Eine Familie für Julianne
etwas ganz, ganz Besonderes …“
„Beth, sei mir nicht böse, aber … warum bist du hier?“
Etwas verlegen schaute Beth auf. „Ist es in Ordnung, wenn ich dir sage, dass das nur deinen Vater und mich etwas angeht?“
„Ja, natürlich.“ Julianne wurde rot. „Entschuldige meine Neugier. Aber er weiß nicht, dass du kommst, oder?“
„Nein“, erwiderte Beth leise. „Es ist sozusagen der letzte Versuch. Bekommt die Kleine jetzt ihre Flasche?“
„Ja, aber nur Wasser. Abendessen gibt’s um fünf.“
„Wunderbar. Geh nur vor. Ich darf sie doch tragen, oder?“
Als sie schließlich im Wohnzimmer auf der Couch saßen und Beth Pippa das Fläschchen gab, sah sie Julianne offen an. „Nun erzähl mir von diesem Kevin.“
Sofort wurde Julianne wieder rot, und Beth hob die Augenbrauen. „Ach je. Offenbar gibt’s da mehr zu erzählen, als ich dachte. Ich meinte doch nur …“
„Ich weiß, was du sagen wolltest“, unterbrach sie Julianne. „Es ist nur warm hier drin. Dad hat dir sicherlich schon von ihm berichtet, oder?“
„Du meinst, dass er trockener Alkoholiker ist? Ja. Mehr hat er allerdings nicht gesagt. Kommt er gut mit Pippa aus?“
„Er ist ein wunderbarer Vater“, gab Julianne offen zu. „Er ist …“
„Was denn, Liebes?“
Beth hatte keinerlei Ähnlichkeit mit Juliannes verstorbener Mutter. Sie war zerbrechlich und unbeständig gewesen, während Beth wie ein Fels in der Brandung wirkte. Jetzt, als sie Beths echte Anteilnahme spürte, tat es Julianne fast ein wenig leid, dass nicht sie ihre Mutter gewesen war. Dann hätte Robyn es sicher leichter gehabt.
Und ich auch, dachte sie wehmütig.
„Kevin macht sich viele Gedanken“, sagte Julianne nach kurzer Überlegung. „Er hat Tiefgang. Ich kenne ihn natürlich erst ein paar Wochen, aber …“ Sie runzelte die Stirn. „Ich mag ihn wirklich gern.“
„Und ist das gut oder schlecht?“
„Es ist, was es ist“, erwiderte Julianne schlicht.
Beth schaute sie mitfühlend an. „Ich habe so lange um meinen Mann getrauert, dass ich davon krank geworden bin. Ich hatte ein paar Beziehungen, bevor ich ihn kennenlernte, aber er war der Erste, der mich völlig verzaubert hat. Bis zu seinem Tod. Ich konnte mir nicht mal vorstellen, mich danach jemals wieder zu verlieben. Und dann ist es überraschenderweise doch passiert.“
„In meinen Vater?“, fragte Julianne mit klopfendem Herzen.
„Ja. Als Jim starb, habe ich mich von allem ganz zurückgezogen. Doch dann habe ich deinen Vater getroffen. Und er hat mir gezeigt, dass ich meinen verstorbenen Mann nicht damit verrate, dass ich ein neues Kapitel in meinem Leben aufschlage.“
Julianne schaute auf ihre Hände. Wie gut sie wusste, was Beth meinte!
„Es macht einem schreckliche Angst, sich noch einmal so zu öffnen“, sagte Beth leise. „Schließlich kann man wieder verletzt werden, nicht wahr? Aber was ist die Alternative?“
Als sie Stimmen in der Küche hörte, sprang Julianne erleichtert auf. „Da sind sie ja!“
Doch bevor sie den Durchgang erreichte, betrat ihr Vater schon den Raum. „Julie? Weißt du was über den Wagen, der vorm Haus parkt?“
Dann blieb er wie erstarrt stehen.
„Beth? Aber was … Ich dachte, du wärst abgereist!“
„Ich habe es mir anders überlegt“, sagte Beth. „Setz dich, Victor. Wir müssen reden.“
Das war ihr Stichwort. Julianne nahm Pippa auf den Arm und ging auf Zehenspitzen hinaus.
„Das ist ja ein Ding“, sagte Felix zu Kevin, als sie nach einem Treffen der Anonymen Alkoholiker zu ihren Wagen gingen. „Und stell dir mal vor, Victor würde Beths Angebot jetzt doch annehmen!“
Kevin hatte dem Freund von Beths Überraschungsbesuch erzählt.
„Das wäre wohl ein ziemlicher Schock“, erwiderte er. Das Abendessen mit Beth am Tisch war ziemlich surreal gewesen. Nicht, dass er die Frau nicht mochte. Ganz im Gegenteil. Mit ihren wachen braunen Augen und ihrer herzlichen Art war sie ihm sofort sympathisch gewesen. Doch es war ganz offensichtlich, dass sie Victor vor eine Art Ultimatum gestellt hatte, es sich noch mal zu überlegen, mit ihr an die Ostküste zu ziehen.
„Hast du nicht gesagt, dass er ganz wild auf sie ist?“
„Ist er. Jedenfalls sieht es so aus. Aber er würde niemals Julianne oder Pippa verlassen. Ganz zu schweigen von dem verdammten Haus.“
„Ich dachte, du magst das Haus?“
„Stimmt. Und jetzt, wo die Küchenschränke neu gestrichen sind, sieht es sogar noch besser aus. Aber es ist eben nur ein Haus,
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