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Eine fast perfekte Lüge

Eine fast perfekte Lüge

Titel: Eine fast perfekte Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
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Schwelle, um den Gefangenen wieder in seine Zelle zu bringen.
    Unterwegs zu seinem Hotel musste Hollister gegen eine starke Übelkeit ankämpfen, die in ihm aufstieg. Er fragte sich, wie weit er mit dem Geld, das er gespart hatte, wohl kommen würde, und ob er es schaffen könnte unterzutauchen, ein Gedanke, den er jedoch gleich darauf wieder verwarf. Es hatte keinen Sinn, über das Unmögliche nachzudenken.
    Kein Mensch konnte dem
Padrone
entkommen.
    Niemand.
    Niemals.
    Der einzige Ausweg wäre Miguel Calderones Tod gewesen, aber diesen Gedanken wollte Hollister lieber nicht weiter verfolgen.
    Die Ratte war wieder da. Sie hockte auf dem Boden vor der Pritsche, während Evan in einer Ecke saß und zuschaute, wie sie an einem Stück Brot knabberte, das sie sich von dem Tablett an der Tür stibitzt hatte.
    Evan hatte sie Howard getauft, obwohl er nicht wusste, ob es ein Männchen oder ein Weibchen war. Vielleicht war sie ja auch eine Harriet, aber er verspürte nicht den Wunsch, es herauszufinden. Er war so hungrig, dass er sich ganz schwach fühlte, außerdem war er sicher, dass er Fieber hatte, und es wäre ein Leichtes gewesen, einfach aufzugeben.
    Aber dass es so weit mit ihm kam, durfte er nicht zulassen. Entschlossen zog er die Beine an und legte die Stirn auf seine Knie, um nicht noch länger auf das Tablett mit dem Essen schauen zu müssen. Sein Bewacher hatte zwar leidenschaftlich beteuert, dass sie ihm nichts ins Essen gemischt hatten, aber für Evan war es inzwischen eine Frage der Ehre geworden, sich nicht manipulieren zu lassen. Sie wollten unbedingt, dass er aß, doch er hatte sich standhaft geweigert. Er hatte guten Grund anzunehmen, dass sie ihn nicht am Leben lassen würden, da er ihre Gesichter gesehen hatte. Von daher war es nur konsequent, sich zu weigern, das zu tun, was sie von ihm erwarteten. Und es war seine einzige Waffe.
    Plötzlich hörte er ein Geräusch an der Tür.
    „Na, verlässt du das sinkende Schiff?“ brummte er, als Howard zu dem Loch im Boden huschte und darin verschwand.
    Gleich darauf ging die Tür auf, aber es war nicht der Mann, der ihn bewachte, sondern eine Frau, die ziemlich wütend wirkte. Sie warf erst einen Blick auf das Tablett, dann auf ihn. Einen Moment musterte sie ihn, bevor sie verächtlich einen Mundwinkel nach unten zog und dem Tablett einen so harten Fußtritt versetzte, dass es samt den darauf befindlichen Konservendosen und dem Plastiklöffel durch die Luft flog. Als sie auf Evan zuging, trat sie auf den Plastiklöffel und zermalmte ihn unter ihrer Stiefelsohle.
    Es knirschte so laut, dass Evan zusammenzuckte. Eine Welle von Übelkeit erfasste ihn, und er konzentrierte sich auf den Hass in ihren Augen, um sich abzulenken.
    „Du!“ fauchte sie zornig.
    Trotzig hob der Junge das Kinn und wappnete sich.
    „Du isst jetzt, und zwar auf der Stelle.“
    „Und wenn nicht?“ fragte Evan aufsässig. „Töten Sie mich dann? Nur zu, machen Sie schon, bringen Sie es hinter sich.“
    Die Frau versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, die so viel Wucht hatte, dass Evan gegen die Wand taumelte. Jetzt stürmte sein Bewacher in den Raum und brüllte etwas auf Spanisch. Evan verstand nur, dass sie aufpassen sollte, damit ihm nichts passierte. Als sich die Frau zu dem Mann umdrehte, zuckte ihre Hand zu dem Messer an ihrem Gürtel. Eingeschüchtert zog der Mann den Kopf ein und verließ den Raum.
    Evan wartete und überlegte, warum sie so viel Macht hatte und ob sie womöglich hinter dem Überfall auf seine Familie steckte.
    Die Frau griff nach einer Dose mit Pfirsichen, öffnete sie und hielt sie ihm unter die Nase. Plötzlich klang ihre Stimme sanft, so als ob sie mit einem kleinen Kind reden würde. „Riechst du das,
niño
? Riecht doch lecker,
verdad
?“
    Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, sodass er erst schlucken musste, bevor er sprechen konnte. „Kann sein“, erwiderte er.
    Sie lächelte. „Dann iss.“
    „Nein.“
    Auf ihrer glatten Stirn bildete sich zwischen den Augenbrauen eine steile Falte. Sie hielt ihm die Dose direkt an den Mund. Er schob sie weg, wobei ein Teil des Inhalts auf den Boden schwappte. Die Frau wurde jetzt noch wütender als vorher, während ihre Hand zum Griff ihres Messers zuckte.
    „War’s das dann?“ fragte Evan trotzig. „Ist das meine Henkersmahlzeit? Sind Sie gekommen, um mich umzubringen?“
    Als sie die Verachtung hörte, die in seiner Stimme mitschwang, kam sie wieder zur Besinnung. Ihr wurde klar, was passieren würde, wenn

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