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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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sich herumträgt: Wenn die Säge stillsteht, muss er sich Arbeit dort suchen, wo es welche gibt. Da hilft nichts. Dann heißt es, sich auf den Weg machen.
    Er legt die Zeitung auf den Tisch und streicht die Seiten glatt, lässt es dabei bewenden.
    Zeitungen, Zeitungen, Zeitungen.
    Er will sie lesen, und er will es nicht. Er will bei seiner Familie sein, und er will es nicht. Sich in der Welt draußen Arbeit suchen, ist eigentlich gar keine so unsympathische, sondern womöglich eine notwendige Alternative für einen Mann mit Familie. Andererseits kommt ihm der Gedanke an ein Vagabundendasein und an Mietskasernen voller Junggesellen trostlos vor.
    Enttäuscht registriert er, dass der Junge alles andere als kurz vorm Einschlafen ist. Auf eine Art ist es schon schön, dass es das Kind gibt, aber kann es nicht dann schlafen, wenn es an der Zeit ist?
    Joel geht in den Flur hinaus, zieht Schuhe und Jacke an.
    »Wo willst du hin?«
    »Nur ein bisschen raus.«
    »Um diese Zeit am Abend?«
    »Ich geh zum Vereinshaus, die Jubiläumsnummer vom Arbeiter lesen.«
    Joel will sich einfach nicht daran gewöhnen, dass er neuerdings über jeden Schritt, den er macht, Rechenschaft ablegen muss. Vor allem weil sich Hilma letzten Endes nicht einmal für seine Aktivitäten interessiert. Als er schon die Treppe hinuntereilen will, merkt er, dass jemand die zusammengerollte Zeitung unter die Türklinke gesteckt hat. Bestimmt war Kustaa Vuorio der stille Postbote. Er hatte sich wohl nicht getraut, anzuklopfen, weil er das heile Familienglück nicht stören wollte.
    Wenn Kustaa wüsste.
    Oder ist Joel selbst undankbar, wenn er sich über Ehefrau und Kind nicht so freuen kann, wie es sich für einen Mann gehören würde? In den Augen eines einsamen armen Teufels wie Kustaa jedenfalls muss er undankbarer erscheinen als der Graf vom Herrenhaus, der alles hat, aber angeblich mit allem unzufrieden ist.
    Joel schiebt die Zeitung in die Tasche und macht die Haustür auf. Er hat Lust, die frische Nachtluft des Vorfrühlings einzuatmen. Er setzt sich auf die Treppe und richtet den Blick zum Himmel. Ein paar helle Lichtpunkte sind dort angegangen, aber tief im dunkler werdenden Blau ist der ganze Himmel voller Sterne in einer leuchtenden, endlosen, stillen Armee. Auch wenn man es mit dem menschlichen Auge gar nicht sieht. Er holt seine Zigaretten hervor und verfolgt, wie der Qualm aufsteigt, stockt wie unter einem durchsichtigen Dach und sich dann ausbreitet. Joel weiß, dass dies mit den Luftschichten und ihren Temperaturen zu tun hat. Er weiß so viel, aber offenbar vollkommen umsonst. Über der erstarrten Rauchskulptur treibt das skelettartige Schattenbild des Sägewerks wie ein geheimnisvolles Zeichen. Warum sollte ein kräftiger Mann, der für seine Familie Verantwortung trägt, von einem kleinen Dorf und seinem Sägewerk so abhängig sein, dass er nicht, wenn es die Not erfordert, woandershin gehen könnte? Von den Sternen aus betrachtet ist das Dorf namens Vartsala nur ein unbedeutender Fleck unter vielen anderen.
    Und wenn man ehrlich ist, dann ist Hilma gar keine so schlechte Ehefrau. Sie kommt zurecht, füllt ihren Platz viel besser aus, als man es sich hat vorstellen können. Und den Jungen versorgt sie auf ganz natürliche Weise. Joel versteht gar nicht, woher sie die beneidenswerte mütterliche Sicherheit nimmt. Er selbst macht sich Sorgen und ärgert sich über so ziemlich alles und hat gleich Angst, dass an dem Jungen etwas kaputt geht, wenn man ihn falsch auf den Arm nimmt.
    Und wenn er seine Frau überredet, mit ihm zu kommen, wohin auch immer? Warum nicht nach Amerika, auf den Spuren von Viki Salin, wenn sonst nichts hilft? Hat er denn nicht zwei Hände, damit er seine Frau und sein Kind nimmt und dorthin geht, wo es Arbeit gibt? Denn irgendwo muss es sie doch geben. In der Zeitung ist vom ständigen Wachstum des Volksvermögens die Rede und vom Steigen des allgemeinen Lebensstandards. Seltsam nur, dass man in Vartsala überhaupt nichts davon merkt.
    Joel kehrt aus dem kalten Frühjahrsabend ins Haus zurück. Die Luft in der Wohnung ist warm und nach dem Bad etwas feucht. Das Kind quengelt noch immer. Joel lässt sich aufs Bett fallen und blättert die knisternden Seiten der Sonderausgabe um.
    Der Chefredakteur scheint sich direkt Joels Worten zu bedienen, wenn er über die fliegenden Apparate schreibt, die seiner festen Überzeugung nach den Menschen einmal zum Himmel erheben werden, von der Erde empor, so wie der Sozialismus den

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