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Eine Evatochter (German Edition)

Eine Evatochter (German Edition)

Titel: Eine Evatochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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einzigen Opfer, die Schmuke der Welt und den Grazien brachte.

Die Katze, ein schwaches, schutzbedürftiges Wesen, hatte es am besten. Sie erfreute sich eines alten Sofakissens, neben dem eine Tasse und ein weißer Porzellanteller standen. Keine Feder aber vermag zu beschreiben, in welchen Zustand Schmuke, die Katze und die Pfeife, diese lebendige Dreieinigkeit, den Hausrat versetzt hatten. Die Pfeife hatte Löcher in den Tisch gebrannt. Die Katze und Schmukes Kopf hatten den grünen Utrechter Samt der beiden Lehnstühle derart fettig gemacht, daß er seine Rauheit verloren hatte. Ohne den prächtigen Katzenschwanz, der zum Haushalt gehörte, wären die freien Stellen auf dem Klavier und der Kommode nie abgestaubt worden. In einer Ecke standen die Schuhe, die einer epischen Darstellung bedürften. Auf der Kommode und dem Klavier lagen Haufen von Notenbüchern mit abgeschabten, zerrissenen Rücken und ausgebleichten, abgestoßenen Ecken, aus denen die tausend Blätter des Inhalts hervorsahen. An den Wänden waren die Adressen der Schüler mit Oblaten angeklebt. Zahlreiche Oblaten ohne Papierzettel verrieten die früheren Adressen. Auf dem Papier standen Rechnungen in Kreide. Die Kommode schmückten leere Bierkrüge, die tags zuvor ausgetrunken waren; sie sahen inmitten dieses Gerümpels und dieses Papierwusts neu und glänzend aus. Die Körperpflege war durch einen Wasserkrug vertreten, der von einem Handtuch gekrönt war, und durch ein Stück weißer, blau gesprenkelter Küchenseife, die das Holz an mehreren Stellen rosig färbte. Zwei Hüte, einer so alt wie der andre, hingen an einem Kleiderständer neben dem alten Radmantel mit drei Kragen, den die Gräfin bei Schmuke von jeher kannte. Auf dem Fenstersims standen drei Blumentöpfe, jedenfalls deutsche Blumen, und dabei lag ein Stock aus Stechpalmenholz.
    Obwohl Gefühl und Geruchsinn der Gräfin unangenehm berührt waren, verhüllte Schmukes Blick und Lächeln ihr diese Armseligkeiten mit himmlischen Strahlen. Er ließ die gelblichen Farben leuchten und belebte dies Chaos. Die Seele dieses göttlichen Mannes, der so viel himmlische Dinge kannte und offenbarte, strahlte wie eine Sonne. Sein so offenes, kindlich frohes Lachen beim Anblick einer seiner heiligen Cäcilien verbreitete den Glanz der Jugend, der Heiterkeit und der Unschuld. Er teilte die holdesten Schätze der Menschheit aus und schuf sich daraus einen Mantel, der seine Armut verhüllte. Der hochmütigste Emporkömmling hätte es vielleicht unvornehm gefunden, an die Umwelt zu denken, in der dieser prächtige Apostel des musikalischen Glaubens sein Leben führte.
    »Hé, bar kel hassart, izi, tschère montame la gondesse? Welcher Zufall führt Sie hierher, liebe Frau Gräfin?« fragte er in seinem Kauderwelsch. »Vaudile kè che jande lei gandike te Zimion à mon ache? Soll ich in meinem Alter das Lied Simeons singen?«
    Bei diesem Gedanken mußte er noch toller lachen. »Souis-che en ponne fordine? Habe ich Glück!« fuhr er schalkhaft fort.
    Dann lachte er wieder wie ein Kind.
    »Vis fennez pir la misik, hai non pir ein baufre ôme. Che lei sais. Sie kommen wegen der Musik, nicht wegen eines armen Mannes. Das weiß ich,« sagte er schwermütig. »Mais fenez per tit ce ke vi foudresse, vis savez qu'ici tit este à visse, corpe, hâme, hai piens. Aber kommen Sie, weswegen es auch sei. Sie wissen, hier steht Ihnen alles zu Diensten, Leib und Seele, nicht wahr?«
    Er ergriff die Hand der Gräfin, küßte sie und ließ eine Träne darauf fallen, denn der Biedermann war der erwiesenen Wohltat stets eingedenk. Seine Freude hatte ihm zwar einen Augenblick die Erinnerung geraubt, aber sie kehrte desto stärker zurück. Sofort griff er nach der Kreide, sprang auf den Lehnstuhl vor dem Klavier und schrieb mit der Geschwindigkeit eines Jünglings in großen Buchstaben auf das Papier: »17. Februar 1835«. Diese reizende, naive Bekundung seiner Dankbarkeit erfolgte mit solchem Ungestüm, daß die Gräfin tief bewegt war.
    »Meine Schwester kommt auch,« sagte sie zu ihm.
    »L' audre auzi? Gand? Gand? Ke cé soid afant qu'il meure! Die andre auch? Wann? Wann? Hoffentlich vor meinem Tode!« sagte er.
    »Sie wird herkommen, um Ihnen für einen großen Dienst zu danken, um den ich Sie in ihrem Namen bitte,« fuhr sie fort.
    »Fitte, fitte, fitte, fitte! Los! Los! Los! Los!« rief Schmuke. »Ké vaudille vaire? Vaudille hâler au tiaple? Was soll ich tun? Soll ich zum Teufel gehen?«
    »Weiter nichts, als unter jeden

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