Eine ewige Liebe
Mann?«, fragte Xavier.
»Du musst es mir nicht noch extra unter die Nase reiben.«
»Nein, das ist es! Du brauchst keine Magie für Sterbliche, denn das bist du nicht mehr. Was du brauchst, ist ein Caster-Spruch für Schemen.« Er blätterte fieberhaft durch die Seiten. »Ein Umbra -Bann, der Schatten von Welt zu Welt schickt. Denn genau das bist du jetzt – ein Schatten. Es müsste funktionieren.«
Ich war verblüfft. Konnte die Lösung wirklich so einfach sein?
Ich blickte auf meine Hände aus Fleisch und Blut.
Es sieht nur aus wie Fleisch und Blut. Du bist nicht wirklich hier, jedenfalls nicht so wie früher. Du hast keinen Körper.
Schemen oder Schatten – welchen Unterschied machte das?
»Aber ich muss in derWelt der Sterblichen auch handeln können. Der Sinn der Sache ist ja, dass ich Lena eine Botschaft schicken kann. Dazu muss ich Papierbuchstaben hin und her schieben, sonst ist alles zwecklos.«
Xavier legte den Kopf schief und zog eine Grimasse. Ich hoffte, dass es ein nachdenklicher Gesichtsausdruck war.
»Musst du etwas berühren?«
»Ja. Das habe ich doch gerade gesagt.«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, hast du nicht. Du hast gesagt, dass du etwas bewegen musst. Das ist etwas anderes.«
»Spielt das denn eine R o lle?«
»Und ob.« Er blätterte einige Seiten weiter. »Ein Veritas -Spruch bringt dieWahrheit ans Licht – solange du auch wirklich dieWahrheit suchst.«
»Und du glaubst, das funktioniert?«
Ich konnte nur hoffen, dass er richtiglag.
Minuten später waren meine letzten Zweifel an Xavier verflogen.
Ich war da. Ich hatte nicht den Großen Fluss oder dieWeltenschranke oder irgendeine andere Nahtstelle überwinden müssen. Mir waren keine Flügel gewachsen, um wie eine Krähe vonWelt zuWelt zu wechseln. Und trotzdem stand ich hier, in der Main Street, direkt vor dem Büro der Stars and Stripes .
Zumindest mein Schatten stand hier.
Ich fühlte mich wie Peter Pan, nur umgekehrt.Als hätteWendy mir meinen Schatten gestohlen, statt ihn an meine Stiefel zu nähen.
Ich glitt durch dieWand und tauchte in den dunklen Raum dahinter – allerdings war ich noch dunkler als die Nacht um mich herum. Ich hatte keinen Körper mehr, aber darauf kam es jetzt nicht an. Ich hob meine Hand – den Schatten meiner Hand – und rief mir dieWorte in Erinnerung, die Xavier mir beigebracht hatte.
Ich sah zu, wie die Buchstaben über die Seite schwebten und sich zu neuenWorten zusammensetzten. Ich hatte jetzt keine Zeit für ausgeklügelte Rätsel. Keine Zeit für Spielchen und Geheimbotschaften.
MeineWorte waren schlicht.
Fünf waagrecht.
Spanisch für Buch.
L.I.B.R.O.
Drei senkrecht.
Männlicher Artikel.
D.E.R.
Fünf waagrecht.
Genitiv Plural von Luna.
M.O.N.D.E.
Ich senkte die Hand – und im nächsten Moment war ich verschwunden.
Meine letzte Botschaft – mehr gab es nicht zu sagen. Lena hatte einen Weg gefunden, mir das zweite Flussauge zu schicken, sie würde auch wissen, wie sie mir das Buch beschaffen konnte. Zumindest hoffte ich das.Wenn nicht, würde Macon vielleicht weiterwissen.
Falls das Buch überhaupt noch beiAbraham war und falls Lena es irgendwie in die Finger bekommen konnte.
Zwischen mir und dem Buch standen tausend Fragezeichen. Ich versuchte, sie aus meinem Kopf zu verbannen und nicht an all die Leute zu denken, die unfreiwillig in meinen Plan involviert waren.
Oder an die Gefahr, die das Buch der Monde wie eineAura umgab.
Solche Gedanken konnte ich mir nicht leisten. Immerhin hatte ich es bis hierher geschafft, oder?
Lena würde das Buch finden und dann würde ich sie finden.
Das war die einzige Ordnung der Dinge, die jetzt noch zählte.
Buch II
Lena
Menschliche Probleme 19.
Kapitel
Manchmal benahm sich Link wie ein richtiger Idiot.
» Libro was? Libro der Monde ?Was soll das heißen?« Link sah erst mich an, dann starrte er auf dieAusgabe der Stars and Stripes und kratzte sich so ratlos am Kopf, als hätte er noch nie etwas davon gehört.
»Es ist ein Buch, Link, das Buch der Monde , und ich bin sicher, selbst dir ist der Name schon mal zu Ohren gekommen. Oder hast du etwa vergessen, dass genau dieses Buch unser Leben zerstört hat und das sämtlicher Caster in meiner Familie?«
»Das meine ich doch gar nicht«, sagte er beleidigt.
Dabei wollte ich ihn gar nicht verletzen. Schließlich wusste ich nur zu gut, was er meinte.
Was ich nicht wusste, war, warum Ethan ausgerechnet nach dem Buch der Monde fragte.Was das anging, war ich genauso ratlos
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