Eine ehrbare Familie
könnte Hunters Arbeit ohne weiteres mit übernehmen. Die beiden Posten sind leicht zu vereinen.»
John lächelte. «Ich wollte sowieso über Berry mit dir reden. Es ist eine Tradition in Redhill, ja mehr noch eine Notwendigkeit, daß der Gutsaufseher verheiratet ist. Der General hat bei Berry eine Ausnahme gemacht. Aber ich habe keine Lust, dies weiterzuführen. Er muß Ende des Jahres gehen.»
Sara erhob sich langsam. Sie stellte sich vor ihn hin mit erhobenem Kopf, ihre Augen glimmten stahlhart: «John» - ihre ruhige Stimme verriet eine Entschlossenheit, die John bei ihr noch nie gehört hatte - «John, du bist mein Ehemann, und ich habe dir vor dem Altar Gehorsam gelobt. Aber du bist auch der Besitzer von Redhill. Und du brauchst mich hier. Die Idee, auf dem Land zu leben, hat mir mißfallen, aber ich habe mich damit abgefunden. Ja mehr noch, es gefällt mir hier. Wenn du deine politische Karriere fortsetzen willst, mußt du mir die Leitung des Guts überlassen. Ich will dich nicht erpressen, denn du bist mein geliebter Mann, doch solltest du Bob Berry entlassen, werde ich meine Koffer packen und zurück nach London ziehen und nie mehr dieses Haus betreten. Das gleiche gilt für Hunter. Wenn du willst, daß ich bleibe, muß er gehen.»
John erwiderte erst mal nichts. Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Doch nach zwei weiteren Unterhaltungen mit Sara gab er nach. «Gut, ich werde Hunter fortschicken und ihm eine Rente zahlen. Und ich werde mit Berry reden.» Er kam sich wie ein Schwächling vor. Aber er wollte den größten Teil seiner Zeit auf die Politik verwenden. Und Sara war glücklich in Redhill. Die paar Veränderungen würden keinen Schaden anrichten.
Bob Berry seinerseits war bereits im Begriff, das Problem, das ihn seit des Generals Tod bedrückt hatte, zu lösen. Er hatte zarte Bande zu der sechzehnjährigen Tochter von Jack Calmer angeknüpft, dem besten Schlachter Haversages.
Die junge Rachel Calmer war zum ersten Mal in seinem Leben erschienen, als sie mit einem Auftrag aufs Gut geschickt worden war. Jeder andere hätte den Auftrag in zehn Minuten erledigt, Rachel hatte gut drei Stunden dafür gebraucht. Danach folgten ausgedehnte Spaziergänge mit Berry.
Rachel war ein hübsches, schlankes Mädchen mit dunklem Haar, das ihr ein fast zigeunerhaftes Aussehen gab. Auch war sie äußerst zielbewußt. Im Frühsommer teilte sie ihrem Freier mit, daß sie ein Kind von ihm erwarte.
Und damit war Bob Berrys Zukunft vorgezeichnet. Das Aufgebot wurde bestellt, und kurz danach erfolgte seine Ernennung zum Gutsverwalter.
Hunter nahm seine Entlassung ruhig auf, was viele Leute erstaunte. Aber John hatte dafür gesorgt, daß er ein jährliches Einkommen und ein Haus weit entfernt in einer anderen Grafschaft erhielt.
Giles, auf seine verschwiegene Art, war seit so vielen Jahren eine Art Ein-Mann-Geheimdienst, daß er schon seit langem keiner offiziellen Dienststelle mehr Rechenschaft schuldig war. Natürlich leitete er seine Erkenntnisse - oder zumindest den größten Teil -an die Regierung weiter, aber seine Wege waren verschlungen und oft gefährlich und führten ihn in die entlegensten Gegenden Europas.
Mit Hilfe seiner Schwiegertochter Bridget Kinread hatte sich ihm eine ergiebige neue Informationsquelle in Irland eröffnet. Doch längst bevor sein Sohn Malcolm Bridget kennengelernt hatte, war es Giles gelungen, einige Agenten in die wiederaufblühende Fenierbewegung einzuschleusen.
In der Vergangenheit hatte er seinen Vertrauensmann persönlich aufgesucht und war der Empfänger seiner Nachrichten gewesen. Der Mann hieß Declan Fearon, aber Giles hatte ihm den Decknamen «Schlange» gegeben. Ein sehr zutreffender Name, der Giles amüsiert hatte.
Und dann kam der Tag, wo Giles Railton seinen jüngeren Kollegen Vernon Kell aufsuchte, um ihn um einen Gefallen zu bitten. Er hatte auf Umwegen erfahren, daß sein Neffe Charles sich gut herausmachte, und nun schlug er vor, daß Charles zur Erweiterung seiner Kenntnisse mit dem Mann, genannt die «Schlange», Kontakt aufnehme. Es war zum ersten Mal, daß Giles diese geheime Informationsquelle preisgab, und Kell war dementsprechend beeindruckt und stimmte Giles zu, daß diese Geheimmission für Charles’ weitere Ausbildung sehr nützlich sein könne.
Und so geschah es, daß Giles Vernon Kell ins Bild setzte, der seinerseits Charles Anweisungen gab. Der Agent würde Charles an drei aufeinanderfolgenden Abenden zwischen sieben und neun Uhr in seiner Behausung
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