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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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Nick die Flügeltür zur Lobby auf, und - siehe da! - wir waren gar nicht so fehl am Platz. Ich hatte den Maskenball vergessen. Die merkwürdigsten Gestalten flanierten durch den Saal, sogar eine große bunte Raupe mit mindestens fünf Paar Menschenbeinen. Da waren Wikinger, Aliens aller Couleur, der Sensenmann gleich in mehrfacher Ausführung, Leute in Umhängen, etliche bluttriefende Kadaver und Dutzende atemberaubender Grazien in Gewändern mit strategisch plazierten Gucklöchern. Einige trugen so gut wie gar nichts. Eine Amazone, deren Kostüm aus zwei Lederriemchen und schenkelhohen roten Stiefeln bestand, fesselte Nicks und meinen Blick. So sehr, daß uns um ein Haar Maree abhanden gekommen wäre.
    Die bunte, vergnügte Menge schien Marees Lebensgeister anzuregen. Sie rutschte auf dem Sitz herum und machte einige Male Anstalten aufzustehen. Während Nick und ich von den Riemen und den roten Stiefeln abgelenkt waren, gelang es ihr. Nick lief sofort hinterher, drängte sich zwischen Aliens hindurch und stolperte über die Schleppe einer Königin. Bei der Raupe fing er sie wieder ein.
    Wir hatten sie gerade unter gutem Zureden wieder in den Stuhl gesetzt und wollten unseren Weg fortsetzen, als wir uns Rick Corrie gegenüber sahen - als er selbst -, in Begleitung von zwei Jünglingen in bunten seidenen Reifröcken und mit rüschenverzierten Sonnenschirmchen.
    »Originelle Kostüme«, flötete der eine. Und der andere fragte mit dunkler Altstimme: »In welcher Kategorie tretet ihr an?«
    Nick, der sie zu kennen schien, antwortete fidel: »Außerirdische, natürlich. Wir sind Opfer der Minenkatastrophe draußen auf Tau Centauri.«
    »Aha«, sagte Rick Corrie, »vielleicht erklärt das die seltsamen Gerüchte. Ich hörte, du wärst als Kentaur aufgetreten, Nick.«
    »Das wollte ich, aber das mit den Beinen hat nicht geklappt, also haben wir das hier improvisiert.«
    Nick schwitzte, als wir uns endlich zum Korridor hinter der Lobby durchgeschlagen hatten. Er schmierte sich mit dem Ärmel den Staub durchs Gesicht und äußerte den Wunsch, möglichst nicht noch jemandem zu begegnen, dem wir Rede und Antwort stehen mußten. Prompt stießen wir hinter der nächsten Ecke mit Ted Mallory und Tina Gianetti zusammen, die beide große Augen machten.
    »Kreativ, aber miserabel umgesetzt«, urteilte Ted Mallory. »Ihr seht einer wie der andere schrecklich aus. Maree, was hast du denn mit dir angestellt?«
    Maree erkannte ihn, sie murmelte und bewegte sich unruhig. Ich sagte hastig: »Sie ist die Mondgräfin aus dieser Kurzgeschichte von H. C. Blands.«
    Natürlich konnte Mallory die Geschichte nicht kennen, aber wie ich gehofft hatte, mochte er es nicht zugeben. Er hakte seine Begleiterin unter und sagte im Weitergehen: »Also stürzen wir uns ins Vergnügen, Tina.« Doch ganz schien er nicht beruhigt zu sein. Jedenfalls schaute er noch einmal zurück und bemerkte mit einem irritierten Stirnrunzeln: »Dieses Kostüm gefällt mir sogar noch weniger als die Sache mit dem Kentauren, Nick. Rec hn e nicht damit, daß du von mir einen Preis beko mms t.«
    Ziemlich am Ende mit unserer Nervenkraft, erreichten wie die Aufzüge. Beide waren unterwegs. Nick stocherte mit dem Daumen abwechselnd auf die Rufknöpfe. »Das ist fast schlimmer als alles andere«, sagte er, als beide
    Aufzüge gleichzeitig herunterkamen, und: »Hoffentlich treffen wir nicht noch jemand Bekannten.«
    Die rechte Kabine spie eine Clique von Leuten aus, die sich um einen Engel mit Harfe scharten.
    Die linke Kabine bescherte uns Janine.

Kapitel 19
Rupert Venables, Fortsetzung

    Falls Janine bestürzt war, verbarg sie es meisterhaft. Sie stand in der offenen Tür und schaute liebenswürdig auf Maree hinunter. »Liebe Güte«, meinte sie, »was kann denn wohl meiner Nichte zugestoßen sein?«
    Sie trug immer noch diesen blutbefleckten Pullover. Gerade in Situationen von besonderer Dramatik neigt man dazu, Nebensächlichkeiten besonders deutlich wahrzunehmen. Von nahem betrachtet, entpuppten sich die Blutspritzer als eine Traube satinglänzender Erdbeeren. Ich riß den Blick davon los und richtete ihn auf Janine. »Ich weiß auch nicht genau, was Maree zugestoßen ist«, sagte ich. »Erzählen Sie’s mir .«
    Ein teuflisches kleines Lächeln huschte über Janines Züge, hämisch und voller geheimer Schadenfreude. Es galt sowohl meinem verbrannten Gesicht als auch Marees ausgeblichener kleiner Gestalt. »Ich habe keine Ahnung«, antwortete sie, »aber ich finde, sie

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