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Eine eigene Frau

Eine eigene Frau

Titel: Eine eigene Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Lander
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    Großmutters Sorge rührte und amüsierte das Mädchen zugleich. Erstens glaubt sie nicht, dass irgendein anderer als Großmutter sie hübsch findet, und zweitens ist der General, auch wenn er in seiner Uniform sehr gut aussieht, doch immerhin ein alter Mann. Sicher weit über 40. Nur junge Männer können auf die Idee kommen, sich Streiche auszudenken, während das Dienstmädchen das Bett macht. Außerdem könne Arvi ja mitkommen, mit Brennholz für den Kachelofen.
    Auf eigene Faust kann Oma so etwas nicht entscheiden, aber Saida ist sicher, die Großmutter wäre insgeheim sehr zufrieden, wenn Arvi mitkäme.
    Auf dem Gesicht des Jungen liegt eine ungläubige Miene, als das Mädchen ihm seinen Plan darlegt. General Mannerheim ist bekanntlich sehr genau. Gewiss erwartet er, dass genügend Holz vorhanden ist. Sollte der General sein Schlafzimmer aufsuchen, während sie sich noch darin aufhalten, würde Saida einfach lügen und sagen, der Gutsverwalter habe dem Stallburschen befohlen, sich um das Holz zu kümmern.
    Oder ist dieses Abenteuer zu spannend für ihn? Macht er sich womöglich in die Hose, wenn der General überraschend das Zimmer betritt?
    Arvi schwört, er habe vor nichts Angst, wenn auch nur die geringste Möglichkeit bestehe, den Säbel des Generals zu sehen. An die Möglichkeit, ihn zu berühren, wagt er noch nicht mal zu denken. Und selbst wenn er Angst hätte und sie würden bei der Lüge erwischt werden, verspricht er, alles auf sich zu nehmen und die Strafe zu ertragen wie ein Mann. Ganz bestimmt.
    So, so, aber verspricht er dann auch, dafür zu sorgen, dass Saida sehen kann, wie die Pferde … ihre Verrichtung ausführen?
    Die Vorstellung, den Säbel des Generals aus nächster Nähe zu sehen, verhext den Jungen in einem Maße, dass er bereit zu sein scheint, alles zu versprechen.
    Na ja, also vielleicht könnte Saida sich oben auf dem Heuboden verstecken …
    Saida unterbricht ihn, indem sie ihm heftig gegen die Schulter stößt und sagt, sie habe das überhaupt nicht ernst gemeint, sondern Arvi nur ärgern wollen. Aber sie werde tatsächlich dafür sorgen, dass er den Säbel des Generals sehen könne, wenn es denn nun mal so eine außerordentliche Waffe sei.
    Der vor Dankbarkeit fast platzende Arvi wiederum beteuert, er werde bei Bedarf dafür sorgen, dass Saida sich das Rammeln der Pferde ansehen könne.
    Aufgeregt faltet das Mädchen die Kleider und legt sie in die Truhe zurück. Ist Arvi vollkommen verrückt geworden und versteht keinen Spaß mehr? Selbstverständlich wird sie sich nicht kindisch im Heu vergraben und sich wegen des abscheulichen Treibens hirnloser Viecher lächerlich machen.
    Auch sich selbst gegenüber beteuert sie, nur deshalb auf die Idee gekommen zu sein, Arvis innigsten Wunsch zu erfüllen, damit der arme Waisenjunge wenigstens ein bisschen Selbstvertrauen schöpfen kann. Und wenn das nicht gelingt, indem man den Säbel des tapferen Generals berührt, wie dann, verflixt noch mal!

Arvi, 15
    Herrenhaus Joensuu, Dezember 1912
    Der Säbel hing am Haken neben der Tür. An seinem Griff baumelte eine silberne Quaste, und die Scheide trug Silberbeschläge.
    Die Parierstange war messingfarben und die ganze Waffe eine Enttäuschung: ein Paradesäbel, nicht für den echten Gebrauch bestimmt. Das bestätigte sich, als er ihn schließlich aus der Scheide zog. Die Klinge war nie geschärft worden. Sie taugte höchstens als Papiermesser. Prompt meinte Saida, es habe doch geheißen, man solle mit dem Schwert Papier zerkleinern können.
    Später, als er am Abend des Stephanstages die Pferde striegelt, begreift Arvi, dass Saida eigentlich kein großes Risiko einging, als sie ihn ins Schlafzimmer des Generals mitnahm. Die Herrschaften saßen beim festlichen Abendessen, und schon aus Gründen der guten Manieren entfernt sich niemand mittendrin vom Tisch. Die Dienstboten wiederum hatten alle Hände voll zu tun, damit die Bewirtung so perfekt wie möglich vonstattenging.
    Arvi schwitzte trotzdem vor Aufregung unter seiner Holzlast, als er mit Saida die Dienstbotentreppe in den ersten Stock hinaufstieg, wo er zuletzt als Kind gewesen war. Nachdem er die Holzscheite vor dem Kachelofen abgesetzt hatte, zitterten seine Hände so sehr, dass Saida in unbändiges Lachen ausbrach, welches sie dann mit allen Mitteln zu unterdrücken versuchte.
    Arvi ließ sich seine Enttäuschung über das Schwert nicht anmerken. Immerhin gehörte das Zimmer einem echten Soldaten, auch wenn die eher weiblichen

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