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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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bin ich vorläufig nicht bereit«, sagte ich zu Stan. »Jetzt erzähl mir von dem Kentauren.«
    »Dann laß mich der Reihe nach berichten, du solltest die ganze Geschichte kennen. Unser Freund Nick möchte aus irgendeinem Grund nicht von den Hovern entdeckt werden. Dieser Wagen steht hier mit offener Fahrertür und eingeschalteter Innenbeleuchtung, wie jetzt, aber statt hineinzuhechten, wirft er sich auf den Boden und kriecht darunter. Aha, denkt sich meiner einer, er glaubt wohl, sie suchen nach ihm und benutzt den warmen Motor als Tarnung für die Wärmeabstrahlung seines Körpers, falls sie Detektoren einsetzen. Schlau gedacht, aber ich glaube nicht, daß sie mit Detektoren ausgerüstet sind, oder sie hätten den jungen Kentauren inzwischen gefunden, und ich kann sehen, daß sie immer noch suchen.«
    Ich blickte über die Schulter. Die sehr fernen Lichter schwebten über einem konturlosen Abendschattenblau. Auch der Himmel war dunkelblau, mit nur einigen helleren Streifen im Westen. »Verflucht. Nein, sie haben ihn nicht gefunden. Wie ging es weiter?«
    »Nun«, fuhr Stan fort, »eingedenk der Tatsache, daß man in Koryfos wenig Skrupel hat, jemanden kurzerhand zu exekutieren, hielt ich es für richtig, einzugreifen, und umgab den Wagen mit einem starken Nicht-Beachten-Feld. Zum Glück auch für dich, mir hast du zu verdanken, daß man dir nicht die Reifen zerschossen hat. Nick war kaum unter dem Wagen verschwunden, als dieser Kentaur wie von Furien gehetzt angaloppiert kommt. Und verflucht, diese Kentauren können laufen! Zwei Herzen, doppelte Lunge - dagegen sieht jeder Vollblüter alt aus. Und dieser spezielle Kentaur hatte guten Grund, sich zu beeilen. Erst trommelt er an mir vorbei, und ehe ich mich besinne, kommt dahinten ein Auto, ein ganz normales von der Erde, in einer Staubwolke um die Ecke geschlingert und braust ohne Rücksicht auf Verluste hinter ihm her. Drinnen sitzen ein Mann und eine Frau, die Frau am Steuer. Sie sieht den Kentauren, erfaßt ihn mit den Scheinwerfern, der Mann lehnt sich aus dem Fenster und schießt. Peng, Peng, Peng. Der Kentaur springt mit allen vieren zur Seite wie eine Ziege und setzt dann über die Hecke in den Wingert auf der anderen Seite. Der Mann hat ihn verfehlt, glaube ich. Hoffe ich. Schwebte über die Hecke wie ein Vogel, dieser Kentaur.«
    »Hast du die Leute in dem Wagen erkannt?« fragte ich begierig.
    »Nein, zu dunkel, und sie hatten das Fernlicht eingeschaltet.« Die Stimme meines ehemaligen Mentors klang bedauernd. »Der Mann saß auf der anderen Seite, also konnte ich nur einen Blick auf ihn werfen, nachdem sie vorbei waren. Kopf, Ellenbogen, Mündungsfeuer, Peng - du weißt schon. Die Frau war nur eine Silhouette.«
    »Trug sie eine Brille?« Nicks Anwesenheit legte die Schlußfolgerung nahe, daß es sich bei dem Auto um das von Maree handelte.
    »Glaube ich nicht«, antwortete Stan. »Wie auch immer, sie sind lange weg. Sie hielten an der Stelle, wo der Kentaur über die Hecke gesprungen war, Bremslichter, Quietschen, mehr Staub, und der Mann will aussteigen. Jedenfalls öffnet sich die Tür an seiner Seite, und ich weiß, daß er unser Auto gesehen hat. Sie waren beide Kundige, also mußten sie es früher oder später bemerken. Was kann ich tun, um ihn daran zu hindern, herzukommen und deine Nobelkarosse zu demolieren und am Ende auch noch den Jungen zu entdecken? Nicht viel, offen gesagt. Zum Glück sichtet sie einer dieser Hover und dröhnt diesen Weg entlang, genau über mich hinweg. Ich schreie sie an, ich brülle, so gut ich kann, sie sollen ihnen die Reifen zerstrahlen, aber sie haben keinen entsprechenden Befehl, also hängen sie nur über dem anderen Wagen in der Luft. Der Mann steigt wieder ein. Die Frau gibt Gas, und sie beginnen sofort mit dem Transit. Hokuspokus, weg sind sie. Der Hover kreist ein bißchen, und entweder sehen sie dieses Auto nicht oder sie wissen, es gehört dem Magid, und überhaupt sollen sie den jungen Kentauren suchen, aber der ist inzwischen über alle Berge. Also brummen sie davon. Etwas später, nachdem alles wieder ruhig geworden ist, wagt Nick sich hervor, steigt ein und weint sich mehr oder weniger die Augen aus. Er war so verstört, daß ich schon mi t dem Gedanken spielte, ihn anzusprechen.«
    »Warum hast du nicht?«
    »Er glaubte, er sei allein.«
    »Verstehe.« Ich schaute Nick an, der wie ein Stück moderne Kunst auf dem Fahrersitz hockte, und schämte mich ein wenig meines Argwohns. »Die Leute in dem anderen

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