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Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Titel: Eine Frage der Balance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana W. Jones
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Eine Laune des Schicksals, daß ausgerechnet ich verschont geblieben bin.«
    Der Gang mündete in eine Art Schlucht, die sich zu einem strahlend blauen H im mel öffnete. Links und rechts ragte geborstenes Mauerwerk in die Höhe, von dem sich Trümmerteile zu lösen drohten. Hastig erweiterte ich mein magisches Gerüst. Dann schaute ich mich genauer um und erkannte - mit Mühe - den kaiserlichen Thronsaal, hauptsächlich an den Überresten des altehrwürdigen Mosaikfußbodens, bestreut mit losgesprengten kleinen bunten Stein- und Glaswürfeln. Die Ruine des Hochsitzes befand sich an der gegenüberliegenden Schmalseite. Ein geschwärzter Trichter gähnte im Podest an der Stelle, wo der Thron gestanden hatte; sonst war nichts zu sehen. Ich stieß einen Pfiff aus. Wenn überhaupt, mußten sie den Kaiser und seinen Stab in Einzelteilen aufgesammelt haben.
    »Wie um alles in der Welt seid Ihr da heil herausgeko mm en?« fragte ich die Prinzessin halblaut.
    »Ich war auf der Toilette«, antwortete sie ebenso leise. Der Trotz in ihrer Stimme klang schon ein wenig abgenutzt. Armes Mädel, dachte ich. Wer weiß, wie oft sie vor wessen Ohren dieses Geständnis schon hatte wiederholen müssen.
    »Hier bitte nicht sprechen«, mahnte Jeffros flüsternd.
    »Und nicht im Gleichschritt gehen«, fügte der General hinzu.
    Er selbst suchte sich vorsichtig einen Weg in die Mitte der sonnenhellen Schlucht und ging mit leichten, schnellen Schritten zum Hochsitz. Wir anderen folgten ihm, traten auf kahlen Estrich, wo einst kostbare Musivarbeiten aus Halbedelsteinen gewesen waren. Grus und Glassplitter knirschten unter unseren Füßen, Mosaikstein- chen rollten davon. Über der Szene hing das Murren und Grollen in den Mauern, es rieselte und prasselte, und Staub wölkte auf, wenn gerissene Wandteile sich gegeneinander verschoben. Ich fand diese latente Bedrohung nervenzermürbend. Doch auf halber Strecke drängte etwas noch Schlimmeres in mein Bewußtsein - der Gestank von - nun, Kloake, Müllkippe, Schlachthaus und Schießpulver, überlagert von einem deutlichen Geruch nach Ozon. Ich mußte hinter meinem Taschentuch mehrmals schlucken. Ozon? Ozon ist häufig eine Nacherscheinung von Magie. Ich forschte mit meinem magischen Gespür in die Runde, soweit ich es ertragen konnte. Ja, die Bombe, die die Zerstörung angerichtet hatte, war durch Magie gesteuert und ausgelöst worden. Der Attentäter mußte einer von des Kaisers Seniormagi gewesen sein, der seinen eigenen Tod in Kauf genommen hatte. Ein tapferer Mann. Oder ein verzweifelter.
    Wir bestiegen das Podium neben dem Trichter, wo der Gestank fast unerträglich war, und ich entdeckte, daß es über dem hinteren Teil der Plattform ein Dach gab und dahinter eine Wand, die fast unbeschädigt geblieben zu sein schien. Obwohl das Dach sich nach unten wölbte und knarrte und Staub auf uns niederrieselte, ergab mein sofortiges, ängstliches Forschen, daß dieser Teil des Palastes ungemein solide gebaut war, verstärkt mit Trägern, Granit und Magie. Gut. Wir konnten uns ein wenig entspannen. Hätte der Thron des Kaisers nur knapp einen Meter weiter zurück gestanden, hätte er sich jetzt auch entspannen können.
    Es war dunkel hier hinten. Alles, was ich erkennen konnte, war eine schwarze Öffnung und eine schief in den Angeln hängende, massive Tür. Jeffros berührte mit der unverletzten Hand einen Stab, der aufrecht in einem Riß des Podiums klemmte. Er flammte auf wie eine Fackel, und das Licht eilte eine Reihe solcher Stäbe entlang in die Dunkelheit hinter der Tür, wo ich die Umrisse irgendwelcher Geräte erspähen konnte. Jetzt war auch zu sehen, daß die Tür in handbreiten Wellen eingedrückt war, als hätte sie auf dem Grund des Ozeans gelegen.
    Wow! dachte ich.
    Meine drei Gefährten stiegen bereits über die Schwelle hinweg und betraten den gepanzerten Raum dahinter. Ich beeilte mich, ihnen zu folgen. Drinnen war es still und sicher und fast staubfrei. Ich konnte mein Taschentuch vom Gesicht nehmen und benutzte es, um meine wieder blind gewordenen Brillengläser zu putzen. Danach konnte ich mir die Reihen der Monitore, Keyboards und Computer genauer betrachten, mit deren Hilfe der Kaiser die elf Welten, die sich als Gürtel um die Taille der Unendlichkeit schlangen, kontrolliert hatte.
    »Wir werden diesen ganzen Kram in die Luft jagen müssen, bevor wir uns zurückziehen«, erklärte der General düster, »damit sich nicht jemand einschleicht und daran herumspielt. Dieser hier

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