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Eine fast perfekte Lüge

Eine fast perfekte Lüge

Titel: Eine fast perfekte Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dinah McCall
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zu öffnen, um nachzuschauen, was es war. Er hatte es immer nur im halbwachen Zustand verscheucht und war anschließend gleich wieder eingeschlafen. In seinen Träumen war seine Welt noch heil, und aufzuwachen war am schlimmsten.
    Aber diesmal war sein Schlaf nicht tief genug gewesen, und das Ungeziefer hatte überhand genommen. Als es über sein Gesicht gekrabbelt war, war er aufgewacht und laut fluchend aus dem Bett gesprungen, während er sich die Tiere aus den Haaren geklaubt und in hohem Bogen durch den Raum geschleudert hatte.
    Er hatte schon früher Kakerlaken gesehen, aber die hier waren riesig und fett, und sie huschten über die Wände und über seine Matratze. Als er dem Bettgestell einen harten Fußtritt verpasste, sah er mit einer gewissen Genugtuung, wie sie erschrocken in alle vier Himmelsrichtungen auseinander stoben.
    „Verfluchte Viecher!“ brüllte er und traktierte, immer noch erschauernd, erneut das Bettgestell, während er sich zitternd mit der Hand über den Körper fuhr, um das Gefühl der auf ihm krabbelnden Insekten loszuwerden.
    „Was ist denn da drin los?“ brüllte der Aufpasser draußen.
    „Hier sind Viecher, so groß wie Elefanten, das ist hier drin los, du blöder Idiot!“
    Der Aufpasser lachte schadenfroh, dann hämmerte er mit einer Faust gegen die Tür. „Sei sofort still“, befahl er.
    „Dann hör auf, mir blöde Fragen zu stellen“, brüllte Evan zurück.
    Einen Moment war es ruhig, dann hörte man Schritte, die sich entfernten.
    „Gut so“, brummte Evan. „Bleib mir bloß vom Leib, du verfluchtes Stinktier.“
    Er riss die durchgelegene, schmuddelige Matratze aus dem Gestell und schüttelte sie kräftig aus, bevor er sich auszog und seine Kleider ebenfalls ausschüttelte. Die Kakerlaken hatten sich inzwischen in die Dunkelheit geflüchtet, da sie gestört worden waren. Evan zog sich wieder an und versuchte, nicht auf den unangenehmen Geruch seines Körpers und seiner Kleider zu achten. Außerdem machten ihm seine schmerzenden Hände weitaus mehr zu schaffen.
    Er sah es erst, als er die Matratze wieder auf das alte Eisengestell zurückzerrte. Früher war dieses Ding wahrscheinlich eine Art Verstärkung gewesen, während es jetzt nur noch eine flache, verrostete Eisenstange war, die, an einem Ende befestigt, unter dem Bett baumelte und fast den Boden berührte. Evan schaffte es ohne Anstrengung, sie von dem Rahmen zu lösen, und als er sie in der Hand hielt, schöpfte er neue Hoffnung.
    Um sich daran zu gewöhnen, wie sie sich in seinen Händen anfühlte, warf er sie in die Luft und fing sie wieder auf. Seine Finger schmerzten höllisch, wenn er sie zur Faust ballte, aber Evan kümmerte sich nicht um Eiter und Blut, das unter seinen Fingernägeln hervorspritzte. Denn endlich hatte er etwas, mit dem er sich notfalls verteidigen könnte.
    Aufgeregt schob er die Stange in den Hosenbund und stöhnte frustriert auf, als sie durch sein Hosenbein rutschte und auf den Boden fiel. Ihm war klar, dass er abgenommen hatte, wenn auch nicht in diesem Ausmaß.
    Verdrossen hob er seine Waffe wieder auf und drehte sie unschlüssig in den Händen hin und her. Noch während er nach einem Versteck suchte, hörte er draußen vor der Tür erneut näher kommende Schritte. Er umklammerte die Eisenstange so fest, dass seine Finger schmerzten.
    Gleich darauf ging die Tür auf. Der Bewacher, der hereinkam, hatte wie immer ein Tablett mit Essen in der einen und eine Pistole in der anderen Hand. Als er sah, dass der Junge nicht im Bett war, sondern in der Nähe der Tür stand, hielt er ihm die Pistole unter die Nase. „Los, beweg dich“, sagte er scharf und bedeutete ihm mit dem Tablett zurückzutreten.
    Evan bewegte sich, aber nicht zurück, sondern nach vorn. Er stürzte sich mit der Eisenstange in der Hand auf den Mann und ließ sie mit voller Wucht auf die Hand, die die Pistole hielt, niedersausen. Die Waffe flog in hohem Bogen zur Seite.
    Der Bewacher keuchte überrascht und versuchte den zweiten Angriff des Jungen mit der Hand abzuwehren. Dabei entglitt ihm das Tablett mit dem Essen und fiel zu Boden.
    Nun stürzte sich Evan mit der Eisenstange auf den Mann und warf ihn zu Boden. Dabei bohrte sich das scharfe Ende des Metallstücks in den Hals des Mannes, sodass Blut aufspritzte, aber der Stich war nicht tief genug, um tödlich zu sein.
    Sein Schmerzensschrei hallte in dem kleinen stickigen Raum wider, während der Mann die Hände nach dem Jungen ausstreckte. Evan versuchte an ihm

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