Eine ehrbare Familie
meine.
«Kein Polizeibeamter, meine ich, sonderbar, nicht wahr?»
Wood versuchte, Charles zu Hilfe zu kommen. «Mr. Rathbone bekleidet einen gleich hohen Rang wie Sie, Sir.» Rathbone war Charles’ Deckname.
Doves Augen schienen aus ihren Höhlen zu quellen, als Wood Charles’ hohen Rang erwähnte, dennoch knurrte er: «Arbeite ungern mit Zivilisten zusammen, kennen die Routine nicht, halten sich nicht an die Regeln. Was in einem Ort wie Cromer besonders wichtig ist. Wir haben eine Menge vornehmer Gäste hier, Leute mit Titeln. Und da ist Rücksicht geboten, verstehen Sie?»
«Ich bin an den Umgang mit hochgestellten Persönlichkeiten gewöhnt», sagte Charles mit liebenswürdigem Lächeln.
«Das wird sich herausstellen», sagte Dove hochtrabend. «Aber ich bin bereit, Ihnen meine Hilfe angedeihen zu lassen. Doch erst mal will ich wissen, warum Sie eigentlich hier sind.»
«Die Geheimpolizei und meine Dienststelle arbeiten eng zusammen -», begann Charles.
Aber Dove unterbrach ihn. «Das möchte ich erst mal von meinen eigenen Leuten hören.»
Wood sah äußerst verlegen aus. Mit einem Seitenblick auf Charles ergriff er das Wort: «Es handelt sich um einen Sonderfall, Sir. Der Krieg...»
«Ach, der Krieg» - Polizeichef Dove lächelte überlegen - «darüber brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Der ist bis Weihnachten vorbei.»
«Ob dieser Krieg an Weihnachten vorbei ist oder noch zwanzig Jahre dauert, steht hier nicht zur Debatte», sagte Charles scharf. «Wir haben es mit nächtlichen feindlichen Aktionen zu tun. Wir haben Berichte über Lichtsignale und niedrig fliegende Flugzeuge erhalten.» Charles setzte sich und fuhr fort: «Was wir von Ihnen wissen wollen, Mr. Dove: Wie oft sind Ihnen und Ihren Untergebenen solche Zwischenfälle seit Kriegsanbruch gemeldet worden?»
Dove murmelte, er würde den zuständigen Beamten, Inspektor Partridge, holen, und stampfte wütend aus dem Büro.
Als er zurückkehrte, versuchte er, seine Besorgnis zu verbergen. «Wenn den Berichten nicht nachgegangen wurde, werde ich überprüfen, warum nicht...»
«Genau wie wir», sagte Charles feindselig. «Desgleichen unsere Vorgesetzten. Wie ich Ihnen schon sagte...» Ein Klopfen an der Tür kündigte die Ankunft von Inspektor Partridge an. Charles erkannte sofort, daß er ein tüchtiger, ehrgeiziger und erfahrener Polizeibeamter war. Er erwies sich als eine ergiebige Informationsquelle. Es stellte sich bald heraus, daß Partridge den Berichten und Gerüchten sorgfältig nachgegangen war, ohne sich um seinen wichtigtuerischen Chef zu kümmern, den er offensichtlich verachtete.
«Wir werden überschwemmt mit den seltsamsten Geschichten.»
Der Inspektor hatte eine unbefangene Art zu sprechen und ließ sich von der Gegenwart seines Chefs nicht einschüchtern. «Die meisten davon sind Hirngespinste, aber es gab auch einige interessante Hinweise, wie etwa die Lichtsignale, Sir, aus der Richtung des Golfplatzes dicht bei der Küste, in der Nähe von Overstrand. Es gibt da einen Kellner im Hotel de Paris. Er arbeitet seit einem Jahr dort. Letzte Woche hat er sich auf Grund des neuen Ausländergesetzes bei uns gemeldet. Er ist holländischer Staatsangehöriger, aber wir wissen, daß er sich einbürgern lassen will. Seit er hier ankam, spricht er davon -»
Wood fragte schnell: «Der Name?»
«Sklave. Joost van Sklave.»
«Ich wette von Sklave.» Wood stand auf. «Darf ich Ihr Telefon benutzen? Ich werde die Einbürgerungspapiere überprüfen lassen und Erkundigungen beim Ausländermeldeamt einholen.»
Partridge hob abwehrend die Hand. «Bitte, hören Sie mich bis zu Ende an. Sklave weiß nicht, daß ich ihn habe beobachten lassen. Zwei Dinge an ihm sind auffallend. Er fährt alle zwei Wochen nach Norwich, wo er eine Frau namens Hilda Fox besucht. Die Frau kam vor fünf Jahren hier an. Ihr richtiger Name ist Hilda Fuchs.»
«Ich werde auch sie überprüfen lassen», sagte Wood, aber Partridge hielt ihn zum zweiten Mal zurück.
«Ich bin noch nicht am Ende. Sklave hat die Gewohnheit, lange Spaziergänge zu machen, besonders nachts, er dehnt sie sogar bis zum Golfplatz in der Nähe von Overstrand an der Küste aus.»
«Haben Sie ihn erwischt?» Charles beugte sich gespannt vor.
«Nein, wir haben ihn bei nichts erwischt. Aber wir wissen, daß er eine sehr starke Signallampe besitzt. Hilft Ihnen das weiter?»
«Vielleicht.» Charles wandte sich an Wood. «Brian, vielleicht fragen Sie doch besser beim Ausländermeldeamt an,
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