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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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Kaisers, ob von Gemahlinnen zur Linken oder Erwählten Gespielinnen, samt ebensolchen Nachweisen, damit ich sie zu den Leuten bringen kann, die vorübergehend die Regierungsgewalt im Reich innehaben.«
    Knarros regte sich nicht.
    »Nun kommt schon«, sagte ich. »Aus den Aufzeichnungen des Kaisers geht zweifelsfrei hervor, daß Ihr Daten über sämtliche Erben besitzt, eingeschlossen jener auf der Welt mit dem Codenamen Babylon.«
    Das Wort »Babylon« entlockte dem Granitblock eine Regung, eine Flanke zuckte wie unter dem Stich einer Bremse. Die barsche Stimme grollte: »Es tut mir leid. Ich kann Euch nichts sagen, bis ich nicht überzeugt bin, daß Ihr in der Tat ein Magid seid. Euer Wort allein genügt nicht. Ich muß darauf bestehen, daß Ihr mir Euren Status beweist.«
    Keine unbillige Forderung. Aus dem Blickwinkel des Kentauren konnte ich ein verbrecherischer Magid sein, der es auf seine Schützlinge abgesehen hatte. Ich besann mich auf eine selten gebrauchte Fähigkeit und ließ die goldene Lemniskate zwischen uns erscheinen; schimmernd rotierte sie in der exakten Sequenz um die zwei Achsen ihrer Achtgestalt. Sie war sehr schön und schimmerte in der niedersinkenden Dämmerung.
    Knarros betrachtete sie ungerührt, nur daß sich der goldene Schein in seinen großen dunklen Augen spiegelte. »Ein einfacher Magier könnte das tun«, knurrte er. »Zeigt mehr, falls Ihr ein Magid seid.«
    » Ihr besteht auf der kompletten Prozedur?«
    »Allerdings.«
    Es erschien mir ein wenig übertrieben. Mir ist nie ein Magus begegnet, einfach oder nicht, der es fertiggebracht hätte, das Symbol der Unendlichkeit in der richtigen Weise zu beschwören, andererseits, so weit bin ich noch nicht herumgekommen, und Knarros trug eine große Veranwortung. Seufzend ließ ich die Lemniskate über meinem Kopf schweben und arbeitete mich anschließend langsam und sorgfältig durch ein Ritual, das ich zum letztenmal durchgeführt hatte, als Stan mich der Oberen Kammer als Aspirant vorstellte. Das war drei Jahre her, und ich mußte mich konzentrieren. Hinzu kam die Ablenkung durch das giftige Rascheln des deifizierten Strauchs und ein Raunen meiner inneren Stimme, dieses Theater wäre nicht nur übertrieben und einigermaßen lächerlich, sondern irgendwie falsch. Etwas war falsch, stimmte nicht, paßte nicht zusammen.
    Knarros stand nur da und schaute zu. Das einzige Lebenszeichen, das er erkennen ließ, war ein ungeduldiges Scharren mit dem rechten Hinterhuf, bis ich fertig war und mich verneigte. Dann nickte er wieder kurz. »Ich akzeptiere Euch als einen Magid«, grollte er. »Was ist Euer Begehr?«
    Zähneknirschend, aber mit formvollendeter Höflichkeit trug ich ihm ein zweites Mal mein Anliegen vor: die Thronerben, ihre Namen, Geburtsdaten, Identitätsnachweise, und das gleiche für die Kinder auf der Welt mit dem Codenamen >Babylon<.
    »Ich habe all das«, sagte er und dämpfte meine Erleichterung gleich wieder, indem er hinzufügte: »Aber man hat Euch in einer Hinsicht falsch informiert. Der Thronerbe ist eine Menschenfrau, des Kaisers älteste Tochter. Sie ist noch nicht hier.«
    »Und wann ist mit ihr zu rec hn en?«
    »Bei Sonnenuntergang.« Wir richteten beide den Blick über den Strauch hinweg nach Nordwesten. Der Himmel dort erschien rot und golden gestreift, und es war nur noch ein hauchfeiner, feuriger Streifen von Thalangias Sonne zu sehen. »Die künftige Kaiserin wird jeden Moment eintreffen«, äußerte Knarros. »Wenn Ihr hier wartet, werde ich gehen und die Beweise holen, die Ihr verlangt.«
    »Vielen Dank«, sagte ich und dachte: Zeit wird’s!
    Knarros wandte sich ab und trabte klirrend in Richtung eines Gebäudes im hinteren Teil des Mauerrings. Er beeilte sich nicht, deshalb hatte ich Muße zu erkennen, daß mein Bündel Schutzzauber als wahrscheinlich undurchdringliche Barriere in seinem Weg lag. Ich hätte es liegen lassen sollen, aber ich wollte nicht tatenlos herumstehen, also lief ich hin, wuchtete mir das größte Knäuel auf die Schulter und stemmte den Rest in die Höhe, so daß Knarros darunter hindurchgehen konnte. Dann schleuderte ich es hangabwärts und über das Dach des Gebäudes, auf das er zusteuerte. Mir war, als ob die Dornbuschgöttin mich zu hindern versuchte, all das zu tun, aber ich scherte mich nicht darum. Und als ich das Knäuel auf die Schulter hob, hätte ich schwören können, daß etwas das Bündel traf - mit solcher Wucht, daß ich taumelte. Ich nahm an, es wäre ein Stein gewesen,

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