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Eine ehrbare Familie

Titel: Eine ehrbare Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Gardener
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als die beiden den Salon betraten. James hielt sich torkelnd an Dick fest, der seinerseits lächelte.
    «Jemand hat mich reingelegt, Sara, ich... mir ist... ich muß ins Bett...»
    «Der Wein hat dich reingelegt, James. Du bist betrunken wie tausend Mann. Verzieh dich - aber schnell.» Sara lächelte Dick Farthing an.
    James schwankte unsicher zur Tür. «Reingelegt», wiederholte er. «Nacht, Dick.» Dann stolperte er nach vorn und gab Sara ungeschickt einen Wangenkuß. «Gut’n Nacht Schwester, Stiefmutter, Totschlägerin von Gutsverwaltern. Jeder Abschied ist ein kleiner Tod... oder sowas ähnliches.»
    «Zu Bett, James.» Sara lachte. Nachdem sich die Tür geschlossen hatte, sagte sie besorgt zu Dick: «Meinen Sie, er kann morgen fliegen?»
    Dick ließ sich in einen Sessel fallen.« Der Junge ist an Alkohol nicht gewöhnt.» Sein Mund verzog sich verächtlich. «Und er hat, wie Sie gesehen haben, nicht einmal viel getrunken. Aber er wird sich seinen Rausch schon ausschlafen. Und morgen früh wird ihm der kalte Wind dort oben auch noch die letzten Alkoholnebel vertreiben. Das Herz schlägt schneller, wenn man die Verantwortung für ein Flugzeug hat. Der Tod sitzt immer mit auf dem Pilotensitz, Sara.»
    Sara starrte schweigend ins Feuer. Seit ihrer Kindheit hatte sie in den Flammen nicht mehr nach Gesichtern gesucht. Jetzt sah sie mehrere: häßliche, tanzende, verzerrte Gesichter.
    Nach einer Weile sagte Dick: «Sara, wie soll es weitergehen?»
    Sie wußte, was er meinte. Sie starrte weiter ins Feuer, die Wärme rötete ihre Wangen, und ein ganzes Heer von Gesichtern zog an ihrem inneren Auge vorbei.
    Obwohl Dick Farthing nur einige Male zu Besuch gekommen war, hatten sie viele Stunden miteinander verbracht und oft bis tief in die Nacht geplaudert. Und Sara verspürte immer stärker den beunruhigenden Wunsch, sich in zwei Ichs aufspalten zu können: in die liebende Ehegattin, die John umsorgte, und in die Geliebte, die sich voll und ganz diesem großen, anziehenden Amerikaner hingab.
    Er schritt durchs Zimmer, setzte sich neben sie und wiederholte: «Sara, wie soll es weitergehen?»
    Sie versuchte, der Wahrheit auszuweichen, indem sie fragte: «Was meinen Sie mit weitergehen?»
    Seine Hand strich zärtlich über ihr Haar.«Sie wissen genau, was ich meine, Sara.» Dann, nach einer fast unerträglich langen Pause, fügte er hinzu: «Letzte Woche habe ich versucht, mich mit James an einem anderen Ort zu treffen. Ich kann nicht mehr nach Redhill kommen.»
    «Nicht mehr kommen...? Sie können doch nicht einfach...»
    «Nein, vielleicht kann ich nicht...» flüsterte er. «Ich weiß nur, daß ich nicht mehr hierherkommen sollte. Ich habe Sie mehr als nur gern, Sara...»
    Sie konnte ihren Blick nicht von seinen Augen abwenden. Sie hörte ihre eigene Stimme wie aus weiter Ferne. «Ja, ich weiß, Dick...»
    «Nein, Sara, ich glaube, Sie verstehen mich falsch. Natürlich begehre ich Sie, welcher Mann täte das nicht? Aber ich will mehr, ich will das Unmögliche. Ich will Sie ganz besitzen - als meine Ehefrau.»
    Sie runzelte die Stirn, ihr Kopf schmerzte, aber sie sagte mit ruhiger Stimme ohne jede Hysterie: «Bitte besitzen Sie mich auf die einzige mögliche Weise. Ja, ich mag alles an Ihnen, und auch ich würde gern ... Aber es darf nicht sein. Wäre es denn wirklich so schlimm, wenn wir...»
    «Zusammen ins Bett gehen? Ja, ich halte das für sehr falsch. Und deshalb sollte ich nicht mehr nach Redhill kommen. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft aufbringe, der Versuchung zu widerstehen.»
    «Dann reden Sie nicht mehr von Abschiednehmen.» Ihre Stimme verriet noch immer keine Erregung, sie war zu ihrem eigenen Erstaunen innerlich völlig ruhig. «Wir tun John damit kein Leid an. Bitte, Dick, nehmen Sie mich, dann haben wir zumindest...»
    Draußen in der Halle schrillte das Telefon. Sara dachte unwillkürlich an den General, der den Apparat ein Jahr vor seinem Tod hatte installieren lassen. Dick Farthing ging zurück zu seinem Stuhl. Das Klingeln verstummte, und einen Moment später klopfte Porter an die Tür.
    «Entschuldigen Sie, wenn ich störe, Madam. Der Anruf kam von Mr. Railtons Club. Er kommt mit dem letzten Zug. Natter holt ihn vom Bahnhof ab.»
    Sara dankte dem alten Butler und fragte, ob ein spätes Abendessen für ihren Mann bereitstünde. «Ich möchte früh ins Bett gehen. Ich habe leichte Kopfschmerzen. Sagen Sie bitte Mr. John, er möge doch gleich, wenn er eintrifft, zu mir nach oben kommen.»
    Das

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