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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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Rote Garde von Vartsala aufgenommen zu werden, berichtet hatte.
    Sofort zog er sich die Jacke an. Sie nahmen das Pferd, das für das Komitee reserviert und fertig angespannt samt Schlitten vor dem Bahnhof stand, und fuhren in vollem Tempo zum Hotel Salo, das als Hauptquartier der Roten diente. Gardekommandant Luukkonen hatte sich als Büro eines der drei Kabinette ausgesucht, in denen früher die Crème de la crème von Salo sich an schwedischem Punsch und Cognac gütlich getan hatte, wie er sich ausdrückte.
    »Wo sind die Jungen dann jetzt?«, fragt Joel besorgt.
    »Die sind gestern Nachmittag mit dem Nachschub nach Vilppula gebracht worden«, antwortet Luukkanen gelassen.
    Du Mistkerl hast Kinder dahin geschickt! An den schlimmsten Abschnitt!
    Sakaris Wut äußert sich lautlos. Die unausgesprochenen Worte pochen in seinen Schläfen wie ein zweiter Puls. Er weiß, wo Vilppula liegt. Er war einmal mit Direktor Aarno im Steinbruch von Orivesi, um schwarzen Schiefer zu holen, und er erinnert sich, dass Vilppula die nächste Bahnstation in nördlicher Richtung war. Jetzt muss er erfahren, dass es der Ort ist, von dem aus die weißen Schlächter versuchen nach Tampere durchzukommen.
    Sakari mustert den wie ein großer Feldherr herausgeputzten Kommandanten rasch von Kopf bis Fuß. Um den Lammpelz herum läuft ein breiter Gürtel, an dem ein Säbel hängt, so lang, dass der Beschlag der Scheide auf den Fußboden und gegen die Tischbeine schlägt, wenn der Kommandant sich nach vorne beugt.
    Auf der anderen Seite des Gürtels steckt eine Mauser im Holzhalfter mit einem Deckel am Scharnier. Am Griff des Schießeisens befindet sich ein Ring, an dem ein Lederband befestigt ist. Die Schlaufe am anderen Ende hat sich der Kommandant um den Hals gehängt. Sakari meint, eine Alkoholfahne zu riechen.
    Joel schlägt vor, der Kommandant solle jetzt irgendwo anrufen, wo man den Zug, der die Jungen nach Tampere bringt, noch vor dem Erreichen des Ziels aufhalten könne. Damit man die Halbwüchsigen da rausbekäme.
    »Die Lage ist die, Genosse Tammisto, dass alle, die sich als Männer melden, auch als Männer gelten. Die Revolution braucht jeden Mann.«
    Luukkanen steht auf, marschiert zur Tür und öffnet sie.
    »Hab ich keine Erfrischung bestellt, hä? Wo bleibt sie?«, brüllt er in den Flur.
    »Pakkala hat bestimmt wieder alles selbst heruntergekippt«, sagt er zu Joel kopfschüttelnd. »Ein Säufer, wie er im Buch steht. Aber in solchen Zeiten muss man sich mit derartigen Untergebenen abfinden.«
    Eine schlanke Frau im blauen Kleid kommt in den Raum getrippelt und lächelt die Männer mit stark geschminkten Lippen an. Sie stellt ein Tablett mit Brot, Salzfisch, einer Blechkanne und Bechern auf den Tisch.
    »Entschuldigung, dass es so lang gedauert hat.«
    »Hauptsache, es ist jetzt da.«
    Luukkonen schnuppert an der Kanne.
    »Jetzt gibt es keinen Schwedenpunsch und keinen Cognac, sondern echten Branntwein.«
    Sakari begrüßt die Frau mit einem Kopfnicken. Er weiß, dass es Betty Malmberg ist, die jüngste Schwester von Saidas Mutter, die der Nahrungsmangel in der Hauptstadt im Januar zu ihren Eltern auf das Gut Joensuu getrieben hatte. Als die Revolution ausbrach, gelang es ihr erstaunlich schnell, die Gunst des Kommandanten von Salo zu erwerben. Saida hatte ihrem Mann von dem zweifelhaften Ruf der Tante erzählt, jedoch hinzugefügt, sie wisse nicht, was an den Anschuldigungen, denen Betty ausgesetzt war, stimme und was bloß böswilliges Gerede sei. Luukkonen scheut sich jedenfalls nicht, vor den Augen seiner Besucher der Frau gut gelaunt das Hinterteil zu tätscheln, und auch wenn sie schnell seine Hand wegschiebt, so weicht das dienstbereite Lächeln doch nicht von ihren Lippen.
    »Soll ich für drei einschenken?«
    Sakari und Joel schütteln beide den Kopf.
    Die Frau füllt einen Becher bis zum Rand.
    »Genosse Luukkonen, bitte sehr! Noch etwas?«
    »Im Moment nicht, mein Mädchen. Im Moment nicht.«
    Betty Malmberg lacht auf. Vielleicht um damit zum Ausdruck zu bringen, wie gut sie weiß, dass sie kein Mädchen im eigentlichen Sinn mehr ist.
    »Gibt es von Verwalter Munck was Neues?«, will Joel von Luukkonen wissen.
    »Soweit ich weiß, nicht.«
    Die Frau verlässt mit klappernden Absätzen den Raum und schließt die Tür hinter sich. Joel stützt beide Hände auf den Schreibtisch und nähert sein Gesicht dem Kommandanten.
    »Wo, zum Teufel, wird der Mann versteckt?«
    Luukkonen hebt betont erstaunt die Augenbrauen.
    »Woher

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