Eine Frage der Balance
Helmen begannen mit einem leisen, rhythmischen Singsang. Einer der drei Damen-und-Herren mit dem Baby bemerkte: »Das machen sie dauernd, wahrscheinlich trägt es zu ihrem seelischen Gleichgewicht bei.«
Ich grinste ihn oder sie an und sagte zu Maree: »Aber ich habe einen großen Hinterhof, da können sie nach Herzenslust herumlaufen.«
»Sie brauchen Wasser«, gab Maree zu bedenken. »Für Wasservögel ist es schlecht, wenn sie keine Gelegenheit haben zu schw imm en.«
»Kein Problem. Andrew, mein Nachbar die Straße hinunter, hat im Garten einen Teich. Ich bin sicher, daß er ihn den Enten zur Verfügung stellen wird.«
»Sie würden ihn wahrscheinlich okkupieren, ohne lange zu fragen. Ist er sauber?«
» Hm . Angesichts der Tatsache, daß Andrew Er fin der ist und zerstreuter als jeder Professor, wahrscheinlich nicht. Ich werde ihm sagen, er soll ihn reinigen lassen. Oder vielleicht sollten wir die Häuser tauschen.«
»Ich finde immer noch, du solltest dir in der Küche einen Teich anlegen. Wenn man Haustiere hält, muß man Opfer bringen.«
»Würde es nicht genügen, wenn ich einfach hinginge und mich in Andrews Teich stellte? Tag und Nacht, selbstverständlich.«
»O ja.« Sie nickte begeistert. »In deinem vornehmen Anzug und mit Wills Gummistiefeln.«
Wir lachten über dieses Bild, als plötzlich Janine vor uns stand, in einem neuen Pullover, der aussah, als befände sie sich in der Gewalt eines dämonischen Kopfsalats. Kleine grüne Perlen wibbelten wie Raupen auf ihrer linken Schulter. »Wie bist du hierhergekommen?« fragte sie Maree.
Maree schaute zu ihr auf und schob mit dem gestreckten Zeigefinger die Brille hoch. Ihr e Miene wurde ausdruckslos. »Ich bin«, antwortete sie in ruhigem, sachlichem Ton, »nach Babylon gegangen. Und glaub nicht, du könntest so etwas noch e inm al mit mir versuchen.«
»Pah«, sagte Janine, »es gibt andere Mittel und Wege. Und glaub nicht, du könntest Nick schaden! Das werde ich nicht dulden.«
»Ich hatte nie die Absicht, ihm zu schaden. Ich will nur dafür sorgen, daß du es nicht tust.«
Während Will und ich die beiden Frauen anstarrten, bestürzt über die unverhohlene Feindseligkeit, wandte Janine sich von Maree an ihren Sohn. »Komm mit, Schatz. Mutter möchte dich wenigstens einmal neben sich sitzen haben. Und wir wollen doch deinem Vater bei seinem großen Auftritt Ehre machen, nicht wahr?«
»Gleich«, sagte Nick gelassen, »ich will nur erst Mr. Venables wegen meiner Computerspiele fragen.«
Janines Augen glitten über mich hin wie eine Sense. »Bleib nicht zu lange, Schatz«, sagte sie und schritt in königlicher Haltung zu der ersten Reihe auf der anderen Seite des Mittelgangs; die Perlen auf ihrer Schulter verursachten ein Geräusch wie leises Zähneklappern.
Nick beugte sich an Maree vorbei zu mir hin. »Sie haben sich die Spiele angesehen, oder?« Ich nickte. Sie waren die Nummer eins in den Dateien gewesen, die ich am Vormittag gesäubert hatte. »Und was halten Sie davon?«
»Nun, um ehrlich zu sein, sie haben Möglichkeiten. Was mir an dem Bristolia-Spiel gefallen hat...«
In diesem Moment stieg Ma xim Hough auf das Podium, gefolgt von Ted Mallory. Der Skaldengesang, der mir allmählich auf die Nerven ging, verstummte, und alle klatschten. Nick lehnte sich zufrieden zurück. Es war ihm gelungen, seine Mutter auszutricksen, und er wußte, ich hätte seine Spiele nicht gelobt, wenn ich es nicht ernst meinte. Ich sah, wie er und Ted Mallory einen Blick tauschten und sich gegenseitig angrinsten.
Ted Mallory machte einen leutseligen und gelassenen Eindruck. Ich hätte nicht geglaubt, daß er so nervös war, wie Maree behauptete, dann aber merkte ich, wie seine Augen suchend über die Gesichter im Publikum wanderten. Maree beugte sich vor, bis er sie entdeckte, und nickte ihm zu. Mallory schien erleichtert aufzuseufzen. Er lächelte und raschelte zufrieden mit den Blättern seiner Rede. Alles war jetzt bestens.
Und war auch noch bestens, als Maxim Hough seine blonde, ägyptische Pagenfrisur hinter die Ohren strich, sich ins Mikrofon räusperte und den Ehrengast vorstellte: » ... der als der beste lebende Autor von ernsthafter komischer Horrorliteratur eigentlich keiner Vorstellung bedarf...«
Alles schien in Ordnung zu sein, aber ich spürte ein Anwachsen feindseliger Magie. Sie brandete in kalten Wellen gegen mich, stieg höher und höher, drückte mein Herz zusammen und meine Lungen und verwandelte meine Nieren zu Eis. Anfangs fragte
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