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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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stehlen.
    Ungefähr eine Viertelstunde später hielt ich den Zeitpunkt für gekommen, Dakros behutsam darauf vorzubereiten. Wir standen draußen vor der Hütte, in der immer noch der tote Knarros lag, und soeben hatte man jedem von uns einen Pappbecher mit starkem koryfonischen Kaffee gebracht. »Wer immer Knarros ermordet hat, tat es mit einer Waffe von der Erde«, sagte ich, »und ich nehme an, sie sind dorthin zurückgekehrt, unter Mitnahme von allem, was sie in diesem Safe gefunden haben... «
    »Entschuldigung, Herr General!« Eine Soldatin trat zu uns. »Wir haben dies hier in der Hand des Toten gefunden. Es wurden Aufnahmen davon gemacht, aber der Hauptmann dachte, Ihr solltet es sofort sehen.«
    Es war die grob abgerissene Ecke eines offiziellen Schriftstücks aus dickem Papier, deutlich zu sehen die Eindrücke von Knarros’ starken Fingern. Dakros nahm es und richtete den Strahl seiner Stablampe darauf. Das Dokument war von Hand beschrieben gewesen, in der eleganten, leicht geneigten Schrift koryfonischer Amtsstuben, aber die Zahlen und Buchstabengruppen sagten mir nichts. Das einzige, was ich entziffern konnte, war ein Name oder der Teil eines Namens: Sempronia Marina Timosa Th, der am breiteren Ende erhalten geblieben war.
    Dakros konnte mehr damit anfangen. »DNA, Blutgruppe und Augenscan«, sagte er. »Vielleicht reicht das Material, um eins der Mädchen zu identifizieren. Gut gemacht.« Er nickte der Soldatin zu und machte Miene, unser Gespräch fortzusetzen, wurde jedoch im selben Moment von einer Nachricht von einem der Orlogs unterbrochen. »Wann sind sie durchgeschlüpft?« fragte er in sein Com. »Ja, verstehe. Nein, ist in Ordnung. Dann waren es Schaulustige.« Er wandte sich mir zu. »Tut mir leid. Die Bevölkerung aus der Gegend kommt, um zu gaffen. Man ist in Thalangia nicht an den Anblick von Orlogs gewöhnt. Einen freudigen Moment lang hoffte ich, wir könnten die Mörder gefaßt haben. Schade. Wie auch immer, Knarros muß dieses Dokument eisern festgehalten haben, als er merkte, daß er getäuscht worden war. Seht Ihr es genauso, Magid? Vielleicht mußten sie ihn erschießen, um es zu bekommen. Sie werden ihm vorgemacht haben, sie würden den rechtmäßigen Thronerben bringen - ein Mädchen, habt Ihr gesagt? Merkwürdig, daß Knarros nicht mißtrauisch geworden ist, wo er zwei männliche Nachkommen in seiner Obhut hatte; in Koryfos stehen immer die Knaben an erster Stelle der Erbfolge. Und sie müssen zu Fuß gekommen sein, bei Sonnenuntergang, so daß wir sie nicht orten konnten, und Knarros irgendwie dazu gebracht haben, die Dinge bis dahin hinauszuzögern. Dann rauben sie die Dokumente, um einen falschen Erben präsentieren zu können, und schaffen jede Konkurrenz kurzerhand aus der Welt. Ungefähr so muß es gewesen sein, oder?«
    Ich stand auf dem hell erleuchteten Platz, trank meinen Kaffee und überlegte. Nein, ich war nicht der Ansicht, daß es ungefähr so gewesen sein mußte. Eine Sache, die mich zum Beispiel ganz besonders störte, war der Schlag, den ich gespürt hatte, als ich das magische Bündel zusammenraffte, um Knarros den Weg freizumachen. Das war ein Schuß gewesen. Ein Schuß aus demselben Revolver, der Knarros getötet hatte, dessen war ich hundertprozentig sicher. Sofort fiel mir der Hinterhalt in Iforion ein, wo dieser Heckenschütze mich nur um Haaresbreite verfehlt hatte. Wie dumm von mir, nicht zu bemerken, daß es sich dabei ebenfalls um eine Projektile verschießende Waffe gehandelt hatte, wie auf der Erde gebräuchlich. Wie dumm! Und we nn man diese Spur der Gewalt weiter zurückverfolgte, machte man sich zwangsläufig Gedanken über das Attentat, dem der
    Kaiser zum Opfer gefallen war. Das war geplant! dachte ich, angefangen mit der Bombe im Palast. Wer immer dahintersteckte, nahm an, daß ich Dinge wußte, die Knarros ebenfalls wußte. Und Kna rros hatte mich hingehalten - mich belogen. Hieß es nicht, daß Kentauren niemals lügen? Stan würde mir das erklären müssen. Für mich stellte sich die Abfolge der Ereignisse so dar, daß Kna rros sich Dakros vom Leib gehalten hatte, bis ich eintraf, um dann die magische Sperre über dem Pfad aufzuheben, so daß die Mörder ihn benutzen konnten. Der Unfug mit der Lemniskate sollte ihnen Gelegenheit geben, ihre Positionen einzunehmen und mich beschäftigen, damit ich von den Vorgängen um mich herum nichts wahrna hm . Dann sorgte er dafür, daß ich neben dem Altar stehenblieb, wo sich meine Gestalt deutlich vor dem

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