Edelleute, die nach der Anklage völlig übereinstimmten. Dieser Umstand gab natürlich Anlaß zu einer heftigen Debatte zwischen Herrn von Granville und dem öffentlichen Ankläger. Der Verteidiger nahm den Hufschmied von Cinq-Cygne beiseite und konnte in der Verhandlung feststellen, daß gleiche Hufeisen ein paar Tage zuvor an landfremde Leute verkauft worden waren. Außerdem erklärte der Hufschmied, daß er derart nicht nur die Pferde des Schlosses von Cinq-Cygne, sondern viele andre im Kreise beschlüge. Schließlich war Michus Pferd ausnahmsweise in Troyes beschlagen worden, und diese Hufspur befand sich unter den im Park festgestellten nicht.
    »Michus Doppelgänger kannte diesen Umstand nicht«, sagte Herr von Granville, die Geschworenen anblickend, »und die Anklage hat nicht

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