Eine Frage der Balance
hasse es, mich lächerlich zu machen. »Wenn Sie es genau wissen wollen«, fuhr er mit angestrengt monotoner Stimme fort, »ich war auf der anderen Seite der Hecke, wie vorhin dieser Soldat, der gekommen ist, um mit Ihnen zu reden. Wir haben gestritten. Ich wollte nicht weg. Alles war so interessant - diese Landcruiser oder wie sie heißen, und Jeffros hatte einen Assistenten, der uns herumführte, und der hatte Flügel. Ehrlich. Und ich wollte mehr wissen. Ich versuchte, Maree zum Bleiben zu überreden, den ganzen Weg bis zum Auto. Maree sagte, wir wären schon einmal festgenommen worden, und auf den Hügel würden wir nicht kommen, weil man auf dem Pfad von einer unsichtbaren Barriere am Weitergehen gehindert wird! Außerdem meinte sie, wir sollten besser verduften, bevor jemand Ihnen von unserer Anwesenheit erzählte. Und ich wandte ein, Jeffros und seine Leute wären sehr nett zu uns gewesen ... Na ja, ich war sauer und zwängte mich durch die Hecke und sagte von der anderen Seite, ich würde nicht mit ihr nach Hause fahren. Und Maree sagte, dann würde ich eben Sie bitten müssen, mich mitzunehmen, und bestimmt würden Sie mich zur Schnecke machen, und recht geschähe mir. Dann lief sie das letzte Stück zu ihrem Auto und schwenkte die Schlüssel. Ich ging auf der anderen Seite der Hecke weiter, sagte nichts und hoffte, sie würde ihre Meinung doch noch ändern. Aber dann - dann kamen Mum und Gram White plötzlich um das Auto herum, und Mum sagte etwas wie: >Da bist du ja endlich, Maree!< und sie - sie schauten nicht ein einziges Mal zu mir her. Ich glaube, sie wußten nicht einmal, daß ich da war, ehrlich.«
Ich nickte.
»Ja, ich glaube dir. Sich in die Büsche schlagen, um zu schmollen, das ist eine von diesen blöden Sachen, die man tut, wenn man Streit mit Erwachsenen hat. Aber was ist mit dem Rest?«
Nick zuckte die Schultern. »Der Staub war unser Glück. Wir sind wie die Verrückten zum Auto gerannt, als wir Sie zum Parkplatz gehen sahen. Maree sagte, Sie hätten uns garantiert bemerkt, wenn nicht diese riesige Staubf ahn e gewesen wäre. Als Sie zu den Transportern abgebogen sind, haben wir uns einfach in einen anderen Feldweg verdrückt.«
»Und der Rest?«
»Nachdem wir es nicht geschafft hatten, auf den Hügel zu kommen, gingen wir zu den Transportern, und Soldaten kamen heraus und na hm en uns fest und ...«
»Nein«, unterbrach ich ihn, »ich meine den ganzen Rest.«
»Was für einen Rest? Ach, dieser Kentaur ...«
Ich fiel ihm wieder ins Wort. »Nette Ablenkungsversuche. Nein, ich meine nicht den Kentaur. Ich meine den ganzen Rest deines jungen Lebens. Ich will wissen, mit was für Geschichten deine Mutter dich in all den Jahren gefüttert hat.«
»Ich ... In den letzten zwei Jahren hat sie es bleiben lassen«, bekannte er widerwillig. »Seit ich ihr gesagt habe, daß ich kein Wort davon glaube. Ich meine, es war so krauses Zeug, daß ich eine Menge davon für mein Bristolia-Spiel verwendet habe.«
Er beendete den Satz mit fragend erhobener Stimme und schaute mich hoffnungsvoll an. War er, fragte ich mich, ein Egoist par excellence oder einfach nur jung? Was immer zutraf, eine kleine Bestechung konnte nicht schaden. »Also gut.« Ich seufzte im stillen. »Wenn du mir sagst, was man dir erzählt hat, werde ich einen Blick auf dein Bristolia-Spiel werfen und sehen, ob es Möglichkeiten hat. Mehr kann ich nicht versprechen.«
Nick wurde glühend rot, erkennbar daran, daß sich sein Gesicht in dem orangefarbenen Neonlicht zu einem blassen Indigo verfärbte. »Ich wollte nicht ... Es ist nur ... Ach, Scheiße. Danke. Also gut, aber es ist eigentlich nicht viel. Seit ich denken kann, betet meine Mutter mir vor, Ted Mallory wäre nicht mein Vater, bis vor ungefähr zwei Jahren, da hatte ich die Nase voll und beschloß, Dad trotzdem zu adoptieren, weil ich ihn eigentlich ganz gut leiden kann und Mutter mir ohnehin nicht verraten wollte, wer denn nun mein richtiger Vater ist. Sie sagte nur, er wäre ein unheimlich bedeutender Mann, und ich würde eines Tages auch bedeutend sein, wenn für mich die Zeit gekommen wäre, mein Erbe anzutreten. Das ist kein schönes Gefühl. Ich meine, er könnte jeder sein, und man malt sich wer weiß was aus, und andererseits denkt man, weshalb kriege ich einen geistigen Höhenflug wegen eines Kerls, der vielleicht ein Brechmittel ist oder sowieso nur ein Hirngespinst. Aber man kann es irgendwie nicht abschütteln. Ich würde lieber mit Ihnen tauschen. Sie haben
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